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Die lange Geschichte des Goldgeldes - Ein kurzer Aufsatz

12.04.2019  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Zu diesem Kurs ist das Pfund jedoch überbewertet - denn die Güterpreise in Pfund sind während des Krieges natürlich stark angestiegen, und das Pfund hat entsprechend im Markt mächtig abgewertet. Das hat zur Folge, dass die britischen Güterpreise sinken müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Doch Politik und Gewerkschaften verhindern die notwendige Preisdeflation. Die Briten bekommen wirtschaftliche Probleme, vor allem hohe Arbeitslosigkeit. Im Herbst 1929 nimmt dann, beginnend in den USA, die "Große Depression" ihren unheilvollen Lauf und breitet sich nachfolgend auf das Weltwirtschafts- und Finanzsystem aus.

Im Mai 1931 wird die österreichische Kreditanstalt in Wien zahlungsunfähig. Es kommt zum "Bank-Run". Es wird offenkundig, dass der Kaiser keine Kleider anhat: Die Banken haben mehr Geld in Umlauf gebracht, als Kunden Gold bei ihnen eingelagert haben. Sie können die Geldscheine, die die Kunden ihnen vorlegen, nicht mehr in physisches Gold eintauschen.

Die Bank von England sieht sich außer Stande, den anschwellenden Wünschen nach Goldeinlösung des Britischen Pfundes nachzukommen. Im September 1931 beendet sie daher die Goldeinlösbarkeit des Britischen Pfundes. Der Gold-Devisen-Standard ist aufgehoben.


US-Goldverbot

Wie bereits gesagt, im Ersten Weltkrieg und auch danach bleibt der US-Dollar goldgedeckt. Die große Zäsur in den USA kommt 1933, am Ende der Großen Depression. US-Präsident Franklin D. Roosevelt verbietet den US-Bürgern den Goldbesitz: Das Gold ist bis zum 1. Mai 1933 an den Staat abzugeben, dafür erhalten die Goldbesitzer US-Dollarguthaben und -Noten.

Im Jahr 1934 wertet Roosevelt zudem den US-Dollar gegenüber dem Gold ab: Fortan sind 35 US-Dollar für eine Feinunze Gold zu bezahlen. Durch diesen Handstreich inflationiert die US-Administration die US-Dollar-Geldmenge und nachfolgend auch die US-Güterpreise. Der US-Dollar bleibt jedoch, zumindest formal, an das Gold gebunden. Aber es ist nun verschwunden aus dem Tagesgeschäft der Menschen. Das Goldverbot für Private bleibt bis 1974 in Kraft. Erst dann wird es von US-Präsident Gerald Ford (1913–2006) aufgehoben.


Chinas Kommunismus

Doch damit sind wir schon etwas zu weit vorangeschritten. Im Jahr 1933 treffen die Amerikaner eine folgenreiche Entscheidung - und zwar eine, die dazu beigetragen hat, China den Kommunismus in die Hände zu treiben, wie einige Wirtschaftshistoriker meinen. Die US-Administration beschließt nämlich 1933, Silber aufzukaufen - um die US-Bundestaaten, die Silber produzieren, zu subventionieren, und um gleichzeitig auch die heimischen Güterpreise in die Höhe zu treiben. Die US-Münze erhält den Auftrag, Silber zum Preis von 1,2929 US-Dollar pro Feinunze zu kaufen. Der Weltmarktpreis des Silbers steht zu dieser Zeit jedoch bei nur 0,70 US-Dollar pro Feinunze.

Das führt dazu, dass der Marktwert vieler Silbermünzen ihren Nennwert übersteigt. Die Folgen treffen insbesondere China. Denn China ist das letzte Land, das noch auf einem Silberstandard ist. (Indien hat seinen Silberstandard bereits 1893 verlassen und 1899 den Goldstandard angenommen.) Der gestiegene Silberpreis in US-Dollar verursacht in China, wo Silber als Geld verwendet wurde, nun eine Deflation und Krise. Warum? Das Silbergeld wird in die USA exportiert und dort eingeschmolzen. Die Silbergeldmenge in China schrumpft und mit ihr sinken die Güterpreise, vor allem in der Industrie und der Landwirtschaft.

Es kommt zur Wirtschaftskrise. Im November 1935 beendet die Zentralbank von China den Silberstandard und führt einen ungedeckten Papiergeldstandard ein. Das kommt zu einer besonders kritischen Zeit: 1937 beginnt der zweite Chinesisch-Japanische Krieg. Die Kriegsausgaben finanziert die chinesische Nationalregierung unter Führung von Chiang Kai-Shek mit der Notenpresse.

Von 1937 bis 1945 steigt die Yuan-Geldmenge 300-fach (oder 100 Prozent pro Jahr). Es kommt zur Hyperinflation, die der chinesischen Bevölkerung großes Leid beschert, und das treibt sie 1949 den Kommunisten unter Mao Zedong in die Hände.⁸

Zwar wäre es vermutlich auch ohne das US-Silberaufkaufprogramm kriegsbedingt zur großen Inflation in China gekommen. Aber hätten die Amerikaner das Silber nicht zu einem künstlich erhöhten Preis aufgekauft, hätte die chinesische Nationalregierung vielleicht noch zwei Jahre mehr gehabt, in denen die heimischen Währungsverhältnisse akzeptabel geblieben wären. Und wer weiß: Vielleicht wäre dann die Inflation nicht so stark ausgefallen; und der Aufstieg des Kommunismus in China wäre erschwert oder vielleicht sogar verhindert worden.


Das System von Bretton Woods

Doch wir sind nun auf der Zeitachse etwas zu weit vorangeschritten. Lassen Sie uns zum Jahr 1944 zurückkehren. Vom 1. bis 22 Juli 1944 treffen sich im US-Bundestaat New Hampshire im Ort Bretton Woods die Abgesandten von 44 Nationen und beschließen dort ein Weltwährungssystem für die Nachkriegszeit – das System von Bretton Woods.

Es sieht Folgendes vor: (1) Der goldgedeckte US-Dollar wird zur Weltleitwährung. 35 US-Dollar entsprechen einer Feinunze Gold. (2) Alle Währungen sind konvertierbar in US-Dollar. (3) Es gelten feste, aber anpassbare Wechselkurse zwischen dem US-Dollar und allen anderen Währungen. Auf diese Weise sind alle Währungen einlösbar in physisches Gold.

Das System von Bretton Woods hat zwar Konstruktionsfehler, aber es funktioniert. Dann jedoch beginnen die USA, sich mehr und mehr in einer kriegerischen Außenpolitik zu verzetteln: Korea-Krieg von 1950 - 1953, Vietnam- Krieg von 1955 - 1975. Zur Finanzierung geben die USA US-Dollar aus, die nicht durch Gold gedeckt sind. Die Inflation zieht an. Dollar-Besitzer wollen nun doch lieber Gold als Dollar halten. Die Nationen beginnen, ihre US-Dollarguthaben bei der US-Zentralbank in Gold einzulösen.

Daraufhin schwinden die amerikanischen Goldbestände. Und bald wird deutlich: Wenn die US-Dollar, die die Ausländer halten, allesamt in physisches Geld eingetauscht werden sollen, ist Amerika zahlungsunfähig.


Das ungedeckte Papiergeldsystem

Am 15. August 1971 zieht US-Präsident Richard Nixon die Notbremse: Er verkündet in einer abendlichen Fernsehansprache, dass der US-Dollar von nun an vorübergehend nicht mehr in Gold einlösbar sei. Mit dieser unilateralen Entscheidung entzieht die US-Regierung dem US-Dollar die Golddeckung. Der US-Dollar und mit ihm alle anderen Währungen der Welt werden zu nicht einlösbarem Papiergeld.

In der Literatur wird dieses Ereignis häufig beschönigend als das "Schließen des Goldfensters" bezeichnet. Wahrlich ein Euphemismus: Denn es handelt sich um den wohl größten monetären Enteignungsakt der Neuzeit. Seither sind alle Währungen der Welt nicht einlösbares Papiergeld. Geld, das intrinsisch wertlos ist, und das in beliebiger Menge ausgegeben werden kann, vorzugsweise durch Bankkredite.



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