Wohlstand und Freiheit oder Staatswirtschaft und Armut. Wie kommen wir aus der Krise?
10.10.2020 | Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Ihre Ursprünge sind beispielsweise beim italienischen Marxismus-Theoretiker Antonio Gramsci (1891-1937) auszumachen. Er vertrat die Auffassung, dass der Marxismus sich im Westen (anders als in Russland) nicht durch einen blutigen Umsturz errichten lasse.Man müsse hier anders vorgehen, und zwar müsse man das bürgerliche Moral- und Wertesystem umstürzen, die bürgerliche Gesellschaft zerrütten.
Ehe, Familie, Eigentum, Recht, Grenzen, Nation und christlicher Glaube sind zu relativieren und zu diskreditieren. Konflikte sind herbeizureden und zu schüren - zwischen Arm und Reich, Frau und Mann, Weißen und Schwarzen; die Sprache sei neu zu regeln (Stichwort "Political Correctness"); Geschichte müsse umgedeutet werden; Denkmäler seien umzureißen, das freie und vernünftige Denken abzuwürgen.
Und als Ursache aller gesellschaftlicher Übelstände wird das System der freien Märkte, der Kapitalismus, gebrandmarkt: Der Kapitalismus sei das Kernübel und müsse abgeschafft, durch den Sozialismus ersetzt werden. Diese Vermutung (dass im sozialistischen Lager die radikalen Kräfte immer stärker vordringen) scheint mir wichtig zu sein für die Deutung der Folgen, die die politisch diktierte Lockdown-Krise nach sich ziehen wird.
Weg in den Lenkungsstaat
Viele von Ihnen fragen sich vermutlich: Kommt mit der Corona-Krise der große "Crash"? Gehen die Banken unter, endet alles in Hyperinflation, zerfällt der Euro, bricht die EU auseinander?
Ich bin schon viele Jahre im Prognosegeschäft und darf sagen: So gern wir die Zukunft auch heute schon wissen wollen, die wissenschaftlichen Mittel reichen nicht aus, sie zu erkennen. Wir können nicht mit wissenschaftlicher Gewissheit wissen, was kommt. Was ich allerdings beobachte, ist, dass viele Prognosen die Macht und die Entschiedenheit der oligarchisierten Demokratien unterschätzen, wenn es gilt, sich vor dem Zusammenbruch zu bewahren.
Ich vermute, dass Regierenden und Regierten kein Preis zu hoch sein wird, den Kollaps des ungedeckten Papiergeldsystems abzuwenden durch einen quasi unbegrenzten "Bail Out". Und genau das zeigt sich jetzt in der Lockdown-Krise. Alles wird unternommen, den "Crash" abzuwenden. Die Staaten verschulden sich in kriegsähnlichem Ausmaß, es wird immer mehr neues Geld in Umlauf gebracht. Das ist auch der Grund, warum ich die Wahrscheinlichkeit für einen unmittelbar bevorstehenden Crash des ungedeckten Papiergeldsystems für relativ gering halte. Wohlgemerkt: Sie ist nicht null Prozent, aber doch eben relativ gering.
Meine Befürchtung ist, dass der Kampf gegen den Kollaps des Papiergeldsystems und der Auswüchse, die es gebracht hat, die westliche Welt in eine Lenkungs- und Befehlswirtschaft überführt - ganz ähnlich dem Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell, das die Nationalsozialisten im Dritten Reich errichteten. Hier galt: Das Eigentum an den Produktionsmitteln blieb zwar formal erhalten. Doch der Staat lenkte Produktion und Verteilung zusehends nach seinem Willen durch Gesetze, Regulierungen und Vorgaben. Der Weg in die Befehls- und Lenkungswirtschaft - dem sich derzeit kaum jemand entgegenstellt -, wird den System- Crash vertagen; mit ihm wird so etwas wie ein Schrecken ohne Ende möglich.
Wege aus der Krise
Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich sage damit nicht, dass es so kommen muss. Die Zukunft der Menschheit ist nicht festgelegt, ist nicht unwiderruflich vorherbestimmt - wie marxistische Denker es gern behaupten. Sie hängt vielmehr davon ab, wie wir Menschen handeln: Welche Ziele wir anstreben, und welche Mittel wir dazu einsetzen.
Wenn die Menschen der Idee verfallen, der Sozialismus bringe das Heil auf Erden, dann setzen sie alles daran, den Sozialismus zu errichten, ohne Rücksicht auf Verluste. Wenn wir hingegen der Idee anhängen, dass der freie Markt uns zu einem besseren Leben, zu einer besseren Welt verhilft, dann werden wir auch alles daran setzen, freie Märkte zu schaffen und zu erhalten.
Anders gesagt: Es sind die Ideen, die unser Handeln bestimmen. Wohin unsere Reise geht, wird im "Kampf widerstreitender Ideen" bestimmt.
Die Gegner des freien Marktes, der freien Gesellschaft, sind alle marktfeindlichen Ideologien: Kollektivismus, Sozialismus, Marxismus, Kulturmarxismus, Faschismus und Nationalsozialismus. Geht es nach ihnen, darf der einzelne Mensch seine Geschicke auf dieser Welt nicht eigenverantwortlich lenken. Das Individuum soll vielmehr einem Führer oder einer kleinen Gruppe von Personen (dem Zentralbüro) unterstellt werden, die über ihn herrschen.
Sehr verehrte Damen, sehr geehrte Herren: Wer frei sein will, der muss gegen eben diese Ideen aufstehen, muss sie als unheilvoll entlarven und bekämpfen.
In diesem Kampf muss man auch der blanken und nackten Wahrheit ins Auge sehen, dass die Gegner der freien Märkte, der freien Gesellschaft, den Staat einsetzen, um die Hoheit über die Ideen zu erlangen und abzusichern. In Schule und Universität werden heutzutage vorzugsweise interventionistische-sozialistische Lehren verbreitet, die Lehre von den freien Märkten findet bestenfalls als Fußnote noch Erwähnung.
Wer meint, man könne den Staat (wie wir ihn heute kennen) einsetzen, um die Freiheit zu bewahren oder sie wiederzuerlangen, der unterliegt einem fatalen Irrtum. Zur Freiheit geht es nicht mit dem Staat (wie wir ihn heute kennen), sondern nur gegen ihn.
Zehn Maßnahmen
Um zum Ziel zu gelangen, muss man den besseren Ideen zum Durchbruch verhelfen. Zu hoffen, das Umdenken und Umlenken könne aus der Politik selbst bewirkt werden, ist wenig aussichtsreich, ist illusorisch; und auch das halte ich für eine blanke, nackte Wahrheit.
Man muss in den Kampf der Ideen einsteigen und die Revolution von unten entfachen - eine "Graswurzelbewegung" in Gang setzen. Und dafür will ich Ihnen zehn praktikable Maßnahmen nennen, die aus meiner Sicht erfolgversprechend sind.
1) Verbreiten Sie die Botschaft, dass die freien Märkte Wohlstand und Frieden schaffen, Sozialismus hingegen Armut und Gewalt bringt. Vermitteln Sie diese Einsicht, wo immer sie können: im Familienkreis, in der Nachbarschaft, im Sportverein. Richten Sie ihre Botschaft vor allem an ihre Kinder, Enkel und Patenkinder.