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Die Entwertung des Euro: Geldsozialismus à la EZB

05.08.2019  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Option Helikoptergeld

Die EZB kann auch “Helikoptergeld” ausgeben. Das heißt, sie erhöht direkt die Kontobestände, die Bürger und Unternehmer bei Euro-Banken halten, um, sagen wir, 5 oder 10 Prozent pro Jahr. Dabei treten jedoch ganz erhebliche Umverteilungswirkungen und Probleme auf. Beispielsweise stellt sich die Frage: Sollen nur die jederzeit verfügbaren Giroguthaben als Grundlage der Geldmengenausweitung dienen? Oder sollten auch Termin- und Spareinlagen in die Berechnung einbezogen werden? Wenn nur die Giroguthaben vermehrt werden, gehen diejenigen leer aus, die Termin- und Spareinlagen halten.

Es dürfte einsichtig sein, dass sich durch die Ausgabe von “Helikoptergeld” tiefe Abgründe auftun, die dem Geldwert sehr wahrscheinlich stark schaden werden: Bei einer Helikopter-Geldmengenvermehrung wird es geldpolitisch völlig willkürlich, weil die letzten verblieben marktwirtschaftlichen Elemente in der Geldproduktion (wie etwa die Haftung der Bankaktionäre mit ihrem Eigenkapital) vollends ausgehebelt werden. Die Helikoptergeld-Ausgabe leitet so gesehen eine Extremphase ein im politischen Bestreben, das ungedeckte Papiergeldsystem immer weiter zu inflationieren.

Mit der Ausgabe von Helikoptergeld wird es also brisant (Der Kauf von Staatsanleihen ist im Grunde schon eine Vorstufe des Helikoptergeldes.) Das, was von der freien Marktwirtschaft noch übrig ist, gerät unter die Räder. Ist die politisierte Geldmengenausweitung erst einmal zügellos und ungeniert möglich, gibt es kein Halten mehr. Banken werden mit neu geschaffenem Geld aufgepolstert und de facto verstaatlicht; und die EZB befindet darüber, wer wann welchen Geldbetrag bekommt. Damit betreibt sie Industrie- und Strukturpolitik - und politische Begehrlichkeiten werden das für ihre Zwecke zu nutzen wissen.

Unternehmen werden gefördert, die den gerade herrschenden politischen Ideologievorgaben entsprechen, und das geht zu Lasten aller anderen Unternehmen und Arbeitsplätze. Die Fähigkeit des Marktes, knappe Ressourcen zum "besten Wirt" zu lenken, schwindet. Wachstum und Beschäftigung leiden. Vor allem aber wird der Euroraum auf diese Weise nach und nach in eine Befehls- und Lenkungswirtschaft transformiert, in der bürgerliche und unternehmerische Freiheitsrechte schwinden. So gesehen ist der Ausdruck "Geldsozialismus", den der Ökonom und Autor Roland Baader (1940-2012) der geprägt hat, zutreffend, um die Folgen der EZB-Politik auf den Punkt zu bringen.

Aber nicht nur der Euroraum steht vor den Problemen, für die das Jahrzehnte währende Ausweiten der ungedeckten Geldmengen per Kredit gesorgt hat. Auch in anderen Währungsräumen sieht es nicht weniger bedrohlich aus. Überall auf der Welt wird mehr oder weniger die gleiche Geldpolitik verfolgt, wenngleich auch in unterschiedlicher Intensität. Aber diese Geldpolitiken laufen darauf hinaus, die Schulden mittels einer Negativzinspolitik, durch die die Nominal- und auch Realzinsen in den Negativbereich gedrückt werden, zu entwerten. Die Kaufkraft der Geldguthaben und Schuldpapierbestände, die die Menschen angesammelt haben, wird herabgesetzt.


Gold und Silber

Unter diesen Bedingungen bleibt das Halten von Gold attraktiv: als Inflationsschutz und auch als Schutz vor Zahlungsausfällen. Grundsätzliche Überlegungen dazu finden sich im Aufsatz "Gold ist nicht nur für Krisenzeiten". An dieser Stelle sei nur ein Blick auf die Preistrends der beiden Edelmetalle geworfen. Wie in Abb. 5 erkennbar ist, hat sich der Goldpreis in US-Dollar und Euro gerechnet wie im Lehrbuch trendmäßig in die Höhe geschraubt (rückblickend mit Ausnahme der "Übertreibungsphase" 2009 bis 2013). Und die Aussichten sind gut, dass sich der Preistrend in den kommenden Jahren fortsetzt.

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Quelle: Thomson Financial; Berechnungen Degussa.


Der Verlauf des Silberpreises in US-Dollar und Euro gerechnet ist ebenfalls aufschlussreich: Auch hier lässt sich ein positiver Trendverlauf erkennen (Abb. 6). Der Silberpreis liegt aktuell deutlich unter der Trendlinie, und angesichts des nun wieder merklich gestiegenen Goldpreises ist ein "Nachziehen" des Silberpreises wahrscheinlich: Schließlich hat sich in der Vergangenheit immer wieder gezeigt, dass der Silberpreis früher oder später dem Goldpreis richtungsmäßig nachgefolgt ist. Im aktuellen Umfeld auch auf Silber zu setzen, dafür spricht vor allem derzeit auch die beträchtliche "Preislücke", die sich zwischen Goldpreis und Silberpreis aufgetan hat.

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Quelle: Thomson Financial; Berechnungen Degussa.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH


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