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Die unvermeidbare Kreditkatastrophe

17.05.2018  |  John Mauldin
- Seite 2 -
Anfang des neuen Jahrtausends war Bernanke den Kreditnehmern gegenüber erneut großzügig und trug damit zur Krise am Immobilienmarkt und zur Großen Rezession bei. Die Menschen (und Unternehmen) wurden mittlerweile also 20 Jahre lang darauf trainiert, dass die Aufnahme höherer Schulden super und ganz einfach ist - und sie verhielten sich dementsprechend.

Auf lange Sicht führt die Ausweitung des Kreditvolumens jedoch nicht mehr zur Stimulierung des Wachstums. Im Laufe dieser Artikelreihe werden wir sehen, dass jeder Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts eine immer höhere Neuverschuldung erfordert, sowohl in den USA als auch in anderen Staaten. Aus diesem Grund war auch die letzte Erholung so schwach. Ab einem gewissen Punkt behindern die Schulden das Wachstum.

Zu Beginn ist das durch Kreditausweitungen generierte Wachstum noch großartig, doch letzten Endes werden dadurch nur zukünftige Ausgaben in die Gegenwart verlegt. Diese vermissen wir dann später. Wir stehen nun am Beginn der viel gefährlicheren Umkehrphase, in der die Fed versucht, die Abhängigkeit von den Schulden zu durchbrechen. Wir wissen alle, dass das niemals ein gutes Ende nimmt.

Peter argumentiert also, dass der von der US-Notenbank gelenkte Kreditzyklus den traditionellen Konjunkturzyklus verdrängt. Da das Wachstum zum großen Teil auf Schulden beruht, sind die Kreditkosten (d. h. die Zinssätze) die Schlüsselvariable, die darüber entscheidet, wo wir uns in diesem Zyklus befinden. Die Fed kann diese Kosten kontrollieren - oder versucht es zumindest. Deswegen sind wir alle wie besessen von der Frage, was die Notenbanker als nächstes tun oder sagen werden.

Zu den Folgen des Schuldenwachstums gehört auch der Anstieg der Assetpreise. Aus diesem Grund haben sich sowohl die Aktienkurse als auch die Immobilienpreise so gut entwickelt. Doch da die Zinsen mittlerweile steigen und die Federal Reserve die zuvor aufgekauften Finanzwerte liquidiert, sind diese Preise heute äußerst absturzgefährdet. Ein Asset ist nur so viel wert, wie jemand anders bereit ist, dafür zu zahlen.

Wenn die Finanzierungskosten steigen und den potentiellen Käufern die nötigen Mittel fehlen, müssen die Preise zwangsläufig sinken. Und das werden sie auch. Bei dem erwähnten Treffen in New York herrschte der allgemeine Konsens, dass es in der zweiten Jahreshälfte 2019 zu einer Rezession kommen wird. Peter erwartet den Abschwung sogar schon im ersten Quartal des nächsten Jahres. Wenn das stimmt, stehen den Finanzmärkten bald heftige Turbulenzen bevor.


Das Unternehmensschulden-Desaster

Bei den früher üblichen Konjunkturzyklen löste eine Rezession einen Bärenmarkt an der Börse aus. Die wirtschaftliche Flaute führte zum Rückgang der Verbraucherausgaben, wodurch wiederum die Unternehmensgewinne sanken und die Aktienkurse fielen. Wenn jedoch der Kreditzyklus der bestimmende Faktor ist, ändert sich die Kausalkette: Sinkende Assetpreise sind dann nicht mehr die Folge einer Rezession, sondern ihre Ursache. Die Verfügbarkeit von Krediten ist in diesem Fall die Antriebskraft hinter den Verbraucherausgaben und den Unternehmensinvestitionen. Schränkt man das Kreditangebot ein, sinken sowohl Ausgaben als auch Investitionen. Eine Rezession ist die Folge.

Wenn Sie das nun an Hyman Minskys "Hypothese der finanziellen Instabilität" erinnert, die ich bereits in einem früheren Artikel beschrieben habe, liegen Sie genau richtig. Minsky sagte, dass sich die Unternehmen in guten Zeiten in ihrem Überschwang zu hoch verschulden und dadurch handlungsunfähig machen. Dann beginnen die Probleme. Ich fürchte, dass wir uns diesem Punkt nähern.

Der letzte "Minsky-Moment" wurde durch den Subprime-Hypothekenmarkt und die damit verbundenen Derivate ausgelöst. Dieser Sektor sendet heute erneut Warnsignale, doch das größere Problem sind meiner Ansicht nach die enormen Unternehmensschulden und insbesondere die hochverzinslichen Anleihen, für die sich im Falle einer Krise nur sehr schwer ein Käufer finden wird.

Die Unternehmensschulden haben mittlerweile wieder ein Niveau erreicht, dass schon in früheren Zyklen nichts Gutes verhieß. Der folgende Chart stammt von Dave Rosenberg:

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Quelle: Gluskin Sheff



Das Verhältnis zwischen Schulden und BIP könnte noch weiter steigen, doch meiner Einschätzung nach nicht viel weiter. Wenn es zu sinken beginnt, werden die Kreditgeber (einschließlich der Anleihen-, Fonds- und ETF-Investoren) verkaufen wollen. Dann kommt der schwierige Teil: An wen?

Nicht nur die Kreditnehmer haben sich an das leicht verfügbare Geld gewöhnt. Viele Kreditgeber gehen ebenfalls davon aus, dass sie zu jedem beliebigen Zeitpunkt aussteigen können. Ein Grund für die Große Rezession war, dass so viele Kreditnehmer kurzfristige Anleihen ausgegeben hatten, um langfristige Vermögenswerte zu kaufen. Als sie diese Schuldtitel nicht verlängern konnten, ging es bergab. Heute verfolgen einige wieder exakt die gleiche Strategie, mit dem Unterschied, dass sie nun viel riskantere, hochverzinsliche Schuldtitel kaufen. Wir stehen also vor zwei miteinander verknüpften Problemen:

  • Die Unternehmensschulden und die Ausgabe hochverzinslicher Anleihen sind seit 2009 förmlich explodiert.
  • Strengere Regulierungen haben die Banken davon abgehalten, an den Märkten für Unternehmensanleihen und hochverzinsliche Schuldpapiere als Marktmacher zu agieren.


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