Wohlstand und Freiheit oder Staatswirtschaft und Armut. Wie kommen wir aus der Krise?
10.10.2020 | Prof. Dr. Thorsten Polleit
"Die beste und sicherste Tarnung ist immer noch die blanke und nackte Wahrheit. Die glaubt niemand." So schrieb der Schweizer Schriftsteller Max Frisch (1911-1991).
Der blanken und nackten Wahrheit werden wir heute Abend auf die Spur kommen, und zwar unter der Überschrift: "Wohlstand und Frieden oder Staatswirtschaft und Armut". Wie kommen wir aus der Krise? Wenn Sie nach meinem Vortrag sagen: "Wir müssen auf freie Märkte setzen, wir dürfen uns nicht dem Staat anvertrauen", dann habe ich mein Ziel erreicht! Und wenn Sie sich auch noch für die Wege aus der Krise, die ich empfehle, begeistern, dann sind wir auch noch ein großes Stück vorangekommen, dem Sozialismus vielleicht doch noch von der Schippe springen zu können!
Der Wohlstand kommt von der freien Marktwirtschaft
Ich beginne mit einer sehr wichtigen Einsicht, die Ihnen tagtäglich begegnet, die Ihnen aber vielleicht so vertraut ist, dass Sie nicht mehr groß über sie nachdenken. Diese Einsicht lautet: Der freie Markt ist eine großartige Errungenschaft! Hier ist der Beweis: Gestern hatte ich Appetit auf einen Apfel. Der Obsthändler bot mir einen besonders schönen für 1 Euro an. Ich kaufte den Apfel zu diesem Preis. Frage: Was war der Apfel mir wert?
Antwort: Der Apfel war mir mehr wert als 1 Euro. Ansonsten hätte ich den Tausch ja nicht gemacht. Ich habe 1 Euro freiwillig hingegeben, der mir weniger wert war als der Apfel (der mir mehr wert war als 1 Euro).
Und der Obsthändler? Beim ihm war es genau umgekehrt: Ihm war der 1 Euro mehr wert als der Apfel. Deshalb hat der den Apfel freiwillig hingegeben im Tausch für 1 Euro.
Sie sehen: Freiwilliges Tauschen – und genau das findet im freien Markt statt – ist für alle Beteiligten nutzenstiftend. Sowohl ich als auch der Obsthändler haben uns durch den Tausch bessergestellt. Das ist das Wunder des freien Marktes! Der freie Markt kann aber noch viel mehr. Er sorgt dafür, dass die Güter produziert werden, die die Nachfrager zu kaufen wünschen. Unternehmer im freien Markt bemühen sich, die gewünschten Produkte und Dienstleistungen zu niedrigsten Preisen anzubieten – zum Wohl der Konsumenten.
Die Massenproduktion, die für den Verbrauch der breiten Bevölkerung bestimmt ist, ist ein Ergebnis der freien Märkte; und dass die Güterversorgung, der Lebensstandard für alle im Zeitablauf steigt. Das Geheimnis des freien Marktes ist das Gewinn-und-Verlust-Prinzip. Wenn die Unternehmen Güter produzieren, die von den Kunden gekauft werden, erzielen sie Gewinne. Diese Gewinne sind die Belohnung für gute Leistung, die von den Nachfragern honoriert wird.
Unternehmen, die Güter produzieren, die nicht nachgefragt werden, erleiden Verluste. Sie müssen besser werden, und wenn ihnen das nicht gelingt, scheiden sie aus dem Markt aus. Die besseren Unternehmen gewinnen dann Marktanteile hinzu, und davon profitieren die Kunden. In einem freien Marktsystem, das nicht vom Staat sabotiert wird, wird derjenige belohnt, der seinen Mitmenschen dient. Reichtum lässt sich in einem freien Markt nur schaffen, wenn die Verbraucher zufrieden sind mit der angebotenen Leistung. Der Kunde ist im wahrsten Sinne des Wortes König.
Ein Unternehmer muss sich jeden Tag aufs Neue beweisen. Lässt er nach in seiner Leistung, wandern die Kunden zu besseren Anbietern ab. Eine einmal errungene Erfolgsposition ist nicht in Stein gemeißelt. Der freie Markt befördert die Arbeitsteilung. Er sorgt dafür, dass jeder der Tätigkeit nachgeht, die er oder sie am relativ besten erfüllen kann.
Die Arbeitsteilung erhöht die Ergiebigkeit des Wirtschaftens: So lässt sich mehr und besser produzieren. Alle werden besser gestellt im Vergleich zu einer Situation, in der alle das, was sie benötigen, selbst erzeugen. Wenn Menschen sich arbeitsteilig organisieren, erkennen sie sich einander als hilfreich, als nützlich in der Bewältigung der Lebensherausforderungen, und das schweißt sie zusammen. Wer sich arbeitsteilig organisiert, der kämpft nicht gegeneinander, führt keinen Krieg. Der freie Markt wirkt friedenstiftend, national wie international.
Was aber ist mit Marktmacht, Kartellen und Monopolen? Und was ist mit Umweltschutz? Versagen da die freien Märkte nicht? Das sind gute und wichtige Fragen. Ich kann sie hier nicht ansprechen. An dieser Stelle sage ich nur: Die freien Märkte halten auch für diese drängenden Fragen passende Lösungen bereit!
Gegner der freien Märkte
Der Wohlstand des Westens ist das Ergebnis der freien Märkte. Ohne sie wäre der erreichte Grad an materieller Güterausstattung undenkbar. Ohne sie könnte eine Weltbevölkerung von mehr als 7 Milliarden Menschen nicht ernährt, bekleidet und behaust werden. Und trotz seiner Erfolgsbilanz hat das System der freien Märkte viele Gegner. Denn die freie Marktwirtschaft zeichnet etwas aus, was vielen tief in ihrem Inneren missfällt.
In einer freien Marktwirtschaft ist nämlich jeder seines Glückes Schmied. Jedermanns Lebensstellung hängt von ihm selbst ab. Jeder hat die Möglichkeit, mit Fleiß und Eifer aufzusteigen, seinen wirtschaftlichen Erfolg zu erringen. Jeder, dessen ehrgeizige Pläne sich nicht erfüllen, weiß daher recht gut, daß er seine Chancen nicht genutzt hat, daß er von seinen Mitmenschen geprüft, aber nicht als der Beste befunden wurde. Und das ist nicht immer leicht zu ertragen.
Wenn meine Frau mich vorwurfsvoll fragt: "Warum verdienst du nur so wenig Geld? Wenn du so tüchtig wärest wie dein früherer Schulkamerad Jeff Bezos, dann hätten wir jetzt ein Leben in Saus und Braus".
Wenn ich das höre, dann fühle ich mich gedemütigt. Und das Schlimme ist nicht nur die eigene Enttäuschung, sondern auch dass alle anderen sehen und wissen, dass ich nicht der Erfolgreichste bin. Und wenn ich mich da nicht im Griff habe, steigen Neid und Missgunst in mir auf. Diese Ressentiments richte ich natürlich nicht direkt gegen die Erfolgreichen. Oh nein, eine solche Blöße gebe ich mir nicht!
Ich sage meiner Frau: „Ja, der Jeff Bezos, der war schon in der Schule ein egoistischer Typ, immer auf seinen Vorteil bedacht. Wenn ich mich so wie Jeff verhalten hätte, ja dann hätte ich auch so reich werden können wie er. Aber ich bin eben ein ehrlicher Typ.“ Ich versuche der blanken und nackten Wahrheit zu entkommen, und ich suche nach einer Ausrede, nach einem Sündenbock. Und der ist schnell gefunden: Die freien Märkte sind es, die ungerecht, kalt und materialistisch sind, die solche Typen wie Jeff Bezos hervorbringen.
Ich erwärme mich an den Verheißungen des Sozialismus. Denn der verspricht eine gerechtere, eine gleichere und friedvollere Welt. Er will mich befreien vom unliebsamen Konkurrenzdruck, von meiner Unzufriedenheit, die ich im System der freien Märkte verspüre. Derartige Ressentiments erfassen nicht selten vor allem auch Menschen, die man als sogenannte „Intellektuelle“ bezeichnet. Das sind Leute, die eine höhere Bildung erfahren haben oder sich für gebildet halten, und die – das ist entscheidend – einen starken Einfluss durch Wort oder Schriften auf die Meinungen ihrer Mitmenschen ausüben.
Zu den Intellektuellen zählen zum Beispiel Lehrer, Professoren, Journalisten, Autoren, Literaten, Filmemacher, Schauspieler und Politiker. Die Intellektuellen meinen, ihre Tätigkeit sei besonders wichtig, dass sie höherstehend sei als die des Kaufmanns, des Geschäftsmanns, des Investors. Dass all diese Berufsgruppen höhere Einkommen haben als sie selbst, können die Intellektuellen nicht verstehen, es schürt vielmehr Missgunst in ihnen.
Der blanken und nackten Wahrheit werden wir heute Abend auf die Spur kommen, und zwar unter der Überschrift: "Wohlstand und Frieden oder Staatswirtschaft und Armut". Wie kommen wir aus der Krise? Wenn Sie nach meinem Vortrag sagen: "Wir müssen auf freie Märkte setzen, wir dürfen uns nicht dem Staat anvertrauen", dann habe ich mein Ziel erreicht! Und wenn Sie sich auch noch für die Wege aus der Krise, die ich empfehle, begeistern, dann sind wir auch noch ein großes Stück vorangekommen, dem Sozialismus vielleicht doch noch von der Schippe springen zu können!
Der Wohlstand kommt von der freien Marktwirtschaft
Ich beginne mit einer sehr wichtigen Einsicht, die Ihnen tagtäglich begegnet, die Ihnen aber vielleicht so vertraut ist, dass Sie nicht mehr groß über sie nachdenken. Diese Einsicht lautet: Der freie Markt ist eine großartige Errungenschaft! Hier ist der Beweis: Gestern hatte ich Appetit auf einen Apfel. Der Obsthändler bot mir einen besonders schönen für 1 Euro an. Ich kaufte den Apfel zu diesem Preis. Frage: Was war der Apfel mir wert?
Antwort: Der Apfel war mir mehr wert als 1 Euro. Ansonsten hätte ich den Tausch ja nicht gemacht. Ich habe 1 Euro freiwillig hingegeben, der mir weniger wert war als der Apfel (der mir mehr wert war als 1 Euro).
Und der Obsthändler? Beim ihm war es genau umgekehrt: Ihm war der 1 Euro mehr wert als der Apfel. Deshalb hat der den Apfel freiwillig hingegeben im Tausch für 1 Euro.
Sie sehen: Freiwilliges Tauschen – und genau das findet im freien Markt statt – ist für alle Beteiligten nutzenstiftend. Sowohl ich als auch der Obsthändler haben uns durch den Tausch bessergestellt. Das ist das Wunder des freien Marktes! Der freie Markt kann aber noch viel mehr. Er sorgt dafür, dass die Güter produziert werden, die die Nachfrager zu kaufen wünschen. Unternehmer im freien Markt bemühen sich, die gewünschten Produkte und Dienstleistungen zu niedrigsten Preisen anzubieten – zum Wohl der Konsumenten.
Die Massenproduktion, die für den Verbrauch der breiten Bevölkerung bestimmt ist, ist ein Ergebnis der freien Märkte; und dass die Güterversorgung, der Lebensstandard für alle im Zeitablauf steigt. Das Geheimnis des freien Marktes ist das Gewinn-und-Verlust-Prinzip. Wenn die Unternehmen Güter produzieren, die von den Kunden gekauft werden, erzielen sie Gewinne. Diese Gewinne sind die Belohnung für gute Leistung, die von den Nachfragern honoriert wird.
Unternehmen, die Güter produzieren, die nicht nachgefragt werden, erleiden Verluste. Sie müssen besser werden, und wenn ihnen das nicht gelingt, scheiden sie aus dem Markt aus. Die besseren Unternehmen gewinnen dann Marktanteile hinzu, und davon profitieren die Kunden. In einem freien Marktsystem, das nicht vom Staat sabotiert wird, wird derjenige belohnt, der seinen Mitmenschen dient. Reichtum lässt sich in einem freien Markt nur schaffen, wenn die Verbraucher zufrieden sind mit der angebotenen Leistung. Der Kunde ist im wahrsten Sinne des Wortes König.
Ein Unternehmer muss sich jeden Tag aufs Neue beweisen. Lässt er nach in seiner Leistung, wandern die Kunden zu besseren Anbietern ab. Eine einmal errungene Erfolgsposition ist nicht in Stein gemeißelt. Der freie Markt befördert die Arbeitsteilung. Er sorgt dafür, dass jeder der Tätigkeit nachgeht, die er oder sie am relativ besten erfüllen kann.
Die Arbeitsteilung erhöht die Ergiebigkeit des Wirtschaftens: So lässt sich mehr und besser produzieren. Alle werden besser gestellt im Vergleich zu einer Situation, in der alle das, was sie benötigen, selbst erzeugen. Wenn Menschen sich arbeitsteilig organisieren, erkennen sie sich einander als hilfreich, als nützlich in der Bewältigung der Lebensherausforderungen, und das schweißt sie zusammen. Wer sich arbeitsteilig organisiert, der kämpft nicht gegeneinander, führt keinen Krieg. Der freie Markt wirkt friedenstiftend, national wie international.
Was aber ist mit Marktmacht, Kartellen und Monopolen? Und was ist mit Umweltschutz? Versagen da die freien Märkte nicht? Das sind gute und wichtige Fragen. Ich kann sie hier nicht ansprechen. An dieser Stelle sage ich nur: Die freien Märkte halten auch für diese drängenden Fragen passende Lösungen bereit!
Gegner der freien Märkte
Der Wohlstand des Westens ist das Ergebnis der freien Märkte. Ohne sie wäre der erreichte Grad an materieller Güterausstattung undenkbar. Ohne sie könnte eine Weltbevölkerung von mehr als 7 Milliarden Menschen nicht ernährt, bekleidet und behaust werden. Und trotz seiner Erfolgsbilanz hat das System der freien Märkte viele Gegner. Denn die freie Marktwirtschaft zeichnet etwas aus, was vielen tief in ihrem Inneren missfällt.
In einer freien Marktwirtschaft ist nämlich jeder seines Glückes Schmied. Jedermanns Lebensstellung hängt von ihm selbst ab. Jeder hat die Möglichkeit, mit Fleiß und Eifer aufzusteigen, seinen wirtschaftlichen Erfolg zu erringen. Jeder, dessen ehrgeizige Pläne sich nicht erfüllen, weiß daher recht gut, daß er seine Chancen nicht genutzt hat, daß er von seinen Mitmenschen geprüft, aber nicht als der Beste befunden wurde. Und das ist nicht immer leicht zu ertragen.
Wenn meine Frau mich vorwurfsvoll fragt: "Warum verdienst du nur so wenig Geld? Wenn du so tüchtig wärest wie dein früherer Schulkamerad Jeff Bezos, dann hätten wir jetzt ein Leben in Saus und Braus".
Wenn ich das höre, dann fühle ich mich gedemütigt. Und das Schlimme ist nicht nur die eigene Enttäuschung, sondern auch dass alle anderen sehen und wissen, dass ich nicht der Erfolgreichste bin. Und wenn ich mich da nicht im Griff habe, steigen Neid und Missgunst in mir auf. Diese Ressentiments richte ich natürlich nicht direkt gegen die Erfolgreichen. Oh nein, eine solche Blöße gebe ich mir nicht!
Ich sage meiner Frau: „Ja, der Jeff Bezos, der war schon in der Schule ein egoistischer Typ, immer auf seinen Vorteil bedacht. Wenn ich mich so wie Jeff verhalten hätte, ja dann hätte ich auch so reich werden können wie er. Aber ich bin eben ein ehrlicher Typ.“ Ich versuche der blanken und nackten Wahrheit zu entkommen, und ich suche nach einer Ausrede, nach einem Sündenbock. Und der ist schnell gefunden: Die freien Märkte sind es, die ungerecht, kalt und materialistisch sind, die solche Typen wie Jeff Bezos hervorbringen.
Ich erwärme mich an den Verheißungen des Sozialismus. Denn der verspricht eine gerechtere, eine gleichere und friedvollere Welt. Er will mich befreien vom unliebsamen Konkurrenzdruck, von meiner Unzufriedenheit, die ich im System der freien Märkte verspüre. Derartige Ressentiments erfassen nicht selten vor allem auch Menschen, die man als sogenannte „Intellektuelle“ bezeichnet. Das sind Leute, die eine höhere Bildung erfahren haben oder sich für gebildet halten, und die – das ist entscheidend – einen starken Einfluss durch Wort oder Schriften auf die Meinungen ihrer Mitmenschen ausüben.
Zu den Intellektuellen zählen zum Beispiel Lehrer, Professoren, Journalisten, Autoren, Literaten, Filmemacher, Schauspieler und Politiker. Die Intellektuellen meinen, ihre Tätigkeit sei besonders wichtig, dass sie höherstehend sei als die des Kaufmanns, des Geschäftsmanns, des Investors. Dass all diese Berufsgruppen höhere Einkommen haben als sie selbst, können die Intellektuellen nicht verstehen, es schürt vielmehr Missgunst in ihnen.