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Das Damoklesschwert, das über den Euro-Banken schwebt

29.10.2018  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Die Euro-Banken sind spätestens mit der Euro-Krise in schwieriges Fahrwasser geraten. Viele ächzen unter faulen Krediten in ihren Bilanzen. Die Niedrigzinspolitik der EZB sowie die EU-Regulierungswut machen den Euro-Banken die Gewinnerzielung schwer. Und weil viele Geldhäuser durch staatliche Unterstützung über Wasser gehalten werden, bereinigt sich der Euro-Bankenmarkt nicht. Eine echte Marktbereinigung steht noch aus.

Im ersten Quartal 2008 gab es in den Vereinigten Staaten von Amerika noch 7.175 Banken. Im ersten Quartal 2018 waren es nur noch 4.852 Banken - ein Rückgang von 32 Prozent. Im Euroraum fiel die Zahl der Banken von 2008 bis 2016 hingegen nur um 25 Prozent - von 6.768 auf 5.474. Die recht hohe Zahl der Banken (nicht wenige sind "Zombie-Banken") übt einen Abwärtsdruck auf Gebühren und Preise von Bankdienstleistungen aus und schränkt die Gewinnmöglichkeiten der einzelnen Bank ein.


Euro-Banken im Abwärtsstrudel

In der Zeit Anfang 2006 bis Oktober 2018 sind die Kurse der Euro-Bankaktien um knapp 72 Prozent gefallen, während die der US-Banken um 25 Prozent zugelegt haben. Gleichzeitig sind die Bewertungen der Euro-Bankaktien auf japanischen Niveaus gefallen. Beispielsweise beläuft sich das Kurs-Buch-Verhältnis der Euro-Banken derzeit auf nur noch 0,55. Die Finanzmärkte rechnen also mit erheblichen "stillen Lasten" in den Bankbilanzen, die die Gewinne der Banken beziehungsweise das Eigenkapital der Geldhäuser herabsetzen werden.

Der US-Konkurrenz geht es deutlich besser: Sie weist ein Kurs-Buchwert-Verhältnis von 1,43 aus, Tendenz in den letzten Jahren steigend - die Investoren versprechen sich also von den amerikanischen Geldhäusern Wertsteigerungen. Nicht nur hat sich die US-Konjunktur deutlich besser entwickelt als die im Euroraum. Die Verdienstmöglichkeiten im US-Bankenmarkt sind günstiger. Und nicht zuletzt haben die US-Großbanken die Nase vorn im internationalen Geschäft. Euro-Banken können nicht mehr mithalten.

Die Aktionäre der Euro-Banken haben also große Verluste einstecken müssen - in Form von Kursverlusten und ausgesetzten Dividenden, vor allem auch in Form entgangener Renditen, die ihnen das Investieren in erfolgreiche Unternehmen beschert hätte. Ist das Schlimmste überstanden? Sind Euro-Bankaktien wieder attraktiv? Das lässt sich pauschal nicht beantworten. Es hängt vielmehr davon ab, wie sich der Wert der Bankaktie zu ihrem Börsenkurs verhält: Wenn der Wert der Aktie deutlich über ihrem Kurs liegt, macht das Investieren Sinn.


Rat für Investoren

Der Wert einer Bank lässt sich wie jede andere Aktie einfach bestimmen: Er entspricht der Summe der künftigen Unternehmensgewinne, abgezinst auf die Gegenwart. Stellt man fest, dass der Wert der Aktie, sagen wir, 15 Prozent über ihrem Marktpreis liegt und man investiert, ist das nicht nur förderlich für die Investitionsrendite. Man kommt auch in den Genuss einer "Sicherheitsmarge". Sie bewahrt vor möglichen Kapitalverlusten, die Fehleinschätzungen der Erfolgspotentiale der Bank nach sich ziehen könnten. Es gilt: Je höher die Sicherheitsmarge, desto geringer ist das Risiko.

Allerdings ist das Bewerten einer Bank keine leichte Aufgabe. Wer sich einmal mit einer Bankbilanz beschäftigt hat, der weiß, dass sie nicht einfach zu lesen ist. Es gibt beispielsweise viele Sonderregelungen (wie etwa für die Bewertung und Ausweis von Finanzinstrumenten), oder auch "Eventualverbindlichkeiten unter dem Strich", die mitunter die Ertrags- und Finanzlage einer Bank erheblich beeinflussen können. Doch diese bilanziellen Verständnishürden lassen sich mit dem notwendigen Analyseeifer überwinden.


Bankenrettung um jeden Preis

Abb. 3 zeigt ein zentrales Problem des Euroraums in seiner ganzen dramatischen Dimension: den übergroßen Euro-Bankensektor. Das soll die folgende Erklärung zeigen: Der Euro-Bankenapparat ist riesig. Seine Bilanzsumme beläuft sich auf fast 300 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) im Euroraum. Der USBankenapparat ist bedeutend kleiner: Er beläuft sich "nur" auf 82 Prozent des US-BIP. Weiterhin muss man sich vor Augen führen, dass Zentralbank und Bankenapparat nicht getrennte Einheiten sind, sondern dass sie vielmehr "Hand in Hand" arbeiten.

Die enge Kooperation zwischen Zentralbanken und Geschäftsbanken hat die volkswirtschaftliche Bankenbilanz weiter anschwellen lassen, auch und gerade im Zuge der Krise 2008/2009. War der Bankenapparat vor Ausbruch der Krise bereits "zu groß", so ist er jetzt erst recht "zu groß" - denn die Bilanzsumme der Zentralbanken plus der Bilanzsumme der Geschäftsbanken ist deutlich angestiegen - vor allem im Euroraum. Wohin soll das führen?


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