Der europäische Wiederaufstieg
27.08.2020 | John Mauldin
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Hier eine persönliche Geschichte: Vor drei Jahren war ich in Frankfurt und hielt eine Rede bei einer deutschen Rentenfondskonferenz. Mir wurde erzählt, dass die 200+ Teilnehmer die deutliche Mehrheit der deutschen Rentenassets repräsentieren würden. Mit Einverständnis des Moderators fragte ich die Teilnehmer, ob sie die EU für eine gute Sache halten würden. 90%+ hoben ihre Hände. Dann fragte ich sie, ob sie gewillt wären, irgendein anderes südliches EU-Land in einer Krise zu finanzieren, um die EU zusammenzuhalten. Weniger als 10% hoben die Hände. Ich erinnerte sie daran, dass Deutschland 50% auf Export beruht und dass der Euro, der primär deutsch ist, deutlich höher gegenüber dem südlichen Europa läge und Deutschland und dessen Wirtschaft verwüsten würde. Ich wiederholte die Frage. Noch immer saßen 90% auf ihren Händen.
Das waren wirtschaftlich gebildete Leute. Sie verstanden genau, was ich sagte. Ich sprach diese Thematik in späteren Konversationen und Mahlzeiten an und stellte wenig Unterschied zwischen ihrer öffentlichen und privaten Haltung fest. Wenn diese Gruppe schon so entschlossen war, kein deutsches Geld zu verwenden, um Südeuropa zu helfen, was würden dann die guten Bürger aus Bayern denken? Macron sieht sich ebenfalls deutlichem Widerstand in Frankreich gegenüber. Dass Merkel und Macron die Notwendigkeit eines Paneuropäischen Finanzplans erkennen und tatsächlich die Fähigkeit besitzen, diesen zu verwirklichen, ist erstaunlich.
Dieser Plan wird der EU praktisch eine eigene Fiskalpolitik verpassen und über die kleineren Unterstützungsmaßnahmen, die man in der letzten Eurokrise unternahm, hinausgehen. Ich habe lange angemerkt, dass es keine Währungsunion in der Geschichte gab, die nicht letztlich eine fiskalpolitische Union umfasste. Für Europa würde dies eine Mutualisierung eines Großteils der Staatsschulden bedeuten. Ich habe schon immer gedacht, dass die EU ohne diese Mutualisierung letztlich auseinanderfallen wird. Verstehen Sie mich nicht falsch, der aktuelle Plan Europas ist ein kleiner Schritt hin zu einem größeren Schritt hin zu einer engeren Europäischen Union. Wie kam das zustande?
Eine Gruppe nordeuropäischer Staaten, wobei Deutschland der größte ist, haben derartige Ideen lange Zeit basierend auf "subjektivem Risiko" blockiert. Dieser Widerstand scheint sich in Luft aufgelöst zu haben, zumindest für das erste 750 Milliarden Euro Rettungspaket. Das kommt so dabei heraus, wenn mein seiner eigenen wirtschaftlichen Sterblichkeit ins Auge blickt. Es fokussierte ihre kollektiven Geister. Doch man sollte auch Merkel und Macron Anerkennung gewähren. Sie haben andere Staatsoberhäupter davon überzeugt, ihren Stolz/Vorbehalte hinunterzuschlucken und haben alle 27 Mitglieder zur Zustimmung gebracht.
Mein Freund Ian Bremmer, geopolitischer Experte bei Eurasia Group, nannte es "die erfolgreichste und proaktivste Darstellung internationaler Führungsmacht, seit die Pandemie begann (und tatsächlich seit Ende der großen Rezession 2008 bis 2009)." Das ist nicht, was er leichtfertig sagen würde. Er fuhr fort:
Kurzfristig ist jeder ein Gewinner - etwas, das wir in den Zeiten der Pandemie nicht oft sagen. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Emmanuel Macron unterstützen eine Pro-Europa-Vereinigungs-Agenda und schwächen so Euro-Skeptiker in ihren Heimatländern und über den Kontinent hinweg. Präsidenten der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen kann eine erfolgreiche Reaktion auf die 10%+ Wirtschaftskontraktion anpreisen; eine die Mitgliedsstaaten mit höheren Schuldenniveaus und eingeschränktem steuerlichen Spielraum nicht weiter belastet.
Die Italiener und Spanier erhalten verzweifelt benötigte Hilfe, die ihre Regierungen gegenüber wachsender Anti-Etablissement-Stimmung stärkt. Während mögliche Vetos von existierenden, populistischen Staatsoberhäuptern in Osteuropa durch das Zugeständnis verhindert wurden, dass es eingeschränkte, politische Bedingtheiten für den Transfer gäbe. Selbst sparsame Länder, mit dem niederländischen Premierminister Mark Rutte an der Spitze, waren in der Lage, ausreichende Zugeständnisse für ihre inländischen Rechtsprechungen zu erhalten:
Einige Zurückzahlungen ihrer EU-Haushaltsbeiträge und die Fähigkeit, Zahlungen hinauszuzögern, sollten wirtschaftliche Maßnahmen in Erhalter-Staaten nicht zu der ernsthaften, wirtschaftlichen Umstrukturierung resultieren, die die "sparsamen" Staaten sehen möchten.
Das hat auch weitreichendere Auswirkungen. Die ärmeren Staaten, die dieses Geld erhalten, sind auch diejenigen, in denen populistische und Anti-EU-Gefühle am stärksten sind. Die Kredite und Zuschüsse sollten sie zumindest etwas näher an die Union bringen.
Fazit: Die sehr reale Möglichkeit, vor nur einigen Monaten, dass Brexit-ähnliche Gefühle zu einer Spaltung der EU führen könnten, scheint nun vom Tisch zu sein - zumindest für einige Jahre. Pro-EU-Staatsoberhäupter haben die Pandemie erfolgreich dazu verwendet, die EU-Macht zu erweitern und die Opposition zu bestechen. Dies ist eine deutliche Veränderung des Zeitgeistes. Dies wird überall finanzielle Auswirkungen haben. Das Prinzip, dass die Europäische Kommission nun Anleihen ausgeben und Steuern sammeln kann, wurde nun etabliert. Das ist eine große Sache. Doch lassen Sie uns nun besprechen, wie Sie davon profitieren können.
Relative Stolperei
Aktive Trader und Investoren kennen den "Spread"-Trade. Dieser wird verwendet, wenn man denkt, dass ein Asset höher steigen wird als ein anderes. Man kauft das schneller steigende Asset und shortet das andere. Was zählt, ist die "Spread" zwischen den beiden, nicht die Richtung. Sie wetten, dass der Verlierer schwächer ist als der Gewinner, egal ob beide steigen, sinken oder nicht.