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Die lange Geschichte des Goldgeldes - Ein kurzer Aufsatz

12.04.2019  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Newton trifft damit eine folgenreiche Entscheidung. Sie führt nämlich zu einer offiziellen Unterbewertung des Silbers und zu einer Überbewertung des Goldes. Daraufhin zeigte das sogenannte Greshamsche Gesetz³ Wirkung. Es besagt, dass bei festen Wechselkursen das überbewertete Geld das unterbewertet Geld verdrängt. Und so kam es auch. Newtons Entscheidung führte dazu, dass das Gold als Geld umlief, und dass das Silber gehortet wurde. Somit befand sich Großbritannien de facto auf einem Goldstandard.⁴

Mit dem Ausbruch des ersten Napoleonischen Krieges hebt jedoch die britische Regierung 1797 die Einlösbarkeit des Britischen Pfundes in Edelmetall auf und geht auf ein ungedecktes Papiergeldsystem über. Der Grund: Man will die Kriegsausgaben mit inflationärem Geld finanzieren. Die Bank von England gibt ungedecktes Geld heraus. Es kommt zur Inflation. Chronisch steigende Güterpreise kennen die Briten bis dato nicht. Der britische Ökonom David Ricardo (1772 - 1823) bringt jedoch Licht ins Dunkel mit seinem berühmten Aufsatz "The High Price of Bullion" aus dem Jahr 1809.

Die Inflation ist, so erklärt Ricardo, ist ein monetäres Phänomen. Ihre Ursache ist die Ausgabe von neuem Geld, in diesem Falle Geld, das nicht durch Gold oder Silber gedeckt ist.

1816 beschließen die Briten zur Edelmetalleinlösbarkeit des Pfunds zurückzukehren - und zwar ab dem Jahr 1821. Allerdings soll das Pfund fortan nur noch in Gold, nicht mehr in Silber einlösbar sein. Das Silber wird entmonetisiert, und von da ab ist Großbritannien offiziell auf einem Goldstandard.


Goldgeld in den USA

Blicken wir nach Amerika. Dort wird durch das Münzgesetz vom 2. April 1792 (,,Coinage Act‘‘) der Dollar zur amerikanischen Währungseinheit erklärt. Der Dollar wird in Gold und Silber definiert. Genauer: 1 US-Dollar entspricht 371,25 Gran Feinsilber (480 Gran = 1 Feinunze = 31,1034… Gramm) oder 24,75 Gran Feingold. Das feste Austauschverhältnis zwischen Silber und Gold liegt damit bei 15 : 1. Damit entspricht eine Feinunze Gold 19,3939 US-Dollar, eine Feinunze Silber 1,2929 US-Dollar.

Die USA sind so offiziell auf einem Bimetall-Standard, auch Bimetallismus genannt. Das gesetzlich fixierte Austauschverhältnis zwischen Silber und Gold führte jedoch schon bald zu einem ernsten Problem. Im freien Markt steigt die Silber-Gold-Tauschrelation auf über als 15 : 1. Das bedeutet, dass Silber nun offiziell überbewertet ist gegenüber Gold (und dass das Gold unterbewertet ist gegenüber Silber) - und das Greshamsche Gesetz macht sich bemerkbar.⁵

Das überbewertete Silber verdrängt das unterbewertete Gold. Und so läuft bis 1833 Silbergeld, nicht Goldgeld um. Die USA sind de facto auf einem Silberstandard. Im Jahr 1834 wird jedoch die Münzgesetzgebung geändert und dabei die offizielle Silber-Gold-Tauschrelation auf 16 : 1 gesetzt. Das Goldgewicht des US-Dollar wird dabei auf 23,22 Gran gesetzt, und fortan entspricht eine Feinunze Gold 20,671835 US-Dollar (= 480/23,22). Allerdings liegt die Silber-Gold-Tauschrelation im freien Markt bei 15,625 : 1, so dass bei der offiziellen Tauschrelation bei 16 : 1 nun also das Silber offiziell unterbewertet und das Gold überbewertet ist.

Wieder wirkt das Greshamsche Gesetz: Das überteuerte Gold verdrängt das unterbewertete Silber - und die USA sind ab 1834 de facto auf einem Goldstandard. Aus Silber werden nur noch für kleine Münzen geprägt, und der Silberpreis in US-Dollar beginnt zu fallen. Die Gold-Silber-Preisrelation steigt. Daran ändern auch die Goldfunde in Kalifornien in den 1840er Jahren und in Australien in den 1850er Jahren nichts.


Das "Verbrechen von 1873"

Im Jahr 1873 kommt es zu einer Reform des Münzgesetzes in den USA, durch die das Silber de facto entmonetisiert wird: Der US-Dollar wird fortan nur noch in Gold, nicht mehr in Silber definiert. Die Befürworter des Silbergeldes sprechen vom "Verbrechen von 1873" - denn das Silber verliert nun offiziell seinen Geldstatus. Doch nicht nur in den USA kehrt man sich zu dieser Zeit vom Silbergeld ab, auch anderswo. Frankreich, das seit 1803 einen Bimetall-Standard hat, demonetisiert das Silber in den Jahren 1873-1874. Das gleiche geschieht in den anderen Mitgliedsländern der Lateinischen Münzunion.

Dänemark, Norwegen, Schweden, die Niederlande und Preußen folgen in 1875 - 1876, Österreich in 1879. Die Folge: Der Silberpreis verfällt. Betrug er 1834 noch 1,2929 US-Dollar pro Feinunze, sind es Anfang des 20. Jahrhunderts nur noch 0,5 US-Dollar pro Feinunze.⁶


Zäsur: Der erste Weltkrieg

Der Ausbruch des ersten Weltkrieges im August 1914 markiert eine große Zäsur im weltweiten Geldsystem. Im deutschen Kaiserreich war die Mark (auch: Goldmark) seit 1871 gültige Währung. 1 Mark entsprach 0,358423 Gramm Feingold, und als Kurantmünze wurde sie zu 5, 10 und 20 Mark geprägt.

Bei Kriegsausbruch wird sogleich die Goldeinlösbarkeit der Mark aufgehoben. Die Mark wird zur ungedeckten Papiermark, die sich beliebig vermehren lässt. Grund: Die deutsche Regierung will auf inflationäre Weise - durch die Inflationssteuer - einen Teil der Kriegskosten bezahlen. Die Papiermark wird inflationiert, übersteht aber den Krieg, nicht jedoch die Weimarer Republik, die neue Demokratie. Die Papiermark wird nach Ende des Krieges derart stark vermehrt, dass sie im Sturm einer Hyperinflation untergeht. Sie wird im November 1923 durch die Rentenmark ersetzt.⁷

Die internationale Währungsordnung ist nach dem Ende des Ersten Weltkrieges zerrüttet. Denn nicht nur Deutschland, sondern de facto alle großen Länder wie Großbritannien und Frankreich haben die Goldeinlösbarkeit ihrer Währungen aufgehoben.

Die Ausnahme sind die USA. Zwar erlassen auch die Amerikaner Anfang 1917 kurzzeitig ein Goldexport-Embargo. Aber nach wie vor entsprechen 20,67 US-Dollar einer Feinunze Gold, und Goldgeld läuft um.

Mit der Währungskonferenz im italienischen Genoa im Jahr 1922 sollen die Währungsverhältnisse geordnet werden. Dort einigen sich 34 Länder - die USA nehmen nicht daran teil - aber nur auf eine halbherzige Lösung, den Gold-Devisen-Standard.


Gold-Devisen-Standard

Der Gold-Devisen-Standard sieht vor, dass sich das Britische Pfund in Gold und US-Dollar einlösen lässt. Die übrigen europäischen Währungen sind nicht in Gold, sondern in Britische Pfund einlösbar. Das Pfund ist dabei allerdings nicht mehr in Goldmünzen, sondern nur noch in großvolumige Barren einlösbar. Dadurch kann der Normalbürger seine Währung beziehungsweise das Pfund nicht mehr in physisches Gold umtauschen.

Der Gold-Devisen-Standard ist ein großer Etikettenschwindel. Er läuft auf eine Pyramidisierung der USamerikanischen Goldreserven hinaus. Mit fatalen Folgen, wie sich später herausstellt. Der Britische Premierminister Winston Churchill entscheidet 1925, dass Großbritannien wieder zum Goldstandard zurückzukehrt. Das Pfund soll dabei mit der Vorkriegsparität von 4,87 US-Dollar pro Pfund an das Gold angebunden werden.


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