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Negativzinsen sind der Untergang

18.08.2019  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Die EZB entscheidet damit, wer was wann und wo finanzieren und produzieren kann. Wie eine Zentralplanungsbehörde befindet sie - beziehungsweise die Interessengruppen, die sie beherrschen - über die Geschicke der Volkswirtschaften: Welche Industrien gefördert oder zurückgedrängt werden; welche Volkswirtschaften stärker und welche schwächer wachsen dürfen; welche Banken in welchen Ländern überleben dürfen und welche nicht. Willkommen in der Planwirtschaft im Euroraum. Doch damit nicht genug!


Spekulationsblase

Durch die fortgesetzten Zinssenkungen blähen sich die Preise für das Bestandsvermögen auf: Aktien, Häuser und Grundstücke, alles wird teurer. Denn je niedriger der Zins ist, desto höher fallen die Barwerte der künftigen Zahlungen und damit auch die Marktpreise der Vermögensgüter aus. Die Niedrig- und Negativzinspolitik der Zentralbanken sorgt so gesehen für eine fulminante Preisaufblähung auf den Vermögensmärkten; eine gigantische Spekulationsblase wird aufgepumpt.

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Das beschert den Investoren zunächst hohe Renditen. Doch gleichzeitig verschlechtern sich dadurch die künftigen Renditeaus-sichten. Das erklärt sich wie folgt: Die Null- und Negativzinsen lassen die Preise von Aktien und Häusern so weit ansteigen, bis die erwartete Rendite, die diese Anlageklassen versprechen, sich dem Niedrig- beziehungsweise Negativzins, den die Zentralbank setzt, angenähert hat. Im Extremfall fallen die erwarteten Marktrenditen sogar auf oder gar unter die Nulllinie.

Wenn aber die Zentralbankpolitiken erst einmal alle Rendite auf oder unter die Nulllinie gedrückt haben, steht die freie Marktwirtschaft vor dem Aus. Ohne einen positiven Zins, ohne eine positive Rendite in Aussicht zu haben, hört das Sparen und Investieren auf. Die arbeitsteilige Volkswirtschaft kommt zu Erliegen. Ersatz- und Erweiterungsinvestitionen bleiben aus, Kapitalverzehr setzt ein, und die moderne Volkswirtschaft fällt zurück in eine primitive Subsistenzwirtschaft.


Ende der Wohlfahrtsdemokratie

Die Geldpolitik der Null- und Negativzinsen führt - wenn man sie konsequent zu Ende denkt - zum Untergang der freien Gesellschaft, wie man sie in der westlichen Welt bisher gekannt hat. Ihre zerstörerische Wirkung wird jedoch nicht für jedermann sofort ersichtlich, weil die Null- und Negativzinsen zunächst einen künstlichen Konjunkturaufschwung in Gang halten, der die Volkswirtschaft eine ganz Zeit lang scheinbar ungestraft aus der Substanz leben lässt.

Erst nach und nach werden die Schäden sichtbar. Der Wohlstandszuwachs schwindet; die politischen Verteilungskämpfe nehmen zu; der Staat wird immer mächtiger; die Freiheitsgrade für Bürger und Unternehmen nehmen ab; und irgendwann kollabieren auch die Vermögenspreise, platzt die Blase, weil die Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft immer stärker beeinträchtigt wird: Unternehmen machen weniger Gewinn, Arbeitsplätze gehen verloren, Konsumenten müssen ihre Nachfrage einschränken.

Das alles führt zu wirtschaftlicher Verarmung und höchst wahrscheinlich auch zu politischem Chaos. Die Null- und Negativzinspolitik sägt sprichwörtlich den Ast ab, auf dem die Wohlfahrtsdemokratie der westlichen Welt Platz genommen hat. Ihre katastrophalen Wirkungen sind schon heute einsehbar. Dass den Zentralbanken nicht das Handwerk gelegt wird - nicht von den Ökonomen, nicht von der Politik, nicht von den Bürgern -, ist eine der ganz großen Tragödien unserer Zeit.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH


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