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Interview: "Gold ist das Grundgeld der Menschheit"

27.09.2020  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
1. Der Goldpreis hat vor kurzem neue Rekordstände auch auf Dollarbasis erreicht. Ist es schon zu spät um jetzt noch in Gold zu investieren?

Das internationale ungedeckte Geldsystem ist in Schieflage. Die Volkswirtschaften sind heillos überschuldet. Mit Null- und Negativzinsen und dem Vermehren der Geldmengen wird der Systemkollaps verhindert. Die Probleme, für die die Zentralbanken mit ihrem ungedeckten Geldsystem sorgen, werden dadurch aber nur übertüncht, nicht gelöst. Das Risiko, dass US-Dollar, Euro und Co im Zuge der "Systemrettung" heftig entwertet werden, halte ich für sehr wahrscheinlich.

Das Experiment mit dem ungedeckten Geld wird ganz bestimmt kein gutes Ende nehmen. Vor diesem Hintergrund halte ich den Goldpreis keineswegs für überteuert. Der Goldpreisanstieg in den letzten 20 Jahren war nur der Beginn des "Big Short" auf das ungedeckte Geld. Nein, es ist noch nicht zu spät, Goldpositionen aufzubauen.


2. Silber ist noch weit von seinem Allzeithoch entfernt. Sollten Anleger in der aktuellen Situation Silber bevorzugen?

Wer mit einem weiter steigenden Goldpreis rechnet, der hat gute Gründe, auch Silber zu kaufen. Die Erfahrung zeigt einen recht engen und positiven Preisverbund zwischen Gold und Silber. In den letzten Jahren hatten die Investoren das Interesse an Silber verloren, der Preisabschlag des Silbers war gewaltig. Doch das hat sich spätestens seit März 2020 geändert, wie vor allem die hohen Zuflüsse in Silber-ETFs und -ETCs andeuten, die sich mittelweile auf mehr als eine Jahresproduktion belaufen.

Positiv für den Silberpreis ist auch, dass der physische Markt nunmehr einen Nachfrageüberhang zeigt. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Silberpreis künftig merklich stärker steigen wird, halte ich für sehr hoch.


3. Rechnen Sie mit einer Zunahme der Kursschwankungen bei Gold und Silber?

Für langfristig orientierte Anleger - ob sie in Aktien, Anleihen oder Edelmetalle anlegen - sind Kursschwankungen im Grunde irrelevant. Die sogenannten "Preisvolatilität", die Sie ansprechen, ist eine Erfindung der Finanzindustrie. Aber sie ist ein irreführendes Risikomaß. Das wirkliche Risiko für den Anleger besteht darin, dass er sein eingesetztes Kapital letztlich nicht zurückbekommt, dass er die erhoffte Rendite nicht erzielt.

Ungeachtet dessen ist es durchaus möglich, dass das Auf und Ab der Edelmetallpreise, aber auch der Aktien und anderer Finanzmarktprodukte künftig zunehmen wird. Denn auch die internationale Finanzmarktinfrastruktur verändert sich disruptiv. Unter den herrschenden Bedingungen des ungedeckten Geldsystems sind temporäre Preisrückgänge bei Gold und Silber aber Kaufgelegenheiten.


4. Welche Faktoren beeinflussen aus Ihrer Sicht den zukünftigen Goldpreis?

Gold wird aufgrund dieser Motive nachgefragt: Schmuckerzeugung, Industrieverwendung und monetäre Zwecke. Ich denke, die Goldnachfrage für Investment- und Geldzwecke wird auch künftig weiter stark wachsen. Gold wird sozusagen "remonetisiert". Zwei Faktoren dürften besonders bedeutsam für die Goldpreisbildung sein: das Geldentwertungs- und das Systemzusammenbruchrisiko. Diese beiden Risiken sind in der kurzen Frist zwar substitutiv: Je mehr Geld gedruckt wird, desto geringer das Risiko eines Systemzusammenbruchs, und desto größer wird das Risiko der Geldentwertung. Langfristig sind beide Risikofaktoren jedoch komplementär, und sie verstärken sich im Zeitablauf.


5. Erwarten Sie in absehbarer Zeit eine Normalisierung des Zinsniveaus?

Eine Zinsnormalisierung halte ich in den nächsten fünf bis zehn Jahren für sehr unwahrscheinlich. Vermutlich bedarf es einer de facto Währungsreform, damit eine normale Zinsbildung wieder möglich wird. Bedenken Sie: Die Zentralbanken haben die Zinsen auf beziehungsweise unter die Nulllinie gedrückt, um das Schuldgeldsystem vor dem Kollaps zu bewahren. Gleichwohl denke ich, der System-Crash, vor dem sich viele fürchten, kann und wird noch für einige Jahre hinausgezögert. Richten Sie sich besser auf ein Schrecken ohne Ende als auf ein Ende mit Schrecken ein!



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