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Schwarzer Montag 1987

29.11.2018  |  Markus Mezger
- Seite 3 -
Zwillingsdefizite im Staatsbudget und Außenhandel als Achillesferse der US-Wirtschaft

Als Reagan 1981 sein Amt antrat, befand sich die US-Wirtschaft infolge des zweiten Ölpreisschocks und der restriktiven Zinspolitik der US-Notenbank in der Rezession. Es lag also durchaus auf der Hand, die US-Wirtschaft durch eine angebotsorientierte Wirtschaftspolitik zu stützen. Diese ruhte im wesentlichen auf zwei Pfeilern: Deregulierung und Steuersenkungen. Reagan schaffte die unter Präsident Nixon eingeführten, komplizierten Preiskontrollen auf Öl und Gas wieder ab. Diese hatten einen großen Schattenmarkt und Umgehungstransaktionen hervorgebracht, für die vor allen anderen Marc Rich später belangt wurde.

Weitere Deregulierungsmaßnahmen betrafen Kommunikationsdienstleistungen (TV, Telefon) und das Bankwesen. Vor allem die 1982 beschlossene Deregulierung der US-Sparkassen, die erstmals Kreditkarten und Immobilienkredite ausgeben durften, waren eine Triebfeder des kreditfinanzierten Aktienbooms in den achtziger Jahren. Für Kursphantasie sorgten vor allem kreditfinanzierte Firmenübernahmen (leveraged Buy-Outs), die in "Wall Street" im Jahre 1987 eindrucksvoll verfilmt wurden.

Eine der wichtigsten politischen Maßnahmen der Reagan-Administration waren jedoch die Senkung der persönlichen Einkommens- und Unternehmenssteuern. Beraten wurde Regan dabei durch den Ökonomen Arthur B. Laffer. Angeblich zeichnete Laffer bei einem Essen mit Politikern seine berühmte Steuereinnahmenkurve auf eine Serviette, die ihren Weg später bis in das Weiße Haus fand.

Demnach würden die Steuereinnahmen ab einem bestimmten Steuersatz sogar zurückgehen, da die Anreize für wirtschaftliche Expansion schwinden und die Steuerbemessungsgrundlage sich verkleinere. Im Umkehrschluß hieße das, dass sich die Steuereinnnahmen trotz Steuersenkungen erhöhen ließen, wenn die Steuersätze über einem bestimmten, expansionshemmenden Steuersatz liegen. Mit Steuersenkungen ließe sich so das Wachstum stimulieren und die Steuerbemessungsgrundlage verbreiterten. So weit die Theorie.

Die Praxis sah jedoch anders aus. Auch dank der teuren Rüstungsprogramme unter Reagan (SDI) explodierten erstmals seit Zweiten Weltkrieg die Staatsdefizite. Die Staatsschulden stiegen von 930 Mrd. US-Dollar auf 2.600 Mrd. US-Dollar zwischen Januar 1981 und Januar 1989. In Relation zum BIP ist die Staatsschuldenquote von rund 30% auf rund 50% nach oben geschnellt. Der erste kräftige Anstieg, nachdem sich die USA durch die Nachkriegsinflation in den fünfziger und sechziger Jahren weitgehend entschuldet hatte.

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Ließ sich ein defizitäres Konjunkturprogramm in der Rezession Anfang der achtziger Jahre noch rechtfertigen, so kam die Steuerreform von Trump Ende des Jahres 2017 zur Unzeit. Die Steuergeschenke fallen mitten in einen späten Boom und setzten die US-Notenbank noch mehr unter Druck, Überhitzungstendenzen vorzubeugen. Dabei zeugt es von extrem schlechten Stil, wenn Präsident Trump der Notenbank vorwirft, sie sei "verrückt" geworden, wenn sie die Leitzinsen weiter nach oben schleust. Die Leitzinsen müßten gerade auch wegen der falsch getimten Steuerreform noch höher sein. Die US-Notenbank würde den Rest ihrer Reputation einbüßen, wenn sie diesem wild polternden US-Präsidenten nicht die Stirn bieten kann.

Die Trump-Administration hatte schon von der Vorgängerregierung Obama einen defizitären Staatshaushalt übernommen. Die Regierung Obama muß sich den Vorwurf gefallen lassen, trotz guter Konjunktur die Staatsfinanzen in den Jahren 2012-2016 nicht nachhaltig konsolidiert zu haben. Seit vielen Jahren leisten sich die USA Haushaltdefizite von mehr als 4%, auch in Boomphasen, in denen aufgrund höherer Steuereinnahmen eher ein ausgeglichener Haushalt oder Haushaltsüberschüsse wie unter Bill Clinton zu erwarten wären. Da mag man sich kaum vorstellen, wie die Defizite aussehen werden, sollte die US-Konjunktur einmal in die Rezession abgleiten.

Trump hat jedoch längst nicht mehr den gleichen fiskalischen Spielraum wie Reagan in den achtziger Jahren. Die Staatsschuldenquote hat die Schallmauer von 100% des BIP bereits im Jahr 2012 überschritten. Auf diesem Niveau können jederzeit ernsthafte Zweifel an der langfristigen Bonität der USA aufkommen. Knapp ein Drittel der US-Staatsschulden befinden sich in ausländischen Händen und die hohen Haushaltsdefizite korrespondieren mit Defiziten im Außenhandel. Die USA sind auf das Ausland angewiesen, um diese strukturellen Zwillingsdefizite langfristig zu finanzieren. Dies scheint umso fraglicher scheint, je vehementer der US-Präsident Handelspartner frontal angreift.

Diese Sorge um die langfristige Finanzierbarkeit der Zwillingsdefizite war einer der Kernpunkte auf dem Weg zum Crash 1987. Unter Reagan waren aufgrund der steigenden Budgetdefizite zunächst die Zinsen für langlaufende US-Staatsanleihen angestiegen. Dadurch strömte im ersten Schritt ausländisches Kapital ins Land, das den US-Dollar gegenüber dem Japanischen Yen und der Deutschen Markt deutlich aufwertete.

US-Importe verbilligten - und US-Exporte verteuerten sich dadurch. In der Konsequenz stieg das Außenhandelsdefizit von rund 1% bis 1985 auf 3% des US-BIP im Jahre 1985 an. Die Regierung Reagan versuchte diesem Trend durch die Einführung von Importzöllen (sic!) und durch eine kontrollierte Abwertung des US-Dollar im Rahmen des Plaza-Abkommens (s.u.) entgegenzuwirken. Aber letztlich lassen sich strukturelle Handelsbilanzdefizite mit politischen Maßnahmen nicht einfach wegwischen.


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