Die westliche Welt verliert ihr Fundament, dem sie ihren Erfolg zu verdanken hat
23.10.2020 | Prof. Dr. Thorsten Polleit
Die fortschreitende Abkehr von der Marktwirtschaft kommt die Volkswirtschaften des Westens teuer zu stehen: Freiheit und Wohlstand stehen auf dem Spiel.
Staat verdrängt freie Märkte
Die westliche Welt ist drauf und dran, ihr Fundament für Wohlstand und friedvolles Zusammenleben zu verlieren. Das ist eine Entwicklungstendenz, die nicht erst seit gestern, die nicht erst mit dem Aufkommen der Coronavirus-Krise im Gange ist. In ihrem Mittelpunkt stehen zusehends größer und mächtiger werdende Staaten und Staatengemeinschaften, die immer stärker in Konflikt geraten mit den Grundpfeilern der freien Gesellschaft - vor allem Selbstbestimmung des Individuums, Privateigentum, verlässliche Rechtsetzung und -sprechung, freie Märkte, freier Handel und stabiles Geld.
In alle Lebensbereiche dringen die Staaten vor: Ob Erziehung und Bildung (Kindergarten, Schule, Universität), Gesundheit, Altersvorsorge, Recht, Sicherheit, Transport, Geld und Kredit, Kapitalmarkt oder Umwelt - und nahezu überall sind die Staaten zum wirkungsmächtigsten Akteur geworden. Die Staaten der westlichen Welt überführen ihre Wirtschaften und Gesellschaften dadurch in ein Lenkungs- und Befehlsregime, deren extremer Endpunkt auf einen (Neo-)Sozialismus hinausläuft. Durch die Anreizstrukturen, die sie setzen, kultivieren die Staaten Ressentiments gegen das System der freien Märkte, also gegen das System, das den Wohlstand der Nationen hervorgebracht hat.
Mit Hilfe des Staates können Politiker und vor allem auch Vertreter von Sonderinteressengruppen ungeniert ihre Ideologien in die Breite tragen. Man spricht ungeniert von "Großer Transformation", von "Neustart" (englisch: "Reset"). Das Corona-Virus erweist sich dabei als ein wahrer Katalysator, der radikalen Umstürzlern in besonderer Weise in die Hände spielt. Mit ihm gelingt es, in der Umsetzung sozialistischer Pläne wirksam und rasch voranzukommen. Zumal die Folgen der politisch diktierten Lockdown-Krise - Rezession, Betriebsschließungen, Massenarbeitslosigkeit - dem Staat Millionen bedürftige Menschen in die Arme treiben; sie verschaffen ihm eine noch größere unterwürfige Anhängerschaft.
Coronavirus als Katalysator
Die allerorten staatlich verordneten Einschränkungen der Grundrechte (wie Vertragsfreiheit, Versammlungsfreiheit, Religionsfreiheit etc.) sind in ihrer Tragweite für die westlichen Demokratien bislang nicht nur einmalig. Sie hebeln vor allem auch das Wirtschaftsleben aus den Angeln. Wenn staatliche Willkürakte möglich werden und ihre Sanktionierung ausbleibt, steigt die Unsicherheit für Konsumenten und Produzenten. Wachstum und Beschäftigung nehmen dadurch Schaden.
Die Wirtschaft wird also nicht nur konjunkturell, sondern strukturell geschwächt. Die Zahl der Menschen, die auf diese Weise in immer stärkerem Maße von staatlichen Almosen abhängig werden, steigt daher dauerhaft an, macht sie zu willfährigen Befürwortern eines "starken Staates".
In Zeiten großer Verunsicherung läßt sich auch die staatliche Klimapolitik vorantreiben: Um die Menschheit vor dem Überhitzungstod zu bewahren, müsse der Staat Wirtschaft und Gesellschaft umbauen, neu ausrichten. Nicht der freie Markt, sondern nur die Staaten seien befähigt, die Ressource Erdatmosphäre zu bewirtschaften. Dazu bedarf es Staatseingriffe wie zum Beispiel die CO2-Besteuerung oder Vorgaben für erlaubte CO2-Emissionen. Die Staaten maßen sich an, über Wohl und Wehe von Industrien, von ganzen Volkswirtschaften zu entscheiden.
Die Geschicke der Volkswirtschaften werden in die Hände von Politikern, Bürokraten und Sonderinteressengruppen gelegt, dem freien Markt, der Konsumentensouveränität, wird das Gestaltungsmandat abgesprochen.
Die Europäische Zentralbank (EZB) sitzt bereits in den Starlöchern, um "grüne Geldpolitik" zu betreiben. Der EZB-Rat will die Kreditkosten für Unternehmen, die schadstoffarm produzieren, verbilligen und sie damit gegenüber Unternehmen, die schadstoffintensiv(er) produzieren, begünstigen. Es geht darum, im Gewand der Geldpolitik Industriepolitik zu betreiben: Das heißt von zentraler Stelle festzulegen, welche Industrien in welchen Regionen Europas gefördert, welche zurückgedrängt und welche zum Marktaustritt gezwungen werden. Eine Aufgabe, für die die EZB kein Mandat hat. Zudem gibt es keine Evidenz, die zeigt, wie die Euro-Geldpolitik auf die Erderwärmung einwirken könnte.
Geldpolitik entgrenzt
Die staatsgläubigen Transformationsfantasien entfalten sich unter einer entgrenzten Geldpolitik. Die Zentralbanken haben die Marktzinsen auf oder zuweilen auch unter die Nulllinie gedrückt und weiten die Geldmengen sehr stark aus. Ähnlich wie in Kriegszeiten werden die öffentlichen Haushalte direkt und ohne Umschweife mit der elektronischen Notenpresse finanziert.
Dadurch werden die wahren Kosten der politischen diktierten Lockdown-Krise zwar nicht vollständig, aber doch zu einem ganz erheblichen Teil vor den Augen der Öffentlichkeit verschleiert. Die Regierungen können auf diese Weise Politiken voranbringen, die vermutlich bei Offenlegung ihrer tatsächlichen Konsequenzen auf Widerstand treffen und vermutlich auch zurückgewiesen würden.
Die inflationäre Geldpolitik der Zentralbanken sorgt für einen trügerischen "Scheinwohlstand": Die wirtschaftliche und gesellschaftliche Lage erscheint den Betrachtern besser, als sie eigentlich ist. Beispielsweise werden Löhne mit neu geschaffenem Geld bezahlt, denen keine entsprechende Produktionsleistung gegenübersteht.
Oder: Die Ersparnisse vieler Menschen werden in Staatsschuldpapiere gelenkt, die einen künstlich niedrigen Zins tragen, und die auf ehrlichem Wege, also mit wertstabilem Geld, nicht mehr zurückgezahlt werden können. Oder: Die Folgen der Null- und Negativzinsen und der Geldmengenflut treten derzeit vor allem als Vermögenspreisinflation zutage: also in Form steigender Preise für Aktien, Häuser und Grundstücke.
Das wird in der Öffentlichkeit jedoch meist als "Wohlstandszuwachs" gedeutet, obwohl es sich doch im Wesentlichen um nichts anderes handelt als Inflation, also Kaufkraftschwund des Geldes: Steigen die Preise für Aktien und Häuser, bekommt man weniger Aktie und Haus pro Geldeinheit. Zwar kann sich der Besitzer von Aktien und Häusern freuen, wenn deren Preise in die Höhe klettern, das Nachsehen hat jedoch der Geldhalter. Vermögenspreisinflation macht eine Volkswirtschaft nicht reicher, sie sorgt lediglich für eine Umverteilung von Einkommen und Vermögen. Eine besondere Gefahr der inflationären Geldpolitik ist, dass man sich von ihr aus politischen Gründen kaum mehr abkehren kann.
"Entweder Kapitalismus oder Sozialismus. Tertium non datur." - Ludwig von Mises
Staat verdrängt freie Märkte
Die westliche Welt ist drauf und dran, ihr Fundament für Wohlstand und friedvolles Zusammenleben zu verlieren. Das ist eine Entwicklungstendenz, die nicht erst seit gestern, die nicht erst mit dem Aufkommen der Coronavirus-Krise im Gange ist. In ihrem Mittelpunkt stehen zusehends größer und mächtiger werdende Staaten und Staatengemeinschaften, die immer stärker in Konflikt geraten mit den Grundpfeilern der freien Gesellschaft - vor allem Selbstbestimmung des Individuums, Privateigentum, verlässliche Rechtsetzung und -sprechung, freie Märkte, freier Handel und stabiles Geld.
In alle Lebensbereiche dringen die Staaten vor: Ob Erziehung und Bildung (Kindergarten, Schule, Universität), Gesundheit, Altersvorsorge, Recht, Sicherheit, Transport, Geld und Kredit, Kapitalmarkt oder Umwelt - und nahezu überall sind die Staaten zum wirkungsmächtigsten Akteur geworden. Die Staaten der westlichen Welt überführen ihre Wirtschaften und Gesellschaften dadurch in ein Lenkungs- und Befehlsregime, deren extremer Endpunkt auf einen (Neo-)Sozialismus hinausläuft. Durch die Anreizstrukturen, die sie setzen, kultivieren die Staaten Ressentiments gegen das System der freien Märkte, also gegen das System, das den Wohlstand der Nationen hervorgebracht hat.
Mit Hilfe des Staates können Politiker und vor allem auch Vertreter von Sonderinteressengruppen ungeniert ihre Ideologien in die Breite tragen. Man spricht ungeniert von "Großer Transformation", von "Neustart" (englisch: "Reset"). Das Corona-Virus erweist sich dabei als ein wahrer Katalysator, der radikalen Umstürzlern in besonderer Weise in die Hände spielt. Mit ihm gelingt es, in der Umsetzung sozialistischer Pläne wirksam und rasch voranzukommen. Zumal die Folgen der politisch diktierten Lockdown-Krise - Rezession, Betriebsschließungen, Massenarbeitslosigkeit - dem Staat Millionen bedürftige Menschen in die Arme treiben; sie verschaffen ihm eine noch größere unterwürfige Anhängerschaft.
Coronavirus als Katalysator
Die allerorten staatlich verordneten Einschränkungen der Grundrechte (wie Vertragsfreiheit, Versammlungsfreiheit, Religionsfreiheit etc.) sind in ihrer Tragweite für die westlichen Demokratien bislang nicht nur einmalig. Sie hebeln vor allem auch das Wirtschaftsleben aus den Angeln. Wenn staatliche Willkürakte möglich werden und ihre Sanktionierung ausbleibt, steigt die Unsicherheit für Konsumenten und Produzenten. Wachstum und Beschäftigung nehmen dadurch Schaden.
Die Wirtschaft wird also nicht nur konjunkturell, sondern strukturell geschwächt. Die Zahl der Menschen, die auf diese Weise in immer stärkerem Maße von staatlichen Almosen abhängig werden, steigt daher dauerhaft an, macht sie zu willfährigen Befürwortern eines "starken Staates".
In Zeiten großer Verunsicherung läßt sich auch die staatliche Klimapolitik vorantreiben: Um die Menschheit vor dem Überhitzungstod zu bewahren, müsse der Staat Wirtschaft und Gesellschaft umbauen, neu ausrichten. Nicht der freie Markt, sondern nur die Staaten seien befähigt, die Ressource Erdatmosphäre zu bewirtschaften. Dazu bedarf es Staatseingriffe wie zum Beispiel die CO2-Besteuerung oder Vorgaben für erlaubte CO2-Emissionen. Die Staaten maßen sich an, über Wohl und Wehe von Industrien, von ganzen Volkswirtschaften zu entscheiden.
Die Geschicke der Volkswirtschaften werden in die Hände von Politikern, Bürokraten und Sonderinteressengruppen gelegt, dem freien Markt, der Konsumentensouveränität, wird das Gestaltungsmandat abgesprochen.
Die Europäische Zentralbank (EZB) sitzt bereits in den Starlöchern, um "grüne Geldpolitik" zu betreiben. Der EZB-Rat will die Kreditkosten für Unternehmen, die schadstoffarm produzieren, verbilligen und sie damit gegenüber Unternehmen, die schadstoffintensiv(er) produzieren, begünstigen. Es geht darum, im Gewand der Geldpolitik Industriepolitik zu betreiben: Das heißt von zentraler Stelle festzulegen, welche Industrien in welchen Regionen Europas gefördert, welche zurückgedrängt und welche zum Marktaustritt gezwungen werden. Eine Aufgabe, für die die EZB kein Mandat hat. Zudem gibt es keine Evidenz, die zeigt, wie die Euro-Geldpolitik auf die Erderwärmung einwirken könnte.
Geldpolitik entgrenzt
Die staatsgläubigen Transformationsfantasien entfalten sich unter einer entgrenzten Geldpolitik. Die Zentralbanken haben die Marktzinsen auf oder zuweilen auch unter die Nulllinie gedrückt und weiten die Geldmengen sehr stark aus. Ähnlich wie in Kriegszeiten werden die öffentlichen Haushalte direkt und ohne Umschweife mit der elektronischen Notenpresse finanziert.
Dadurch werden die wahren Kosten der politischen diktierten Lockdown-Krise zwar nicht vollständig, aber doch zu einem ganz erheblichen Teil vor den Augen der Öffentlichkeit verschleiert. Die Regierungen können auf diese Weise Politiken voranbringen, die vermutlich bei Offenlegung ihrer tatsächlichen Konsequenzen auf Widerstand treffen und vermutlich auch zurückgewiesen würden.
Die inflationäre Geldpolitik der Zentralbanken sorgt für einen trügerischen "Scheinwohlstand": Die wirtschaftliche und gesellschaftliche Lage erscheint den Betrachtern besser, als sie eigentlich ist. Beispielsweise werden Löhne mit neu geschaffenem Geld bezahlt, denen keine entsprechende Produktionsleistung gegenübersteht.
Oder: Die Ersparnisse vieler Menschen werden in Staatsschuldpapiere gelenkt, die einen künstlich niedrigen Zins tragen, und die auf ehrlichem Wege, also mit wertstabilem Geld, nicht mehr zurückgezahlt werden können. Oder: Die Folgen der Null- und Negativzinsen und der Geldmengenflut treten derzeit vor allem als Vermögenspreisinflation zutage: also in Form steigender Preise für Aktien, Häuser und Grundstücke.
Das wird in der Öffentlichkeit jedoch meist als "Wohlstandszuwachs" gedeutet, obwohl es sich doch im Wesentlichen um nichts anderes handelt als Inflation, also Kaufkraftschwund des Geldes: Steigen die Preise für Aktien und Häuser, bekommt man weniger Aktie und Haus pro Geldeinheit. Zwar kann sich der Besitzer von Aktien und Häusern freuen, wenn deren Preise in die Höhe klettern, das Nachsehen hat jedoch der Geldhalter. Vermögenspreisinflation macht eine Volkswirtschaft nicht reicher, sie sorgt lediglich für eine Umverteilung von Einkommen und Vermögen. Eine besondere Gefahr der inflationären Geldpolitik ist, dass man sich von ihr aus politischen Gründen kaum mehr abkehren kann.