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Ökonomische Gesetze und die Logik des menschlichen Handelns

30.12.2020  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
- Seite 3 -
Die Logik des menschlichen Handelns

Was aber ist die angemessene, die richtige wissenschaftliche Methode in der Nationalökonomie? Mises argumentiert, dass die Nationalökonomie sich widerspruchsfrei als a priori Handlungswissenschaft begreifen lässt (Mises bezeichnet diese Methode als Praxeologie), und dass sie ihre Erkenntnisse logisch-deduktiv aus dem Satz "Der Mensch handelt" abzuleiten vermag. Die Aussage, dass der Mensch handelt, mag trivial klingen, sie ist aber erkenntnistheoretisch von sehr großer Tragweite.

Der Satz "Der Mensch handelt" ist unbestreitbar wahr. Man kann ihm nicht widersprechen, ohne einen logischen Widerspruch zu verursachen. Wer sagt "Der Mensch handelt nicht", der handelt und widerspricht dem Gesagten. Er begeht einen performativen Widerspruch. Der Satz "Der Mensch handelt" ist apodiktisch wahr, er gilt a priori, seine Verneinung setzt seine Gültigkeit voraus.

Aus dem Satz “Der Mensch handelt“ lassen sich - auf logischem Wege - weitere wahre Erkenntnisse ableiten; sie sind im Satz "Der Mensch handelt" mitgedacht.

⊠(1) Menschliches Handeln ist zielbezogen. Dieser Satz lässt sich nicht widerspruchsfrei bestreiten. Denn wer sagt: "Handeln ist nicht zielbezogen", der handelt zielbezogen (er hat ja das Ziel, den Wahrheitsgehalt der Aussage zu bestreiten) und widerspricht dem, was er sagt.

◻(2) Menschliches Handeln erfordert den Einsatz von Mitteln (oder: Gütern). Beispielsweise komme ich nicht umhin, meine Stimmbänder einzusetzen, um meine Gedanken hörbar zu machen. Ein menschliches Handeln ohne Mitteleinsatz gibt es nicht.

◻(3) Mittel (die Güter) sind knapp. Wären sie nicht knapp, dann müsste man sie nicht bewirtschaften, und dann wären sie keine Güter. Knappheit ist also im Satz "Der Mensch handelt" schon mitgedacht (denn er impliziert den Einsatz von Mitteln).

⊠(4) Zeit ist ein Mittel, um Ziele zu erreichen. Zeitloses Handeln lässt sich nicht sinnvoll denken. Wäre Handeln zeitlos, dann wären alle Ziele sofort und unmittelbar erreicht - und man könnte nicht mehr handeln - aber das ist denkunmöglich.

◻(5) Ursache-Wirkung (oder: Kausalität) ist ebenfalls im Satz "Der Mensch handelt" mitgedacht. Handeln bedeutet, dass der Handelnde davon ausgeht, dass er durch sein Handeln seinen Zielen näherkommen kann. Handeln impliziert damit die Gültigkeit des Ursache-Wirkungsprinzips.

◻(6) Aufgrund der Knappheit von Mitteln (und die Zeit ist ein Mittel des Handelns) werden Gegenwartsgüter höher wertgeschätzt als Zukunftsgüter. Darin zeigt sich die Zeitpräferenz. Sie ist immer und überall positiv, sie kann niemals verschwinden, kann niemals negativ werden.

⊠(7) Der Zins - Ludwig Mises spricht vom Urzins - ist der Wertabschlag, den Zukunftsgüter gegenüber Gegenwartsgütern erleiden. Der Urzins - die Manifestation der Zeitpräferenz - ist stets positiv, er kann niemals auf null fallen oder gar negativ werden.

◻(8) Handeln findet unter Unsicherheit statt, und zwar in dem Sinne, dass wir nicht sagen können, wie wir künftig handeln werden. Das folgt aus der unbestreitbaren Erkenntnis, dass der Mensch lernfähig ist. (Wie bereits gesagt: Der Satz, der Mensch ist lernfähig, lässt sich nicht widerspruchsfrei verneinen.)

◻(9) Das Eigentum (verstanden als das Eigentum am eigenen Körper und den auf nicht-aggressivem Wege erworbenen Gütern) ist im Satz "der Mensch handelt" ebenfalls mitgedacht; es ist ebenfalls eine Kategorie des menschlichen Handelns, es ist ein a priori.


Kategorien und Gesetze des menschlichen Handelns

Ein paar kurze Worte an dieser Stelle zum erkenntnistheoretischen Status der Handlungslogik, angelehnt an die Arbeiten des Königsberger Philosophen Immanuel Kant. Kant zufolge hängen die Erfahrungen, die wir Menschen machen, von unserem Erkenntnisvermögen ab. Die Gegenstände unserer Erfahrung müssen sich nach der Beschaffenheit unseres Erkenntnisvermögens richten, wenn sie Gegenstände unserer Erfahrung sein sollen. Wir Menschen schreiben also den Gegenständen unserer Erfahrung gewisse Eigenschaften vor.

Wir machen Erfahrungen unter den Bedingungen unseres Erkenntnisvermögens. Diejenigen Aussagen, die behaupten, dass die Gegenstände unserer Erfahrung diesen Bedingungen unterworfen sind, nennt Kant synthetische Urteile a priori. Wenn man dieser Interpretation folgt, dann sind die handlungslogischen Kategorien (wie Ziel, Mittel, Knappheit, Zeit, Zeitpräferenz etc.) als die Bedingungen für die Möglichkeit objektiver Erfahrung zu verstehen.


Handlungslogisches Wissen

Die Handlungslogik gibt uns eine wissenschaftliche Methode an die Hand, um im Bereich des menschlichen Handelns (und die Nationalökonomie ist ein Teilbereich von ihr) richtige ökonomische Theorien von falschen unterscheiden zu können. Ob eine ökonomische Theorie richtig ist oder nicht, kann man quasi im Sessel sitzend einsehen. Man braucht dazu keinen Praxistest. Dazu einige Beispiele:


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