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Klimapolitik und Energierohstoffe - ein paar Bemerkungen

07.12.2020  |  Markus Mezger
- Seite 2 -
Große Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit in der internationalen Klimapolitik

Die internationale Politik hat sich unter dem Eindruck wachsender Proteste nolens volens dem Thema Klimawandel angenommen. Im Jahr 2015 wurde von 190 Staaten das Pariser Abkommen geschlossen, das das weniger verbindliche Kyoto-Protokoll von 1990 ersetzte. Die Vertragsparteien sind in Paris übereingekommen, den globalen Temperaturanstieg auf "deutlich unter zwei, idealerweise 1,5 Grad, gegenüber den vorindustriellen Werten" zu begrenzen. Dieses Ziel soll durch eine Absenkung der C02-Emissionen erreicht werden. Die teilnehmenden Länder haben zu diesem Zweck eigene Emissionsziele definiert, die im Rahmen sogenannter nationaler Selbstverpflichtungen eingereicht wurden.

Obwohl das Pariser Klimaabkommen einen wesentlichen Fortschritt in der internationalen Zusammenarbeit gegen die Erderwärmung bedeutet, bleiben viele Fragen offen. Aus den Ausführungen zu den natürlichen Klimaereignissen folgt, dass die angestrebte Begrenzung des Temperaturanstiegs auf der Basis von CO2-Emissionszielen nicht allein in menschlicher Hand liegt. Es ist durchaus möglich, dass die Temperaturziele verfehlt-, obwohl die Emissionsziele eingehalten werden.

Und auch der umgekehrte Fall ist denkbar: die Temperaturziele werden aufgrund eines Dansgaard-Oeschger-Ereignisses erreicht, während das Emissionsziel verfehlt wurde. Der größte Kritikpunkt ist jedoch, dass nicht geprüft wurde, ob die vereinbarten nationalen Emissionsziele mit dem globalen Temperaturziel überhaupt kompatibel sind. Die Internationale Energie Agentur wird nicht müde zu unterstreichen, dass selbst bei einer vollständigen Umsetzung der festgelegten Emissionsziele, das ausgegebene Temperaturziel weit verfehlt wird.

Eine Verschärfung der Emissionsziele dürfte sich jedoch als schwierig erweisen. Zu groß sind die Interessenkonflikte zwischen den einzelnen Parteien. Dies zeigen auch die offiziellen Emissionsziele der beiden größten CO2-Emittenten China und USA. China hat sich im Pariser Abkommen auf kein absolutes Emissionsziel festgelegt, um die Wachstumsperspektiven der chinesischen Volkswirtschaft nicht einzuengen. Stattdessen wurde ein Emissionsziel pro BIP-Einheit ausgegeben, dass einer Verbesserung der Energieeffizienz bei der Erzeugung des BIP’s entspricht.

Die USA hatten sich in Paris zwar ein absolutes Emissionsziel abringen lassen, haben das Abkommen aber mittlerweile gekündigt. In den letzten Jahren wurden die Rohöl- und Erdgasförderung im eigenen Land stark ausgeweitet. Insbesondere der Zugang zu günstigem Erdgas verschafft der amerikanischen Industrie einen relativen Wettbewerbsvorteil. Beide Beispiele zeigen die vielfältigen internationalen Interessenkonflikte in der Klimapolitik auf.


Internationale Interessenkonflikte in der Klimapolitik

Ein grundsätzlicher Konflikt ist zwischen reichen Industriestaaten und wachsenden Schwellenländern, die ersteren auf dem Pfad zu hohem Wohlstand nachfolgen wollen, angelegt. Viele Menschen in den Schwellenländern wünschen sich eine höhere Mobilität durch die Anschaffung eines eigenen PKW und den Zugang zu beheizten oder bei Hitze wohltemperierten Wohnraum. Beides sind sehr energieintensive Anwendungen. Dass der Weg zu materiellem Wohlstand für den Westen mit erheblichen negativen Nebenwirkungen für Umwelt und Klima verbunden war, dafür sehen sich die Schwellenländer nicht in der Verantwortung.

Zugespitzt könnte der Vorwurf an den Westen lauten: Ihr seid durch das Verpesten der Luft reich geworden und wollt jetzt auf einem hohen Niveau weiterleben, aber uns wollt ihr verwehren, auch nur einen Bruchteil eures Wohlstandsniveaus zu erreichen. Das stärkste Wohlstands- und Wirtschaftswachstum verzeichnen derzeit die Schwellenländer in Asien. In China weiß die kommunistische Führung, dass soziale Unruhen oft dann ausbrechen, wenn die politische Oppression nicht mehr durch materiellen Erfolg zugekleistert werden kann. Und auch Indien hat in Paris lediglich einem relativen Emissionsziel zugestimmt.

Ein weiteres Konfliktfeld liegt in der internationalen Arbeitsteilung, die sich in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat. Die reichen Volkswirtschaften haben sich zunehmend in Dienstleistungsgesellschaften verwandelt, indem ein guter Teil der industriellen Produktion aus Kostengründen in Billiglohnländer verlagert wurde. Dort fallen auch die dazu gehörenden Treibhausgasemissionen an, während der Löwenanteil des Gewinns den Unternehmen zukommt, deren Heimatländer dann nach außen hin mit weißer Weste dastehen.

Ein Beispiel sind Elektrofahrzeuge, die aufgrund der energieintensiven Herstellung der Batterie in der Fahrzeugproduktion höhere CO2-Emissionen aufweisen, als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Da die Batterien überwiegend in China gefertigt werden, hat China eine schlechtere und die EU eine bessere Klimabilanz als bei Autos mit Verbrennungsmotor, die vollständig in der EU gefertigt werden. Dem Klima helfen derartige Rechnereien nicht.

Eine starke Interessensdivergenz besteht auch zwischen Exporteuren und Importeuren von fossilen Brennstoffen. In Westeuropa werden, sieht man einmal von Kohle ab, praktisch kaum fossile Brennstoffe abgebaut. Da lassen sich leicht Klimastrategien entwickeln, die den Verzicht auf fossile Brennstoffe vorsehen. Bei den großen Rohölexporteuren sieht das schon anders aus. Staatseinnahmen und Wohlstand hängen bei Ländern wie Saudi-Arabien zu einem guten Teil an den Preisen für Rohöl und Erdgas.

Sollte ein Teil der Nachfrage in der EU aufgrund von Klimaüberlegungen wegfallen, so werden die Preise für Rohöl und Erdgas kurzfristig fallen. So lange bis andere Nettoimporteure, die sich wie z.B. China weniger restriktiven Regelungen unterworfen haben, zugreifen. Langfristig wäre es durchaus denkbar, dass es zu gewaltsamen politischen Umwälzungen kommt, wenn der Wohlstand bei den Rohölexporteuren dauerhaft zurückgeht. Das wären dann die ersten Kriege, die nicht wegen dem Zugang zu-, sondern wegen des Absatzes von Rohöl und Erdgas geführt werden.

Alle drei genannten Konfliktlinien lassen sich gut an dem Verlauf der C02-Emissionen pro Kopf zwischen 1990 und 2018 darstellen. Auf der einen Seite stehen die reichen Industrieregionen USA, EU oder Japan. Sie haben bereits ein hohes Wohlstandsniveau erreicht. Ihre Wirtschaftsleistung pro Kopf wächst noch, aber längst nicht in demselben Maße wie in den asiatischen Schwellenländern. Im Jahr 2018 lag das (nominale) BIP pro Kopf in diesen Ländern um den Faktor 2 bis 3 höher als im Jahr 1990. In China war das BIP pro Kopf im Jahr 2018 18 mal so hoch wie im Jahr 1990, in Indien immerhin noch mehr als 6 mal so hoch.

Aufgrund dieses starken Wirtschaftswachstums ist auch der CO2-Ausstoß pro Kopf in beiden Ländern deutlich angestiegen, wohingegen er in den USA und der EU im Jahr 2018 unter dem Wert des Jahres 1990 lag. Hier spiegelt sich eine verbesserte Energieeffizienz im Zuge des Wandels zur Dienstleistungsgesellschaft wider. Eine Sonderrolle nehmen die Rohölexporteure Rußland, Saudi-Arabien und Kuwait ein. Das BIP pro Kopf wächst dort weniger dynamisch als das in den USA oder der EU.

Im Gegensatz zu diesen sind ihre CO2-Emissionen pro Kopf aber gewachsen. Ihre Anreize, die Energieintensität des BIP’s zu reduzieren sind gering, da sie an der Quelle sitzen. Kuwait und Saudi-Arabien zählen aufgrund des Ölreichtums zu den Ländern mit dem höchsten BIP pro Kopf.

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Quelle: EDGAR (Emission Database for Global Atmospheric Research), booklet 2019, eig. Darstellung



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