Was Sie über den Goldpreistrend wissen sollten
04.12.2020 | Prof. Dr. Thorsten Polleit
Der Goldpreis folgt einem Aufwärtstrend, der eng mit der Wachstumsrate der Geldmenge verbunden ist; und das erklärt auch das Geheimnis, warum "Goldgeld" vor dem Wertverfall des ungedeckten Geldes schützt.
Eine Frage des Trends
Seit seinem Rekordhoch zu Beginn August 2020 von etwa 2.050 USD/oz hat der Goldpreis bis heute 11 Prozent eingebüßt; in der etwa gleichen Zeitphase hat der Silberpreis 14 Prozent verloren. Anleger stellen sich vermutlich die Frage: Ist das der Anfang einer größeren Preiskorrektur? Wird es vielleicht so ähnlich werden wie in der Zeit von September 2011 bis Anfang 2016, als der Goldpreis sich fast halbierte? Abb. 1 zeigt den Goldpreis in US-Dollar pro Feinunze von Januar 2000 bis Ende November 2020. Zudem sind zwei (mögliche) Trendlinien eingezeichnet. Die schwarze gepunktete Linie repräsentiert einen linearen Trend, die rote gestrichelte Linie einen exponentiellen Trend.
Dass der Goldpreis im betrachteten Zeitraum einen positiven Aufwärtstrend aufgewiesen hat, ist eindeutig zu erkennen. Im November 2020 weist der lineare Trend einen Goldpreis von gut 1.700 USD/oz aus, der exponentielle einen von 2.150 USD/oz. Vor diesem Hintergrund stellen sich zwei wichtige Fragen: (1) Was ist der "richtige" Trend? (2) Welche Faktoren bestimmen ihn? Um es gleich vorab zu sagen: Eine abschließend gesicherte Antwort auf diese Fragen gibt es nicht. Die nun folgenden Überlegungen sind daher als ein Deutungsversuch zu verstehen.
Es liegt nahe zu vermuten, dass die Geldmenge eine wichtige Rolle für den Trendverlauf des Goldpreises spielt. Grundsätzlich gilt: Ein Ansteigen der Geldmenge lässt die Kaufkraft des Geldes schwinden (im Vergleich zu einer Situation, in der die Geldmenge nicht ausgeweitet worden wäre). So gesehen kann man annahmen, dass alle Güterpreise, einschließlich des Goldpreises, steigen, wenn die Geldmenge zunimmt. Und wenn man zudem davon ausgeht, dass das Gold "geldnah" bewertet wird, dann sollte auch eine relativ enge Verbindung bestehen zwischen der Geldmengenentwicklung und dem Goldpreis.
Wie Abb. 2 erkennen lässt, folgt die Entwicklung der Geldmenge in der OECD ebenfalls einem positiven Aufwärtstrend, der nicht linear, sondern exponentiell ist (und das ist ökonomisch gesehen auch plausibel). Vor diesem Hintergrund erscheint es daher vertretbar, den langfristigen Trendverlauf des Goldpreises als exponentiellen, nicht als linearen einzustufen. Die Antwort auf die Frage "Was ist der "richtige" Trendverlauf des Goldpreises" ist natürlich sehr bedeutsam. Denn sie kann zu mitunter sehr unterschiedlichen Einschätzungen und Handlungsempfehlungen führen.
Man betrachte beispielsweise in Abb. 1 die Phase von 2008/2009 bis etwa Ende 2013/Anfang 2014. Der Goldpreis stieg merklich über den Trend. Der exponentielle Trend zeigte nicht nur viel früher eine "Übertreibung" an als der lineare Trend. Er zeigte auch in der Spitze ein deutlich höheres Ausmaß der Übertreibung als der lineare Trend. (Allerdings - und das ist ebenfalls ein wichtige Einsicht aus dieser Episode - können Übertreibungsphasen durchaus lange andauern, bevor sie korrigiert werden.) Am äußeren Rand gilt: Der Goldpreis ist derzeit "teuer", wenn man einen linearen Goldpreistrend unterstellt; und er wäre "billig", wenn man einen exponentiellen Trend zugrunde legt.
"Wenn man die Wahrheit sagt, kommt es sicherlich früher oder später an den Tag." - Oscar Wilde.
Eine Frage des Trends
Seit seinem Rekordhoch zu Beginn August 2020 von etwa 2.050 USD/oz hat der Goldpreis bis heute 11 Prozent eingebüßt; in der etwa gleichen Zeitphase hat der Silberpreis 14 Prozent verloren. Anleger stellen sich vermutlich die Frage: Ist das der Anfang einer größeren Preiskorrektur? Wird es vielleicht so ähnlich werden wie in der Zeit von September 2011 bis Anfang 2016, als der Goldpreis sich fast halbierte? Abb. 1 zeigt den Goldpreis in US-Dollar pro Feinunze von Januar 2000 bis Ende November 2020. Zudem sind zwei (mögliche) Trendlinien eingezeichnet. Die schwarze gepunktete Linie repräsentiert einen linearen Trend, die rote gestrichelte Linie einen exponentiellen Trend.
Quelle: Refinitiv; Berechnungen Degussa. (1) Das Bestimmheitsmaß (R2) für den linearen Trend liegt bei 0,77, für den exponentiellen Trend bei 0,81. (R2 gibt an, wie viel Streuung in den Daten durch das Regressionsmodell "erklärt" werden kann.)
Dass der Goldpreis im betrachteten Zeitraum einen positiven Aufwärtstrend aufgewiesen hat, ist eindeutig zu erkennen. Im November 2020 weist der lineare Trend einen Goldpreis von gut 1.700 USD/oz aus, der exponentielle einen von 2.150 USD/oz. Vor diesem Hintergrund stellen sich zwei wichtige Fragen: (1) Was ist der "richtige" Trend? (2) Welche Faktoren bestimmen ihn? Um es gleich vorab zu sagen: Eine abschließend gesicherte Antwort auf diese Fragen gibt es nicht. Die nun folgenden Überlegungen sind daher als ein Deutungsversuch zu verstehen.
Es liegt nahe zu vermuten, dass die Geldmenge eine wichtige Rolle für den Trendverlauf des Goldpreises spielt. Grundsätzlich gilt: Ein Ansteigen der Geldmenge lässt die Kaufkraft des Geldes schwinden (im Vergleich zu einer Situation, in der die Geldmenge nicht ausgeweitet worden wäre). So gesehen kann man annahmen, dass alle Güterpreise, einschließlich des Goldpreises, steigen, wenn die Geldmenge zunimmt. Und wenn man zudem davon ausgeht, dass das Gold "geldnah" bewertet wird, dann sollte auch eine relativ enge Verbindung bestehen zwischen der Geldmengenentwicklung und dem Goldpreis.
Wie Abb. 2 erkennen lässt, folgt die Entwicklung der Geldmenge in der OECD ebenfalls einem positiven Aufwärtstrend, der nicht linear, sondern exponentiell ist (und das ist ökonomisch gesehen auch plausibel). Vor diesem Hintergrund erscheint es daher vertretbar, den langfristigen Trendverlauf des Goldpreises als exponentiellen, nicht als linearen einzustufen. Die Antwort auf die Frage "Was ist der "richtige" Trendverlauf des Goldpreises" ist natürlich sehr bedeutsam. Denn sie kann zu mitunter sehr unterschiedlichen Einschätzungen und Handlungsempfehlungen führen.
Quelle: Refinitiv; Graphik Degussa. Gestrichelte Linie: exponentieller Trend.
Man betrachte beispielsweise in Abb. 1 die Phase von 2008/2009 bis etwa Ende 2013/Anfang 2014. Der Goldpreis stieg merklich über den Trend. Der exponentielle Trend zeigte nicht nur viel früher eine "Übertreibung" an als der lineare Trend. Er zeigte auch in der Spitze ein deutlich höheres Ausmaß der Übertreibung als der lineare Trend. (Allerdings - und das ist ebenfalls ein wichtige Einsicht aus dieser Episode - können Übertreibungsphasen durchaus lange andauern, bevor sie korrigiert werden.) Am äußeren Rand gilt: Der Goldpreis ist derzeit "teuer", wenn man einen linearen Goldpreistrend unterstellt; und er wäre "billig", wenn man einen exponentiellen Trend zugrunde legt.