Kohlekraftwerke: Der "Squeeze out" hat begonnen
20.01.2020 | Robert Rethfeld
Der deutsche Börsenstrompreis war im Jahr 2019 der niedrigste in Europa. Mitte Januar 2020 betrug der an der EEX Leipzig gehandelte durchschnittliche Strompreis 32,65 Euro pro Megawattstunde. Während der Börsenstrompreis seit dem Herbst 2018 fällt, steigt gleichzeitig der Preis für CO2-Zertifikate. Dies hat Folgen.
Die so genannte "Merit Order" beschreibt die Einsatzreihenfolge der Kraftwerke zur Stromerzeugung. Beginnend mit den niedrigsten Grenzkosten werden so lange Kraftwerke zugeschaltet, bis die Nachfrage gedeckt ist. Photovoltaik- und Windkraftwerke setzen die kostenlosen "Brennstoffe" Wind und Sonne ein, daher stehen sie am Anfang der Zuschaltkette. Ähnliches gilt für Wasserkraftwerke.
Braunkohle wird regional im Tagebau "abgeräumt", auf Förderbänder ins Kraftwerk geschoben und verbrannt. Produktion und Verbrauch finden vor Ort statt, Abhängigkeiten von einem Weltmarkt bestehen nicht. Dies führt dazu, dass die Betreiber mit so geringen Brennstoffkosten (2 Cents pro MWh) kalkulieren können, dass sie fast einen zu vernachlässigenden Faktor darstellen. In der Reihenfolge der Brennstoffkosten sind Steinkohlekraftwerke teurer als Braunkohlekraftwerke, aber günstiger als Gaskraftwerke. Sowohl für Steinkohle als auch für Erdgas existieren Marktpreise.
Die "Merit Order" ist ein vereinfachendes Modell, kann aber helfen, die aktuell interessanten Verschiebungen zu erklären. Würde die Reihenfolge nur nach den Brennstoffkosten festgelegt, würden Braun- und Steinkohlekraftwerke stets den Vorzug vor Gaskraftwerken erhalten. Geschehen ist jedoch das Gegenteil: Im Jahr 2019 verdrängten GuD-Kraftwerke (Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerke) immer häufiger die Braun- und Steinkohlekraftwerke, so dass Kohlekraftwerke immer weniger Einsatzzeit erhielten. Gegenüber dem Jahr 2018 ging der Braunkohleanteil an der Stromerzeugung um 22,3 Prozent, der Steinkohlanteil gar um 32,8 Prozent zurück. Entsprechend rückläufig waren die CO2-Emissionen.
Preis für CO2-Zertifikate steigt
Als Ursache lässt sich der Preisanstieg der CO2-Verschmutzungsrechte festmachen. Der EU-Emissionshandel für CO2-Zertifikate funktionierte lange nicht. Überkapazitäten und Ausnahmen sorgten für niedrige Preise, mache sprechen von Geschenken an die Kraftwerksbetreiber. Nachdem die EU eine stärkere Verknappung der Zertifikate beschloss, stieg der Preis für die CO2-Zertifikate. Mitte Januar 2020 betrug er 25,45 Euro/Tonne. Somit nähern sich Börsenstrompreis und der CO2-Zertifikatepreis an.
Braunkohle ist billig, aber dreckig
Ein Braunkohlekraftwerk emittiert etwa eine Tonne CO2 pro Megawattstunde (MWh) und ist damit der schmutzigste Kraftwerkstyp. Steinkohlekraftwerke kommen auf etwa 80%, GuD-Kraftwerke auf etwa 35% dieses Wertes. Die Wirtschaftlichkeitsrechnung für den Einsatz von Braunkohlekraftwerken basiert auf der Differenz zwischen dem an der Strombörse erzielbaren Verkaufspreis und dem Preis für CO2-Zertifikate plus Brennstoff- und Betriebskosten. Ein Kraftwerk zu betreiben, dessen Kosten für CO2-Zertifikate höher liegen als der erzielbare Erlös, macht keinen Sinn. Der folgende Chart zeigt die sinkende Differenz zwischen Börsenstrompreis und CO2-Zertifikatepreis.
Rechnet man die Brennstoffkosten und weitere variable Kosten des Betriebs hinzu, dann ist der "Squeeze out" der Braun- und auch Steinkohlekraftwerde nachvollziehbar. In der Einsatzreihenfolge rücken GuD-Kraftwerke nach vorn. Während moderne GuD-Kraftwerke innerhalb von Minuten ihre Leistungsabgabe adjustieren können, reagieren Braunkohlekraftwerke träge. Braunkohle-Kraftwerksbetreiber nehmen lieber kurzzeitig negative Strompreise in Kauf, bevor sie Blöcke abschalten.
Die so genannte "Merit Order" beschreibt die Einsatzreihenfolge der Kraftwerke zur Stromerzeugung. Beginnend mit den niedrigsten Grenzkosten werden so lange Kraftwerke zugeschaltet, bis die Nachfrage gedeckt ist. Photovoltaik- und Windkraftwerke setzen die kostenlosen "Brennstoffe" Wind und Sonne ein, daher stehen sie am Anfang der Zuschaltkette. Ähnliches gilt für Wasserkraftwerke.
Braunkohle wird regional im Tagebau "abgeräumt", auf Förderbänder ins Kraftwerk geschoben und verbrannt. Produktion und Verbrauch finden vor Ort statt, Abhängigkeiten von einem Weltmarkt bestehen nicht. Dies führt dazu, dass die Betreiber mit so geringen Brennstoffkosten (2 Cents pro MWh) kalkulieren können, dass sie fast einen zu vernachlässigenden Faktor darstellen. In der Reihenfolge der Brennstoffkosten sind Steinkohlekraftwerke teurer als Braunkohlekraftwerke, aber günstiger als Gaskraftwerke. Sowohl für Steinkohle als auch für Erdgas existieren Marktpreise.
Die "Merit Order" ist ein vereinfachendes Modell, kann aber helfen, die aktuell interessanten Verschiebungen zu erklären. Würde die Reihenfolge nur nach den Brennstoffkosten festgelegt, würden Braun- und Steinkohlekraftwerke stets den Vorzug vor Gaskraftwerken erhalten. Geschehen ist jedoch das Gegenteil: Im Jahr 2019 verdrängten GuD-Kraftwerke (Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerke) immer häufiger die Braun- und Steinkohlekraftwerke, so dass Kohlekraftwerke immer weniger Einsatzzeit erhielten. Gegenüber dem Jahr 2018 ging der Braunkohleanteil an der Stromerzeugung um 22,3 Prozent, der Steinkohlanteil gar um 32,8 Prozent zurück. Entsprechend rückläufig waren die CO2-Emissionen.
Preis für CO2-Zertifikate steigt
Als Ursache lässt sich der Preisanstieg der CO2-Verschmutzungsrechte festmachen. Der EU-Emissionshandel für CO2-Zertifikate funktionierte lange nicht. Überkapazitäten und Ausnahmen sorgten für niedrige Preise, mache sprechen von Geschenken an die Kraftwerksbetreiber. Nachdem die EU eine stärkere Verknappung der Zertifikate beschloss, stieg der Preis für die CO2-Zertifikate. Mitte Januar 2020 betrug er 25,45 Euro/Tonne. Somit nähern sich Börsenstrompreis und der CO2-Zertifikatepreis an.
Braunkohle ist billig, aber dreckig
Ein Braunkohlekraftwerk emittiert etwa eine Tonne CO2 pro Megawattstunde (MWh) und ist damit der schmutzigste Kraftwerkstyp. Steinkohlekraftwerke kommen auf etwa 80%, GuD-Kraftwerke auf etwa 35% dieses Wertes. Die Wirtschaftlichkeitsrechnung für den Einsatz von Braunkohlekraftwerken basiert auf der Differenz zwischen dem an der Strombörse erzielbaren Verkaufspreis und dem Preis für CO2-Zertifikate plus Brennstoff- und Betriebskosten. Ein Kraftwerk zu betreiben, dessen Kosten für CO2-Zertifikate höher liegen als der erzielbare Erlös, macht keinen Sinn. Der folgende Chart zeigt die sinkende Differenz zwischen Börsenstrompreis und CO2-Zertifikatepreis.
Rechnet man die Brennstoffkosten und weitere variable Kosten des Betriebs hinzu, dann ist der "Squeeze out" der Braun- und auch Steinkohlekraftwerde nachvollziehbar. In der Einsatzreihenfolge rücken GuD-Kraftwerke nach vorn. Während moderne GuD-Kraftwerke innerhalb von Minuten ihre Leistungsabgabe adjustieren können, reagieren Braunkohlekraftwerke träge. Braunkohle-Kraftwerksbetreiber nehmen lieber kurzzeitig negative Strompreise in Kauf, bevor sie Blöcke abschalten.