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Inflation und Geldpolitik - Das Märchen von den stabilen Preisen

24.07.2007  |  Daniel Haase
- Seite 4 -
Moralische Auswirkungen der Inflation

Sparen ist der Verzicht auf sofortigen Konsum. Dahinter steht in der Regel der Wunsch des Sparers, eine gewisse finanzielle Unabhängigkeit zu erlangen, anstatt in Notsituationen auf private oder staatliche Almosen angewiesen zu sein. Sparer sind für den Bestand einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung sehr wichtig. Wer ausreichend spart, droht auch in Notsituationen nicht zum abhängigen, unmündigen Bittsteller der Regierung zu werden.

Inflationäre Geldpolitik führt nun aber dazu, sparsames Verhalten durch das Ausbleiben eines Erfolges zu bestrafen. Sind die Zinserträge nach Abzug der Besteuerung niedriger als die Preissteigerungen, so entwertet sich die Kaufkraft des angesparten Vermögens sukzessive. Selbst relativ geringe Inflationsraten entfalten im Verlauf mehrerer Jahre eine für Sparer sehr unangenehme Wirkung.


Inflation enthemmt Konsumverhalten

Die inflationäre Geldpolitik senkt aber nicht nur die Anreize des Sparens, sie senkt auch die Hemmschwellen zur privaten Verschuldung. Kaum etwas unterscheidet die junge Generation in ökonomischer Sicht so sehr von der Generation ihrer Großeltern wie das Verhältnis zu privaten Schulden. Private Verschuldung war früher bestenfalls für den Kauf eines Hauses opportun, und selbst dann war man bestrebt, große Teile des Kaufpreises selbst zu bezahlen und die Hypothek für den Rest zügig zu tilgen. Dem Schuldnerdasein haftete ein Makel an, den jeder möglichst schnell wieder loswerden wollte.


Kredit für alles und jeden

Heutzutage ist in vielen Ländern Eigenkapital für den Erwerb einer Immobilie nicht mehr notwendig. Für eine moderne Kücheneinrichtung bieten inzwischen alle namhaften Hersteller Finanzierungsmodelle an, und für die übrigen Möbel gibt es Konsumentenkredite. Wer sein Auto noch selbst bezahlt, ist vermutlich Rentner. Werkstätten locken mit der Finanzierung von Sommer- und Winterreifen und manchmal gar simpler Reparaturleistungen. Spielzeug kauft man auf Kredit und Urlaubs- wie auch teure Hochzeitsreisen können per Ratenzahlung abgestottert werden. Nicht selten sind die Erinnerungen an den Urlaub längst verblasst bzw. die Flammen der Liebe erloschen, bevor die letzte Rate dem ohnehin schon arg strapazierten Konto belastet wird.

Immer häufiger sehen sich aber Verbraucher nicht mehr in der Lage, all ihren finanziellen Verpflichtungen nachzukommen. So ist es bezeichnend, dass TVSender den Unterhaltungswert privater Konkurse (heute vornehmer als Insolvenz bezeichnet) erkannt und entsprechende Shows aufgelegt haben. Jedem, der sich näher mit den moralischen Konsequenzen einer inflationären Geldpolitik auseinandersetzen will, kann das aufmerksame Studium dieser Sendungen nur empfohlen werden.

Auf Dauer zerstört die Inflation den Zusammenhang zwischen Leistung und Erfolg. Wer spart, kann dennoch in Altersarmut verelenden, weil die Kaufkraft seiner Ersparnisse schwindet. Man kann über seine Verhältnisse leben und zahlt eventuell nie den vollen Preis, da sich die Schulden durch die Inflation selbst entwerten. Erfolg wird häufiger ein Produkt des Zufalls und die Leistungsbereitschaft breiter Bevölkerungsschichten degeneriert.


Anmerkung zur Deflation:

In Japan hat es zwar Rückgänge bei den Konsumentenpreisen und auch am Aktien- und Immobilienmarkt gegeben. Eine wirkliche Deflation gemäß der klassischen Definition (Abnahme der Geldmenge) hat es aber nie gegeben. Die Inflation tobte sich am Anleihemarkt aus, wo die Preise der 10-jährigen japanischen Regierungsanleihen trotz massiven Anstiegs der Staatsverschuldung so stark anzogen, dass die Verzinsung auf ein absurdes Niveau von nur noch 0,4% sank.

Deflation (von lat. deflare = Luft herauslassen) wird häufig mit der großen Depression 1929-32 in Verbindung gebracht. Doch dieser Depression ging ein gigantischer inflationärer Boom voraus. Nicht umsonst spricht man noch heute von den "goldenen 20er Jahren". In dieser Zeit erlangten Konsumentenkredite erstmals eine größere volkswirtschaftliche Bedeutung in der Automobilfinanzierung.

Folgt die Deflation einem Verschuldungsboom, so ist sie ausnahmslos verheerend. Ist eine Volkswirtschaft erst einmal so hoch verschuldet wie heute die amerikanische, würde sie unter der Last einer echten Deflation zusammenbrechen. Dass es in unserem System zu einer echten Kontraktion der Kreditmenge kommt, ist kaum wahrscheinlich. Vermutlich wird einer ausgeprägten Inflation, vielleicht gar einer Hyperinflation, ein Währungsschnitt folgen, sozusagen eine Sekunden-Deflation, um dann wieder bei Null anfangen zu können.





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