Die Welt leidet unter Fiat-Geld
09.07.2018 | Prof. Dr. Thorsten Polleit
Stellen Sie sich einmal vor, Sie geben einem Bauunternehmer den Auftrag, Ihnen ein Haus zu bauen. Die Bauarbeiten sind schon fortgeschritten, da definiert plötzlich der Bauunternehmer die Maße neu: 1 Meter sind nicht mehr 100 cm, sondern nur noch 75 cm. Der rechte Winkel ist nicht mehr 90 Grad, sondern nur noch 84 Grad. 1 Kilogramm ist nicht mehr 1.000 Gramm, sondern nur noch 750 Gramm. Wie das Haus am Ende aussieht, kann man sich an drei Fingern abzählen.
Überall gibt es Mängel: Das Haus ist windschief, Wände sind instabil, Decken einsturzgefährdet, durch den Kellerboden dringt Wasser ein. Es ist lebensgefährlich das Haus zu betreten, geschweige denn darin zu wohnen.
Sehr verehrte Damen, sehr geehrte Herren: Das windschiefe, instabile, undichte und einsturzgefährdete Haus steht sinnbildlich für unsere heutigen Volkswirtschaften, in denen die Menschen Fiat-Geld verwenden (müssen), um ihre Käufe und Verkäufe abzuwickeln, ihre Investitionen zu kalkulieren, ihre Kredite aufzunehmen beziehungsweise zu vergeben und ihre Ersparnisse anzulegen.
Konkret und nicht-metaphorisch lässt sich sagen: der chronische Kaufkraftverlust des Geldes, die vielerorts zunehmende Spreizung zwischen Arm und Reich, das Aufblähen und Platzen von Spekulationsblasen, die Wirtschaftsstörungen in Form von Boom und Bust, die steigende weltweite Verschuldung und der immer größer werdende, auswuchernde Staat - das alles sind unmittelbare Folgen des Fiat-Geldes. Aber auch das gesellschaftliche und politische Miteinander, das Moral und Wertesystem und die Kultur der Gesellschaften erleiden Blessuren durch das Verwenden von Fiat-Geld.
Fiat-Geld
Sie werden nun fragen: Was ist Fiat-Geld? Der Begriff "fiat" leitet sich vom lateinischen ab und bedeutet "so sei es" oder "es finde statt". Fiat-Geld ist also "verordnetes Geld" oder "aufgezwungenes Geld" oder "Zwangsgeld". (Zur Illustration: Wenn Sie gezwungen werden, einen Hund als Katze zu bezeichnen und zu behandeln, dann ist der Hund eine Fiat-Katze.)
Fiat-Geld - man kann es auch als "ungedecktes Papiergeld" bezeichnen - zeichnet sich vor allem durch drei Eigenschaften aus: (1) Fiat-Geld ist staatlich monopolisiertes Geld. Die staatlichen Zentralbanken haben das Produktionsmonopol des Geldes. (2) Fiat-Geld wird in der Regel durch Kreditvergabe geschaffen, der keine echte Ersparnis gegenübersteht. Es wird aus dem Nichts geschaffen, oder ex nihilo, wie der Lateiner sagt. Und (3): Fiat-Geld ist entmaterialisiertes Geld. Es hat die Form von bunt bedruckten Papierzetteln (genauer: Baumwollstücken) und Einträgen auf Computerfestplatten (Bits und Bytes). Ob US-Dollar, Euro, chinesischer Renminbi, japanischer Yen, Britisches Pfund oder Schweizer Franken: Sie alle sind Fiat-Geld.
Aus der Geldtheorie wissen wir, dass das Fiat-Geld kein “natürliches”, kein “unschuldiges” Geld ist. Es ist vielmehr durch einen unrechtmäßigen Akt auf die Welt gekommen. Ich darf die Erklärung dazu abkürzen, denn viele von Ihnen werden sie vermutlich kennen: Im System von Bretton Woods, der internationalen Währungsordnung nach Ende des Zweiten Weltkrieges, ist der US Dollar die Ankerwährung des Systems: 35 US-Dollar entsprachen 1 Feinunze Gold (also 31,1034768 Gramm).
Alle übrigen Währungen - wie Französischer Franc, Britisches Pfund und D-Mark - sind mit einem festen Wechselkurs an den US-Dollar gebunden und können in den US-Dollar umgetauscht werden. Auf diese Weise sind auch sie indirekt - über den US-Dollar - an das Gold gebunden.
In den 1950er und 1960er Jahren beginnen die USA, gegen die Regeln des Systems von Bretton Woods zu verstoßen. Sie betreiben eine zusehends inflationäre Geldpolitik, erhöhten die US-Dollar-Geldmenge, ohne für eine entsprechende Golddeckung zu sorgen. Einige Nationen, allen voran Frankreich, beginnen daraufhin, ihre US-Dollar-Bestände, die sie durch Exportüberschüsse erzielt haben, in physisches Gold bei der US-Zentralbank einzutauschen.
Die Goldbestände der Amerikaner beginnen abzuschmelzen, und zwar in einem Ausmaß, dass eine Zahlungsunfähigkeit der USA in Gold zu befürchten ist. (denn es wurden ja viel mehr US-Dollar ausgegeben, als Gold in der amerikanischen Zentralbank vorhanden ist). US-Präsident Richard Nixon verkündet daraufhin am 15. August 1971, dass fortan der US-Dollar nicht mehr in Gold einlösbar sei.
Durch diesen"monetären Enteignungsakt" - der in der Literatur beschönigend auch als das “Schließen des Goldfensters” bezeichnet wird - verlieren der US-Dollar und damit auch alle übrigen Währungen die Anbindung an das Gold, ihnen wird sprichwörtlich die Golddeckung entzogen. Durch diesen unilateralen Handstreich der USAdministration werden alle wichtigen Währungen der Welt zu Fiat-Geld, und dadurch wird ein weltweites Fiat-Geldsystem aus der Taufe gehoben.
Es waren nicht etwa ökonomische, sondern politische Gründe, die für den Wechsel von Goldgeld zum Fiat-Geld verantwortlich waren. Regierungen wollen die Hoheit über die Geldproduktion, um nach Gutdünken in das Wirtschafts- und Gesellschaftsgefüge eingreifen zu können, um zum Beispiel die Konjunkturen oder die Einkommens- und Vermögensverteilung zu beeinflussen. Das Warengeld beziehungsweise das Goldgeld steht solchen Machenschaften im Wege - und musste weichen.
Geld ist ein Marktphänomen
An dieser Stelle ist es sinnvoll, dass wir uns eine wichtige geldtheoretische Einsicht in Erinnerung rufen: Dass nämlich das Geld - das allgemein akzeptierte Tauschmittel - ein Phänomen des freien Marktes ist. Geld entsteht im freien Markt, und zwar spontan und aus einem Sachgut. Das erklärt der österreichische Ökonom Carl Menger (1840 - 1921) bereits 1871 in seinem Buch Grundsätze der Volkswirtschaftslehre. Mengers Theorie wird von Ludwig von Mises (1881 - 1973) im Jahr 1912 mit einer logischen Begründung versehen.
Der Blick in die Währungsgeschichte zeigt in der Tat, dass Geld stets ein Sachgut war: in Form von Vieh, Muscheln, Salz, Zigaretten, vorzugsweise aber in Form von Edelmetallen wie Gold und Silber. Denn Edelmetalle, allen vor das Gold, haben die physischen Eigenschaften, die es zu einem perfekten Geld machen. Und deshalb wurden sie auch stets, wenn es den Menschen freistand, als Geld ausgewählt.
Mit Mengers Theorie der Geldentstehung können wir wissen, dass Fiat-Geld, oder: ungedecktes Papiergeld, nicht in einem freien Markt durch freiwillige Transaktionen entstehen kann. Der Ökonom Jörg Guido Hülsmann bemerkt dazu: "Papiergeld ist niemals durch freiwillige Kooperation zustande gekommen. In allen bekannten Fällen wurde es durch Zwang und Nötigung eingeführt, manchmal unter Androhung der Todesstrafe."
Überall gibt es Mängel: Das Haus ist windschief, Wände sind instabil, Decken einsturzgefährdet, durch den Kellerboden dringt Wasser ein. Es ist lebensgefährlich das Haus zu betreten, geschweige denn darin zu wohnen.
Sehr verehrte Damen, sehr geehrte Herren: Das windschiefe, instabile, undichte und einsturzgefährdete Haus steht sinnbildlich für unsere heutigen Volkswirtschaften, in denen die Menschen Fiat-Geld verwenden (müssen), um ihre Käufe und Verkäufe abzuwickeln, ihre Investitionen zu kalkulieren, ihre Kredite aufzunehmen beziehungsweise zu vergeben und ihre Ersparnisse anzulegen.
Konkret und nicht-metaphorisch lässt sich sagen: der chronische Kaufkraftverlust des Geldes, die vielerorts zunehmende Spreizung zwischen Arm und Reich, das Aufblähen und Platzen von Spekulationsblasen, die Wirtschaftsstörungen in Form von Boom und Bust, die steigende weltweite Verschuldung und der immer größer werdende, auswuchernde Staat - das alles sind unmittelbare Folgen des Fiat-Geldes. Aber auch das gesellschaftliche und politische Miteinander, das Moral und Wertesystem und die Kultur der Gesellschaften erleiden Blessuren durch das Verwenden von Fiat-Geld.
Fiat-Geld
Sie werden nun fragen: Was ist Fiat-Geld? Der Begriff "fiat" leitet sich vom lateinischen ab und bedeutet "so sei es" oder "es finde statt". Fiat-Geld ist also "verordnetes Geld" oder "aufgezwungenes Geld" oder "Zwangsgeld". (Zur Illustration: Wenn Sie gezwungen werden, einen Hund als Katze zu bezeichnen und zu behandeln, dann ist der Hund eine Fiat-Katze.)
Fiat-Geld - man kann es auch als "ungedecktes Papiergeld" bezeichnen - zeichnet sich vor allem durch drei Eigenschaften aus: (1) Fiat-Geld ist staatlich monopolisiertes Geld. Die staatlichen Zentralbanken haben das Produktionsmonopol des Geldes. (2) Fiat-Geld wird in der Regel durch Kreditvergabe geschaffen, der keine echte Ersparnis gegenübersteht. Es wird aus dem Nichts geschaffen, oder ex nihilo, wie der Lateiner sagt. Und (3): Fiat-Geld ist entmaterialisiertes Geld. Es hat die Form von bunt bedruckten Papierzetteln (genauer: Baumwollstücken) und Einträgen auf Computerfestplatten (Bits und Bytes). Ob US-Dollar, Euro, chinesischer Renminbi, japanischer Yen, Britisches Pfund oder Schweizer Franken: Sie alle sind Fiat-Geld.
Aus der Geldtheorie wissen wir, dass das Fiat-Geld kein “natürliches”, kein “unschuldiges” Geld ist. Es ist vielmehr durch einen unrechtmäßigen Akt auf die Welt gekommen. Ich darf die Erklärung dazu abkürzen, denn viele von Ihnen werden sie vermutlich kennen: Im System von Bretton Woods, der internationalen Währungsordnung nach Ende des Zweiten Weltkrieges, ist der US Dollar die Ankerwährung des Systems: 35 US-Dollar entsprachen 1 Feinunze Gold (also 31,1034768 Gramm).
Alle übrigen Währungen - wie Französischer Franc, Britisches Pfund und D-Mark - sind mit einem festen Wechselkurs an den US-Dollar gebunden und können in den US-Dollar umgetauscht werden. Auf diese Weise sind auch sie indirekt - über den US-Dollar - an das Gold gebunden.
In den 1950er und 1960er Jahren beginnen die USA, gegen die Regeln des Systems von Bretton Woods zu verstoßen. Sie betreiben eine zusehends inflationäre Geldpolitik, erhöhten die US-Dollar-Geldmenge, ohne für eine entsprechende Golddeckung zu sorgen. Einige Nationen, allen voran Frankreich, beginnen daraufhin, ihre US-Dollar-Bestände, die sie durch Exportüberschüsse erzielt haben, in physisches Gold bei der US-Zentralbank einzutauschen.
Die Goldbestände der Amerikaner beginnen abzuschmelzen, und zwar in einem Ausmaß, dass eine Zahlungsunfähigkeit der USA in Gold zu befürchten ist. (denn es wurden ja viel mehr US-Dollar ausgegeben, als Gold in der amerikanischen Zentralbank vorhanden ist). US-Präsident Richard Nixon verkündet daraufhin am 15. August 1971, dass fortan der US-Dollar nicht mehr in Gold einlösbar sei.
Durch diesen"monetären Enteignungsakt" - der in der Literatur beschönigend auch als das “Schließen des Goldfensters” bezeichnet wird - verlieren der US-Dollar und damit auch alle übrigen Währungen die Anbindung an das Gold, ihnen wird sprichwörtlich die Golddeckung entzogen. Durch diesen unilateralen Handstreich der USAdministration werden alle wichtigen Währungen der Welt zu Fiat-Geld, und dadurch wird ein weltweites Fiat-Geldsystem aus der Taufe gehoben.
Es waren nicht etwa ökonomische, sondern politische Gründe, die für den Wechsel von Goldgeld zum Fiat-Geld verantwortlich waren. Regierungen wollen die Hoheit über die Geldproduktion, um nach Gutdünken in das Wirtschafts- und Gesellschaftsgefüge eingreifen zu können, um zum Beispiel die Konjunkturen oder die Einkommens- und Vermögensverteilung zu beeinflussen. Das Warengeld beziehungsweise das Goldgeld steht solchen Machenschaften im Wege - und musste weichen.
Geld ist ein Marktphänomen
An dieser Stelle ist es sinnvoll, dass wir uns eine wichtige geldtheoretische Einsicht in Erinnerung rufen: Dass nämlich das Geld - das allgemein akzeptierte Tauschmittel - ein Phänomen des freien Marktes ist. Geld entsteht im freien Markt, und zwar spontan und aus einem Sachgut. Das erklärt der österreichische Ökonom Carl Menger (1840 - 1921) bereits 1871 in seinem Buch Grundsätze der Volkswirtschaftslehre. Mengers Theorie wird von Ludwig von Mises (1881 - 1973) im Jahr 1912 mit einer logischen Begründung versehen.
Der Blick in die Währungsgeschichte zeigt in der Tat, dass Geld stets ein Sachgut war: in Form von Vieh, Muscheln, Salz, Zigaretten, vorzugsweise aber in Form von Edelmetallen wie Gold und Silber. Denn Edelmetalle, allen vor das Gold, haben die physischen Eigenschaften, die es zu einem perfekten Geld machen. Und deshalb wurden sie auch stets, wenn es den Menschen freistand, als Geld ausgewählt.
Mit Mengers Theorie der Geldentstehung können wir wissen, dass Fiat-Geld, oder: ungedecktes Papiergeld, nicht in einem freien Markt durch freiwillige Transaktionen entstehen kann. Der Ökonom Jörg Guido Hülsmann bemerkt dazu: "Papiergeld ist niemals durch freiwillige Kooperation zustande gekommen. In allen bekannten Fällen wurde es durch Zwang und Nötigung eingeführt, manchmal unter Androhung der Todesstrafe."