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Die unvermeidbare Kreditkatastrophe

17.05.2018  |  John Mauldin
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Beides ist problematisch, doch der zweite Punkt stellt das größere Problem dar. Experten auf diesem Gebiet haben mir gesagt, dass der Dodd-Frank Act (ein Gesetz zur Regulierung der Finanzmärkte in den USA) die Möglichkeiten der Banken, als Marktmacher aufzutreten, um rund 90% verringert hat. Aktuell ist die Liquidität an den Anleihemärkten gut, weil Hedgefonds und andere Nicht-Banken die Lücke gefüllt haben.

Das Problem ist, dass es sich bei diesen Finanzunternehmen nicht um echte Marktmacher handelt. Nichts zwingt sie dazu, gewisse Bestände zu halten oder zu kaufen, wenn Sie und alle anderen Anleger verkaufen wollen. Das bedeutet, dass alle Kauforders auf "magische" Weise verschwinden können, wenn sie am meisten gebraucht werden. Diese "Schattenbanken" kümmern sich nicht um den Schutz Ihres Vermögens. Es geht ihnen einzig um den eigenen Profit und die Gewinne ihrer Klienten.

Louis Gave von Gavekal hat letzte Woche einen sehr interessanten Artikel mit dem Titel "Die Liquiditätsillusion und ihre Folgen" veröffentlicht. Er trug die Daten zu den ETFs für Unternehmensanleihen zusammen und verglich sie mit den Beständen in den Handelsabteilungen der Banken - ein grobes Maß für die Liquidität an diesem Markt.

Louis fand heraus, dass diese Bestände nicht einmal ansatzweise ausreichen, um die Verkäufe abzufedern, die er erwartet, wenn die höheren Zinsen stärker zum Tragen kommen.

"Der Markt für Unternehmensanleihen ist in etwa auf die doppelte Größe angewachsen, während sich die Bereitschaft und die Möglichkeiten der Anleihehändler zur Bereitstellung von Liquidität in einem unter Druck geratenen Markt um mehr als 80% verringert haben. Gleichzeitig ist an diesem Markt eine ganz neue Investorenklasse anzutreffen, die höchstwahrscheinlich tägliche Liquidität erwartet, wenn und falls sich die Entwicklung des Marktes ins Negative verkehrt. Es ist zweifellos klar, dass sich der Markt für Unternehmensanleihen grundlegend gewandelt hat. Historische Finanzmodelle werden ihm aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mehr gerecht."

Bei der "neuen Investorenklasse", die er erwähnt, handelt es sich um die Anteilseigner von ETFs und Investmentfonds. Diese auf Unternehmensanleihen fokussierten Fonds sind in den letzten Jahren explosionsartig gewachsen (allein ihre Bestände an hochverzinslichen Bonds belaufen sich mittlerweile auf rund 2 Billionen $) und darauf ausgelegt, dass am Markt immer reichlich Liquidität vorhanden ist. Das ist schon heute kaum noch der Fall, und wenn die Zinsen um weitere 50 bis 100 Basispunkte steigen, ist es mit der Liquidität endgültig vorbei.

Was noch schlimmer ist: Gerade Kleinanleger haben auf der Suche nach Kapitalerträgen in High-Yield-Fonds investiert. Wenn sie ihre Anteile alle gleichzeitig verkaufen wollen, werden die Fonds gezwungen sein, enorme Anleihebestände in Windeseile und zu jedem beliebigen Preis auf den Markt zu werfen, um die entsprechenden Anteile zu tilgen. In einem Bärenmarkt werden viele Marktteilnehmer das verkaufen, was sie noch liquidieren können - nicht das, was sie auch verkaufen wollen. Wir werden uns in einem zukünftigen Artikel noch genauer ansehen, was während einer Baisse aus den High-Yield-Fonds wird. Ich kann Ihnen versichern, dass es nicht schön ist.

Erschwert wird die Situation dadurch, dass viele dieser Kreditgeber ihre Anlagen heute selbst zu einem größeren Teil fremdfinanziert haben. Sie haben ihre Unternehmensanleihen mit geliehenem Geld gekauft in der Annahme, dass niedrige Zinsen und geringe Ausfallraten das Risiko überschaubar halten würden. Nach Angaben von S&P Global Market Watch zählen 77% aller gehebelten Unternehmensanleihen zu den sogenannten "Covenant-lite"-Finanzierungen mit äußerst lockeren Kreditbedingungen.

Wir werden in einem späteren Artikel noch einmal genauer darauf eingehen, aber kurz zusammengefasst handelt es sich dabei um Kredite, die zum Teil nicht auf konventionelle Weise zurückgezahlt werden müssen. Manche Kreditnehmer können den Kreditgeber sogar zwingen, weitere Darlehen zu gewähren. Damit können einige "Cov-lite"-Kreditnehmer absurderweise praktisch ihr eigenes Geld drucken.

Die Kreditgeber waren aus irgendeinem Grund offenbar der Ansicht, dass es sich lohne, diese Anleihen zu kaufen. In guten Zeiten ergab das vielleicht noch einen gewissen Sinn, aber in schlechten Zeiten? Diese Schuldpapiere könnten eine Krise enorm beschleunigen.

Wenn ein wirtschaftlicher Abschwung beginnt, werden zahlreiche Unternehmen nicht mehr in der Lage sein, ihren Schuldendienst zu leisten, insbesondere da die Fed es nun teurer macht, die Kredite bei Fälligkeit zu erneuern. Davon sind in den nächsten Jahren Schuldtitel mit einem Wert von mehreren Billionen Dollar betroffen. Normalerweise wäre das das Problem der Kreditnehmer, aber die Covenant-lite-Kreditgeber haben es zu ihrem eigenen Problem gemacht.

Die makroökonomischen Folgen werden jedoch weit darüber hinausgehen. Unternehmen, die ihre Schulden nicht bedienen können, bleibt keine andere Wahl als sich zu verkleinern - d. h. Stellen zu streichen, Lagerbestände zu verringern, Investitionsausgaben zu kürzen oder Aktiva zu veräußern. All das führt zu einer Reduktion des Wachstums und zur Rezession, falls genügend Unternehmen betroffen sind.

Sehen wir uns die folgenden Daten und einen beunruhigenden Chart von Bloomberg an:

"Die Unternehmen werden nach Angaben von Wells Fargo im Laufe der nächsten fünf Jahre Anleihen im Wert von schätzungsweise 4 Billionen $ refinanzieren müssen. Das entspricht rund zwei Drittel ihrer insgesamt ausstehenden Schulden. Das beunruhigt die Investoren, denn die steigenden Zinsen bedeuten, dass sich die Kosten für dieses in der Geschichte beispiellose Kreditvolumen erhöhen. Infolgedessen könnten die Unternehmensbilanzen an einen Kipppunkt geraten. Darüber hinaus wird sich die Wirtschaft möglicherweise zur gleichen Zeit abkühlen, zu der die Krediterneuerungen ihren Höhepunkt erreichen.

'Wenn ein größerer Anteil Ihres Cashflows für den Schuldendienst aufgewendet, statt in das Wachstum Ihres Unternehmens investiert wird, könnte das nach einiger Zeit zu einem wirtschaftlichen Abschwung führen, wenn sich genügend Unternehmen so verhalten", sagte Zachary Chavis, ein Portfoliomanager von Sage Advisory Services Ltd. in Austin, Texas. 'Sehr viele Beobachter sind besorgt, dass genau das in den nächsten beiden Jahren geschehen wird.'"



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