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Gold halten zahlt sich aus. Vor allem für Langfristanleger

19.06.2020  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Um die Problematik der Timing-Strategie besser verständlich zu machen, nehmen wir an, die für den Anleger relevante Anlageperiode war vom 3. Januar 2000 bis zum 11. Juni 2020. Wer am Anfang dieser Zeitperiode Gold gekauft und bis heute gehalten hat, der erzielte - wie einleitend bereits angemerkt - eine Preissteigerung von 9,4 Prozent pro Jahr im Durchschnitt (Abb. 3). Nehmen wir an, der Anleger hätte eine Timing-Strategie verfolgt, wäre also häufig (aufgrund seiner persönlichen "Markteinschätzung") in den Goldmarkt eingestiegen und auch häufig wieder ausgestiegen.

Wenn er dabei die besten zehn Tage verpasst hätte, wäre seine jahresdurchschnittliche Rendite nur noch 6,1 Prozent gewesen. Anders ausgedrückt: Wenn er Gold am 3. Januar 2000 zu dem damaligen Marktpreis von 291 USD/oz gekauft hätten, hätte er bis heute nur eine Goldpreissteigerung auf 991 USD/oz erzielt (hätte also bei weitem nicht das heutige Niveau von 1.730 USD/oz erreicht). Und hätte er die besten 20 Tage verpasst, wäre seine jahresdurchschnittliche Rendite lediglich 3,8 Prozent gewesen. Um im Bild zu bleiben: Für ihn wäre der Goldpreis nur auf 645 USD/oz gestiegen.

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Quelle: Refinitiv; Berechnungen Degussa. Periode: 3. Januar 2000 bis 11. Juni 2020. Tagesdaten.


Eine Frage des Wertes

Diese Zahlen deuten an: Das langfristige Halten von Gold hat sich ausgezahlt, beziehungsweise Markt-Timing-Strategien bergen Verlustrisiken, wenn man nicht sicher sein kann, dass man das kurzfristige Auf und Ab der Goldpreise verlässlich abschätzen kann. Damit sind in erster Linie nicht Verlustrisiken im Sinne von dauerhaften Kapitalverlusten gemeint; schließlich ist es ganz unwahrscheinlich, dass das Gold in einem weltweiten ungedeckten Papiergeldsystem dauerhaft entwertet wird. Die Verlustrisiken bestehen vielmehr in entgangenen Erträgen, die man mit anderen Anlagen hätte erzielen können.

Ein weiteres, ganz grundsätzliches Problem soll hier zur Sprache kommen, das sich bei Markt-Timing-Strategien stellt: Man muss hier wissen, wann etwas zu teuer ist, und wann etwas zu billig ist. Mit anderen Worten: Man braucht eine Vorstellung darüber, wo der „faire Wert“ der Sache liegt, die man kaufen oder verkaufen will. Der faire Wert bei zum Beispiel Aktien lässt sich - zumindest theoretisch - ermitteln als die Summe der auf die Gegenwart abgezinsten Unternehmensgewinne. Wo aber liegt denn der faire Wert des Goldes? Wie lässt er sich bestimmen?

Es gibt leider keine hieb- und stichfeste Bewertungsformel für Gold. Das gilt übrigens auch für alle anderen Währungen beziehungsweise deren Austauschrelationen (also für die Wechselkurse). Viele Goldanleger ziehen daher die Charttechnik zu Rate, andere (wie der Autor dieses Aufsatzes) wenden empirische Schätzmodelle an, um den Goldpreis anhand von makroökonomischen Entwicklungen zu erklären und abzuschätzen. Die Beurteilung, wann Gold "teuer", "billig" oder "richtig" bewertet ist, bleibt jedoch eine schwierige, eine mit erheblicher Unsicherheit behaftete Angelegenheit, und daher ist das Markt-Timing risikoreich.

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Quelle: Refinitiv; Graphik Degussa. Gestrichelte Linie: Linearer Trend.



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