Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Der Inflations-Boom

11.12.2017  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
- Seite 3 -
Umverteilungswirkung der Geldmengenvermehrung

In den Vereinigten Staaten von Amerika ist die Geldmenge in den letzten Jahrzehnten im Durchschnitt deutlich stärker gewachsen als die Löhne zugenommen haben. Beispielsweise betrug das Geldmengenwachstum von 1966 bis November 2017 6,9 Prozent pro Jahr, das Lohnwachstum nur 3,9 Prozent. Das bedeutet: Diejenigen, deren Einkommen ausschließlich aus Lohnzahlungen bestanden hat, haben schlechter abgeschnitten als diejenigen, die das neu geschaffene Geld als erste empfangen haben (irgendjemand hat ja das neue Geld erhalten!).

Open in new window
Quelle: Thomson Financial; eigene Berechnungen


Seit Mitte der 1990er Jahre ist auch der Langfristzins im Durchschnitt niedriger gewesen als das Geldmengenwachstum - ein Indiz, dass man mit festverzinslichen Papieren (im Zuge einer "Buy-and-Hold"-Strategie) seine relative Vermögensposition verschlechtert hat. Wer Wertpapiere (vor allem Aktien) besessen hat, deren Preise durch die Geldmengenausweitung in die Höhe befördert wurden, konnte sich schadlos halten. Eine weitere Möglichkeit, den Folgen der Geldmengenausweitung zu entkommen, bestand beispielsweise darin, langfristige Güter (wie zum Beispiel Grundstücke und Häuser und Aktien) auf Pump zu kaufen und auf einen Preiszuwachs der erworbenen Güter zu hoffen.


Unterschätzte Inflation

Vermutlich unterschätzen viele Marktakteure den tatsächlichen Geldwertschwund. Vor allem zwei Gründe sprechen dafür. (1) Die Zentralbanken und die herrschende ökonomische Lehre verkünden, dass man unter Inflation das Ansteigen der Konsumentenpreise zu verstehen habe. Die Öffentlichkeit übernimmt dieses Inflationsverständnis - und wertet das Ansteigen von Vermögenspreisen, die Inflation der Vermögenspreise, nicht als Geldentwertung, sondern fälschlicherweise als "positiven Vermögenseffekt". (2) Die Zentralbanken versprechen eine Inflation von nicht mehr als 2 Prozent - und dieses Versprechen genießt große Glaubwürdigkeit in der breiten Öffentlichkeit.

Dass die Zentralbanken die Geldhalter systematisch hinters Licht führen könnten, indem sie die tatsächliche Geldentwertung höher ausfallen lassen als versprochen, kommt vielen Menschen vermutlich gar nicht in den Sinn. Doch genau das spielt sich weltweit ab: Nicht nur steigen die Güterpreise auf breiter Front, es gibt auch gute Gründe zu vermuten, dass unter Berücksichtigung der Vermögenspreisinflation die tatsächliche Geldentwertungsrate merklich höher ist, als es der Anstieg der Konsumentenpreise nahelegt.

Für diejenigen, die in festverzinsliche Papiere investieren, ist das besonders schmerzlich: Die Nominalzinsen sind vielerorts nahe der Nulllinie, bieten also keinerlei Puffer gegen den Geldwertschwund. Und ein Ende der Niedrigzinspolitik ist nicht wirklich zu erkennen.

Open in new window
Quelle: Thomson Financial. (1) Nominalzins abzüglich der Inflation der Konsumentenpreise
(2) Nominalzins abzüglich der Euro-Raum-Inflation


Die Geldpolitik der negativen Realzinsen ist ein wesentlicher Faktor, der die Konjunkturerholung der letzten Jahre befördert hat. Sie hat die Verschuldungslasten gesenkt beziehungsweise ihren weiteren Anstieg gedämpft. Zum anderen hat der negative Zins Staaten und Banken ermöglicht, sich zu extrem attraktiven Kreditkosten zu refinanzieren - beziehungsweise (und geradezu grotesk) im Zuge der Kreditfinanzierung Gewinne auf Kosten der Gläubiger zu erzielen. Die extrem niedrigen Zinsen tragen dazu bei, die Kredit- und Geldmengenausweitung und damit den Inflations-Boom in Gang zu halten.

Open in new window
Quelle: Thomson Financial; Federal Reserve Bank of St. Louis; eigene Berechnungen. (1) Q1 2007 = 100. (2) Für Beijing



Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"