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So gelangen Sie zu Ihrem goldrichtigen Portfolio

08.11.2019  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Das ist, ökonomisch gesehen, alles andere als überraschend: Aktien von Unternehmen, die erfolgreich am Markt tätig sind, werden mit der Zeit wertvoller. Das schlägt sich in steigenden Aktienkursen nieder. Gold weist hingegen keinen solchen inneren Wertzuwachs im Zeitablauf auf; es ist eben "nur" eine Geldart, und als solche steht sie nicht in Konkurrenz zu Aktien, sondern zu den anderen, den ungedeckten Geldarten. Wie Abb. 1 zeigt, hat das Aktien-Gold-Verhältnis im Betrachtungszeitraum gewaltig geschwankt: Im Sommer 1999 erreicht es den Höchstwert von fast 43, im Juli 1980 fiel es auf den Tiefststand von 1,4. Daraus lässt sich das Folgende ableiten:

In Phasen, in denen das Aktien-Gold-Verhältnis gestiegen ist (diese Phasen sind in Abb. 1 grau markiert), war das Halten von Aktien vorteilhafter als das Halten von Gold; und in den übrigen Phasen galt genau das Umgekehrte: Hier war das Halten von Gold vorteilhafter als das Halten von Aktien. Beispielsweise war es von August 1999 bis Oktober 2012 ratsam, auf Gold und nicht auf Aktien zu setzen. Seither gilt das Umgekehrte. Was kann der Anleger aus diesen Zusammenhängen ableiten?

Wenn der Anleger ein gutes Gespür für das "Market Timing" hat, kann er durch zeitiges Umschichten von Aktien in Gold und umgekehrt eine sehr hohe Investitionsrendite erzielen. Doch leider beherrschen nur ganz wenige das "Market Timing". Den meisten Anlegern (und der Autor dieser Zeilen zählt sich dazu) gelingt es nicht, genau zum richtigen Zeitpunkt Aktien gegen Gold oder Gold gegen Aktien zu tauschen. Doch es ergeben sich andere Handlungsoptionen.

Für Anleger beispielsweise, die mit einem langen Zeithorizont operieren, und die nicht mit systembedrohenden Krisenereignissen rechnen, wäre es durchaus sinnvoll, nur auf Aktien zu setzen ("Nur-Aktien"-Portfolio) - denn ihr Kalkül, konsequent zu Ende gedacht, läuft darauf hinaus, dass Aktien langfristig weiterhin, wie in der Vergangenheit auch, stärker steigen als der Goldpreis, auch wenn sie kurzfristig starken Kursschwankungen unterliegen können.

Für Anleger, die mit dem Eintreten von Krisen rechnen, die aber den Eintrittszeitpunkt der Krisen nicht kennen, ist es ratsam, ein Portfolio aus Aktien und Gold zu halten. Keine Aktien zu halten und nur auf Gold zu setzen ("Nur-Gold"-Portfolio") ist nicht risikolos: Tritt die befürchtete Krise nicht ein oder erst nach einer sehr langen Zeit, entgehen dem Anleger mitunter hohe Kurs- und Dividendenerträge, die er nachfolgend vielleicht gar nicht mehr aufholen kann.

Langfristig gesehen wird die Rendite eines "Aktien-und-Gold"-Portfolios sehr wahrscheinlich geringer ausfallen als die Rendite eines "Nur-Aktien"-Portfolios, wenn sich die Kapitalmarktentwicklung der letzten Jahrzehnte auch künftig fortsetzt - wenn es also auch künftig Booms und Busts geben wird, die aber nicht in einem "Systemkollaps" enden.

Wenn der Anleger hingegen die Erwartung hat, dass es einen Systemkollaps geben kann, besteht sogar die Möglichkeit, dass er - wenn seine Befürchtung tatsächlich eintritt - mit einem "Aktien-und-Gold"-Portfolio letztlich doch eine höhere Rendite erzielen wird als mit einem "Nur-Aktien"-Portfolio. Die nachstehende Tabelle fasst diese Überlegungen noch einmal zusammen.

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Eine Sache der Risikoeinschätzung

Dass wir uns einer Zeit bewegen, die ganz besondere Risiken mit sich bringt, steht außer Frage. Denn das internationale ungedeckte Papiergeldsystem befindet sich in sehr schwierigem Fahrwasser: die Verschuldung ist fast überall sehr hoch; und der Gang der Konjunkturen hängt mehr denn je davon ab, dass die Kreditmarktzinsen auf immer niedrigere Niveaus geschleust werden. Sparer werden mittels Null- und Negativzinsen zu Gunsten der Schuldner schleichend enteignet, damit die Kreditpyramide nicht in sich zusammenstürzt.

Gleichzeitig sind die Marktkräfte, die das System ins Taumeln bringen könnten, durch die Zentralbankpolitiken geschwächt beziehungsweise lahmgelegt worden - und das hat die Möglichkeiten für einen Krisenausbruch verringert. Eine der wohl wichtigsten Eingriffe der Zentralbanken ist die Zinskontrolle: Die Geldbehörden setzen mittlerweile nicht mehr nur die Kurzfristzinsen, sondern auch die Langfristzinsen. Und die Investoren wissen, dass die Zentralbanken keine steigenden Zinsen wünschen - weil sonst das Schuldensystem ins Wanken gerät.

Angesichts der Marktmacht der Zentralbanken unterlassen die Investoren es, auf steigende Zinsen zu spekulieren - denn das würde für sie in einem Verlustgeschäft enden. Damit einhergehend haben die Zentralbanken ein "Sicherheitsnetz" unter die Konjunkturen und Finanzmärkte gespannt: Die Finanzmarktakteure haben sich darauf eingerichtet, dass die Zentralbanken im Krisenfall einspringen und die Wirtschaft und das Finanzsystem "retten".

Das hat die Kreditausfallsorgen abgesenkt. Die Folge sind künstlich gesenkte Kredit- und Kapitalkosten, die das Verschulden ermutigen, Unternehmer zu neuen Investitionen verlocken und die Preise für Finanzinstrumente und Rohstoffe in die Höhe treiben. Auf diese Weise wird ein "Scheinaufschwung" angestoßen und in Gang gehalten. Wie lange wird er noch andauern?

Vermutlich weiß das kaum jemand. Und die Wahrscheinlichkeit ist nicht gering, dass das, was eigentlich nach gesundem ökonomischen Sachverstand eintreten müsste, vorerst nicht eintritt, beziehungsweise dass es später eintreten könnte, als man heute glaubt. Wer dieser Einschätzung etwas abgewinnen kann, für den empfiehlt es sich, über ein "Aktien-und-Gold"-Portfolio nachzudenken.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH


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