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Der Inflations-Boom

11.12.2017  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Ein Anheben der Zinsen durch die Zentralbanken wäre daher eine ernste Bedrohung für den Inflations-Boom. Steigende Zinsen würden die Luft aus den Vermögenspreisen lassen, Aktienkurse und Immobilienpreise in die Knie zwingen. Das wiederum birgt Probleme für Kreditnehmer und Kreditgeber. Wie die jüngste Vergangenheit nur zu deutlich gezeigt hat, können Verwerfungen innerhalb des Finanz- und Bankensystems das Konjunkturgebäude ins Wanken bringen. Wenn es das Bestreben der Zentralbanken ist und bleibt, die Konjunkturen in Gang zu halten, sind die Zinserhöhungsspielräume relativ eng begrenzt.


"Bail out" der Euro-Banken

Im Zuge der "Euro-Rettung" kauft die Europäische Zentralbank (EZB) Anleihen von Staaten und bezahlt die Käufe mit neuen, aus dem Nichts geschaffenen Euro, und stattet auf diese Weise den Euro-Bankensektor mit zusätzlicher Liquidität aus. Dadurch schwillt allerdings die Bilanz der EZB deutlich an. Und obwohl die Euro-Geschäftsbanken in den letzten Jahren ihre Bilanzsumme nicht weiter erhöht haben, ist die gesamte Bilanz von EZB plus Euro-Geschäftsbanken weiter angewachsen.

Von einer "Gesundschrumpfung" des Euro-Bankenapparates ist also bislang nichts zu erkennen. Zudem hat die EZB durch das Absenken der Leitzinsen, vor allem aber durch ihre Anleihekäufe, die Zinsen auf beziehungsweise teilweise sogar unter die Nulllinie gezwungen.


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Quelle: Thomson Financial; eigene Berechnungen. (1) Durchschnittsrendite


Das Absenken der Zinsen ist für das Überleben der Euro-Banken von großer Bedeutung. Die verringerten Zinsen haben die Kreditqualität vieler Schuldner verbessert und den Abschreibungsbedarf der Kredite, die die Euro-Banken in ihren Bilanzen ausweisen, verringert. Das wiederum hat das ohnehin schon sehr knappe Eigenkapital der Euro-Banken vor weiteren Verlusten bewahrt. Auch hat der gesunkene Zins die Preise der Wertpapiere und Immobilien erhöht (im Vergleich zu einer Situation, in der die Zinsen nicht gesenkt worden wären), und das hat ebenfalls das Eigenkapital der Banken aufgepolstert.

Die Niedrigzinsen haben allerdings auch Negativeffekte. Sie verringern die Bankgewinne: Ist der Zins niedrig, schrumpfen tendenziell auch die Kreditaufschläge, die sich im Kreditgeschäft erzielen lassen. Zudem sinkt auch der Abstand zwischen Lang- und Kurzfristzins (man sagt, die "Zinskurve wird flacher"). Auch das verringert die Gewinne, die Banken im Zuge der "Fristentransformation" erzielen können.

Vermutlich ist jedoch eine Erhöhung der Zinsen für viele Banken kurzfristig problematischer als die Fortführung der Niedrigzinspolitik. Im ersten Fall müssten sie Verluste befürchten, die das Eigenkapital angreifen. Im zweiten Fall müssten sie lediglich fürchten, dass ihre Gewinne aus dem Neugeschäft ausbleiben. Das erklärt vermutlich, warum die EZB so entschieden an ihrer Niedrig- und Negativzinspolitik festhält.



Gold und Aktien

Für Anleger haben diese Einschätzungen wichtige Konsequenzen. Wenn es keine Abkehr von der Politik der niedrigen und negativen Realzinsen gibt, bleibt das Anlegen von Ersparnissen in festverzinsliche Papiere ein Verlustgeschäft. Betroffen sind Bankeinlagen (Giro-, Termin- und Spareinlagen), aber auch mittel- bis langfristige Staats- und Bankenanleihen sowie erstklassige Unternehmensschuldpapiere.

(Der Verlust, die der Anleger mit diesen Sparformen erleidet, fällt natürlich umso höher aus, je stärker das Geldmengenwachstum die nominale Rendite übersteigt.) Als Alternative zu Termin- und Spareinlagen, die als liquide Ersparnisformen gehalten werden, bietet sich das Halten von Gold (und auch Silber) an. Vor allem im aktuellen Umfeld scheinen die Einstiegspreise für die "Währung Gold" immer noch relativ günstig zu sein. Mit dem Halten von Gold besteht eine begründete Hoffnung, der Entwertung des ungedeckten Papiergeldes, die sich ja bereits vollzieht (aktuell vor allem durch Vermögenspreisinflation) wirksam die Stirn bieten zu können.

Zudem ist Gold eine Versicherung gegen Zahlungsausfälle. Banken können bei Überschuldung geschlossen und ihre Verbindlichkeiten (dazu zählen neben Bankschuldverschreibungen auch Giro-, Termin- und Spareinlagen) zu Lasten der Bankkunden gestrichen werden. Gold unterliegt keinem solchen Zahlungausfall- beziehungsweise Kreditausfallrisiko. Das Gold hat in der Währungsgeschichte so manche Erschütterung des Geldsystems überdauert. Und es ist nicht ersichtlich, warum der Wert des Goldes nicht auch den Verfall des heutigen ungedeckten Papiergeldsystems überdauern sollte.

Wer danach strebt, eine positive reale Rendite zu erzielen (und man kommt darum nicht herum, wenn man sein Kapital kaufkraftbereinigt mehren will), kann sich auf dem Aktienmarkt umsehen. Damit ist nun nicht gemeint, blindlinks in Aktien oder Aktienmarkt-Indizes zu investieren. Vielmehr sollte der Anleger Ausschau halten nach Unternehmen, deren Geschäftsmodelle auch in inflationären Zeiten (also in Phasen, in denen die Geldmengen stark steigen) in der Lage sind, erfolgreich zu wirtschaften. Das können nämlich nicht alle Unternehmen - und deshalb sind übrigens Aktien auch per se auch kein Inflationsschutz!

Unternehmen mit "inflations-resistenten" Geschäftsmodellen haben Wettbewerbsvorteile: Sie können etwas, was andere nicht oder nur schwer nachahmen können, und deshalb können sie für lange Zeit hohe Renditen auf das eingesetzte Kapital erzielen. Wer sich selbst nicht zutraut, solche Unternehmen aufzuspüren, der sollte nach passenden Investoren Ausschau halten, mit denen er zusammenarbeiten kann - am besten nach solchen, die der Anlagephilosophie erfolgreicher Investoren (wie zum Beispiel Benjamin Graham, Warren E. Buffett und Philp A. Fisher) nahestehen. Das Halten von Gold und das Investieren in ausgewählte Aktien sind sinnvolle und praktikable Optionen in Zeiten des Inflations-Booms.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH



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