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Die Spielregeln der Goldwährung

21.04.2018  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Nachstehend die Ausführungen des Ökonomen Fritz Machlup (1902 - 1983) über die Funktionsweise des Goldgeldes. Sie sind seinem Buch "Führer durch die Krisenpolitik" aus dem Jahr 1934 entnommen.

Wenn es immer nur “Inflation” oder “Deflation” wären, durch welche die Preise im Durchschnitt erhöht oder gesenkt werden, dann wäre die Forderung nach Stabilisierung des Preisdurchschnitts berechtigt. In Wirklichkeit sind aber die Preisänderungen nicht nur von seiten des Geldes, sondern auch von der Warenseite her bedingt, und in der Praxis kann man nicht entscheiden, wo die Änderung ihren Ausgang genommen hat.

Wenn beispielsweise dank technischer Fortschritte oder dank der Ergiebigkeit der Natur die Produktion verbilligt wird, so sinkt das Preisniveau, ohne daß eine “Deflation” vorliegt. Vermehrt man jetzt die Geldmenge, um den Preisrückgang wieder wettzumachen, so müßte man gerade dieses Stabilhalten der Preise als inflationistisch bezeichnen. Das haben jene Theoretiker erkannt, die keine Preisstabilität, sondern eine Neutralität des Geldes verlangen.

Das Geld soll von sich aus keine Veränderungen der Preise und der Produktion hervorrufen, es soll aber auch die natürlichen Veränderungen der Preise und der Produktion nicht aufhalten und nicht stören. Könnte nicht eine vollkommen unveränderliche Geldmenge diese Eigenschaft, “neutral” zu sein, besitzen?

Dies wäre gewiß sehr einfach. Da hätte man nichts anderes zu tun, als die Geldmenge einfach auf ständig gleicher Höhe zu halten. Ein Land mit einem Notenumlauf von 10 Milliarden Mark dürfte nie mehr und nie weniger als 10 Milliarden Mark im Umlauf haben, gleichgültig ob die Gütererzeugung gestiegen oder gesunken ist! Leider ist es nicht so einfach. Wir haben ja früher schon von der Existenz der Horte und des Kassenbedarfs gesprochen und wissen, daß auch von dieser Seite Veränderungen ausgehen können.

Gestiegener Kassenbedarf ließe das Geld nur “neutral” bleiben, wenn die Geldmenge zufällig zur gleichen Zeit und im gleichen Maß gestiegen wäre. Sinkender Kassenbedarf (Verringerung der “Horte” und der Barvorräte) würde eine gleichzeitige Außerverkehrsetzung der entsprechenden Geldmenge erfordern. Da man aber die Veränderungen des Kassenbedarfs auf keine Weise praktisch erkennen kann, bleiben solche Überlegungen nur fromme Wünsche.

Also ist weder jene Währungsmanipulation, die auf den stabilen Warenpreisdurchschnitt abzielt, noch jene, die eine absolut stabile Geldmenge sucht, frei von Störungen für den Aufbau der Produktion. Wenn man dieses Ideal nicht erreichen kann, so sucht man ein solches Geldsystem, das wenigstens möglichst viele andere Vorteile hat. Die Goldwährung, die sich noch immer sehr vieler Anhänger erfreut, hat verschiedene Vorteile: 1. Die Austauschverhältnisse zwischen dem Geld verschiedener Goldwährungsländer, d. h. die Devisenkurse sind stabil. 2. Der Einfluß der Politik auf die Währung ist weitgehend ausgeschaltet. 3. Die Gefahr inflationistischer Experimente ist verringert.

Goldwährung besitzt ein Land, dessen Geld in einem festen Austauschverhältnis zum Gold steht. Dazu ist es keineswegs notwendig, daß ein Umlauf von Goldmünzen besteht (Goldumlaufswährung). Es kann das Gold auch in den Notenbanken liegen (Goldkernwährung), ja sogar in ausländischen Notenbanken, gegen welche man Forderungen besitzt (Golddevisenwährung). Das Wesentliche ist, daß man das inländische Geld jederzeit zum festen Kurs in ausländisches Geld umtauschen kann und auch umgekehrt das Geld anderer Goldwährungsländer jederzeit zum festen Kurs in inländisches.

Durch diesen Umtausch kommen die Preissysteme aller Goldwährungsländer in eine feste Verbindung: die inländische Kaufkraft kann jederzeit im Ausland, die ausländische im Inland geltend gemacht werden. Dies wird auch immer der Fall sein, wenn die Preise eines Landes sich nicht parallel mit denen der anderen Goldwährungsländer bewegen. Diese Länder treten in ein Kommunikationssystem, das an das physikalische System der kommunizierenden Gefäße erinnert.

Wenn beispielsweise ein Goldwährungsland seine Banknotenmenge durch Kreditgewährung an seine Produzenten erhöht, so entsteht die Tendenz zu einer Preissteigerung, es sinkt die Kauflust des Auslands (Exportsenkung) und es steigt die Kauflust aus dem Ausland (Importsteigerung). Es wird also inländisches Geld zum Umtausch in Gold oder Auslandsgeld zur Notenbank gebracht werden, deren Gold und Devisenvorrat (Reserve) auf diese Art geschwächt wird; der inländische Umlauf aber, der durch die Kreditgewährung erhöht worden war, wird durch den Umtausch in Auslandsgeld (Einlösung in Gold) wieder abnehmen.

Kurz: das Gold strömt aus den Ländern, die andere Geldschöpfungsmethoden übertreiben, in jene Länder, die das nicht tun. (“Schlechtes Geld verdrängt das gute Geld.” Greshamsches Gesetz.)


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