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Ökonomische Gesetze und die Logik des menschlichen Handelns

30.12.2020  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
- Seite 4 -
Mit der Handlungslogik lässt sich einsehen, dass die Entstehung des Staates (wie wir ihn heute kennen - also als territorialen Zwangsmonopolisten mit der Letztentscheidungsmacht über alle Konflikte in seinem Territorium) nicht auf freiwilliger Übereinkunft, sondern durch Gewalt und Zwang zu erklären ist. Ebenso können wir mit Gewissheit wissen, dass eine Politik der Besteuerung niemals für alle vorteilhaft ist; und auch, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft durch Besteuerung leidet. Mit Hilfe der Handlungslogik können wir zweifelsfrei einsehen, dass ein Mindestlohn, der über dem markträumenden Lohn festgesetzt wird, für ungewollte Arbeitslosigkeit sorgt.

Die Handlungslogik lässt uns erkennen, dass Sozialismus und Interventionismus scheitern müssen, und dass der Kapitalismus die einzige dauerhaft durchführbare Form des Wirtschafts- und Gesellschaftslebens ist. Dass das ungedeckte Papiergeld nicht durch freiwillige Übereinkunft entstanden sein kann, sondern nur durch Zwang und Aggression, lässt sich ebenfalls mit Hilfe der Handlungslogik einsehen. Wir wissen, dass ein Ausweiten der Geldmenge die Kaufkraft des Geldes notwendigerweise schmälert (im Vergleich zu einer Situation, in der die Geldmenge nicht ausgeweitet wird).

Die Handlungslogik erlaubt es weiterhin, ökonomische Gesetzmäßigkeiten zu erkennen: also den Zusammenhang, der zwischen einer menschlichen Handlung und ihrer - wohlgemerkt qualitativen, nicht quantitativen - Konsequenz besteht. Dazu gehört zum Beispiel das Gesetz des abnehmenden Grenznutzens. Es besagt (1) ein größerer Gütervorrat hat einen größeren Nutzen als ein kleinerer. (2) Steigt der Gütervorrat um eine Einheit, so kann diese zusätzliche Einheit nur eingesetzt werden, um einen Nutzen zu stiften, der geringer ist als der Nutzen, der durch den Einsatz der letztverwendeten Gütereinheit erzielt wurde.

Auch das Gesetz von Angebot und Nachfrage ist an dieser Stelle zu nennen. Steigt das Angebot eines Gutes, und ist die Nachfrage nach dem Gut unverändert, so sinkt der Preis des Gutes. Und genannt sei hier auch das Gesetz der Vergemeinschaftung. Wir wissen, dass die Menschen (ausgestattet mit einer Mindestvernunft) sich durch Arbeitsteilung besser stellen im Vergleich zum isolierten Wirtschaften; dass sie ihre materielle Güterausstattung verbessern, wenn sie mit anderen in Arbeitsteilung treten, und zwar nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft.

Mit der Logik des menschlichen Handelns lässt sich der Werdegang der menschlichen Zivilisation verstehen. Es wird einsichtig, dass nicht der Staat (der Zwangsapparat) die Zivilisation bringt, sondern dass es die Logik des menschlichen Handelns ist, der die Einsicht in die höhere Ergiebigkeit des Zusammenwirkens durch Arbeitsteilung entspringt und die das Zusammenleben in der Gemeinschaft fördert.


Nationalökonomie auf Abwegen

Die genannten Beispiele dürften deutlich gemacht haben, dass eine Nationalökonomie, die sich des handlungslogischen Ansatzes bedient, auf Kriegsfuß steht mit jeder Art von erzwungener Herrschaft und Macht. Denn eine Nationalökonomie, die ihre Erkenntnisse handlungslogisch gewinnt, lässt sich nicht politisch vereinnahmen und instrumentalisieren (ob nun von Regierenden, Parlamentariern, Gewerkschaftlern oder Unternehmensverbänden).

Ganz anders stehen die Dinge für eine Volkswirtschaftslehre, die die naturwissenschaftliche Methode zur Erkenntnisgewinnung einsetzt: Sie verliert ihre Unabhängigkeit, sie wird politisch vor den Karren gespannt. Mit ihr lassen sich nämlich politisch-ideologische Versprechen mit dem Deckmäntelchen der Wissenschaftlichkeit scheinlegitimieren.

Man formuliert eine verheißungsvolle Idee - zum Beispiel: "das Ausweiten der Geldmenge macht die Volkswirtschaft reicher" oder: "Zinssenkungen fördern Wachstum und Beschäftigung". Das schürt den Drang, die wohlklingende Idee in die Praxis umzusetzen. Wer die Wirtschaftswissenschaft als Erfahrungswissenschaft begreift, der kann keine grundsätzlichen Bedenken ins Feld führen gegen die Forderung:

Probieren wir es einfach doch mal aus! Jede noch so irrsinnige ökonomische Theorie hat damit gute Aussichten, in die Tat umgesetzt zu werden. Dass das Vordringen des Staates in den letzten Jahrzehnten einhergegangen ist mit einer Hauptstrom-Volkswirtschaftslehre, die sich der naturwissenschaftlichen Methode bedient, die die Volkswirtschaftslehre nicht als apriorische Handlungswissenschaft versteht, ist daher auch nicht überraschend.


Zum Abschluss

Ich komme zum Ende des Aufsatzes. Die Nationalökonomie lässt sich widerspruchsfrei als a priori Handlungswissenschaft verstehen. Sie ist keine Erfahrungswissenschaft. Die a priori Handlungswissenschaft (Mises spricht von Praxeologie) zeigt uns unmissverständlich auf, dass es ökonomische Gesetzmäßigkeiten gibt, die wir nicht missachten können, wenn wir unsere Ziele erreichen wollen.

Dass die moderne Volkswirtschaftslehre sich einer wissenschaftlichen Methode bedient, die der Naturwissenschaft entliehen und damit erfahrungswissenschaftlich ist, ist falsch und ist abzulehnen: Denn sie verneint die Aussagen der a priori Handlungswissenschaft. Die moderne Volkswirtschaftslehre führt nicht nur zum Ausweis zweifelhafter oder gar falscher Erkenntnisse. Sie begünstigt auch das Vordringen freiheitsfeindlicher Ideologien und Politiken.

Allein schon aus diesem Grunde ist die Auseinandersetzung mit der Frage nach der richtigen wissenschaftlichen Methode in den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften von nicht zu überschätzender Wichtigkeit.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH


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