Suche
 
Folgen Sie uns auf:

US-Zinsdebatten/Risikoaversion/Realzins - Paris: Weniger stark "rechts"

21.06.2021  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,1857 (06:00 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,1848 im fernöstlichen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 109,78. In der Folge notiert EUR-JPY bei 130,17. EUR-CHF oszilliert bei 1,0940.

Die Zeit der Resilienz an den Finanzmärkten ist zunächst abgeschlossen. Risikoaversion hat zugenommen.

Aktienmärkte standen unter Druck Die Basis dieser Risikoaversion liegt in der Nervosität bezüglich der US-Zinspolitik.
  • Die Tatsache, dass für den Fall eines fortgesetzten US-Aufschwungs Inflationsgefahren zunähmen, scheint für Finanzmarktteilnehmer eine neue Erkenntnis darzustellen. Ergo ist "Aufschwung" negativ konnotiert?

  • Die Tatsache, dass fortgesetzter Aufschwung seinen Ausdruck in den Unternehmensbilanzen findet (Skaleneffekte, Stückpreiswirkung, Gewinnmaximierung) wird ausgeblendet.

  • Die Tatsache, dass das Niedrigzinsniveau über Zinsfestschreibung noch Jahre zu großen Teilen in den Unternehmensbilanzen verankert ist, wird ausgeblendet.

  • Die Tatsache, dass nur von leichten US-Zinserhöhungen in weiter Ferne (2022 oder 2023) gesprochen wird, kann den Aktienmarkt offensichtlich nicht beruhigen.

Zinserhöhungen vor 2023 sind nicht ausgemachte Sache. Über das Wochenende wurden zwei Extrempositionen geliefert. Zunächst der "Falke", der Marktwirkung auslöste: James Bullard, Gouverneur der Fed St. Louis, plädierte wegen Inflationsgefahren für eine Zinswende bereits im Jahr 2022. Dann die "Taube", die keine nennenswert Wirkung am Markt erzielte: Der Gouverneur der Fed Minneapolis sprach sich gegen Zinserhöhungen vor Ende 2023 aus. Die Mehrheit des Offenmarktausschusses votiert für eine leichte Zinswende im Verlauf 2023.

Der Offenmarktausschuss der Fed weicht nicht von einer Vollkaskopolitik ab, denn sollte es den Aufschwung nicht in gewünschter Form geben, steht das ganze jetzt sich abzeichnende Zinsregime zur Disposition.

In meinen Augen ist es in einem Niedrigzinsregime wesentlich, den realen Zins (Zins abzüglich der Preisinflation) im Auge zu halten (Wirtschaftswirkung). Der reale Negativzins hat zuletzt dynamisch zugenommen. Die Fokussierung des Marktes auf den Nominalzins ist plakativ verständlich, mehr aber auch nicht.


Zu den Fakten:

Open in new window
© SOLVECON-INVEST GmbH


Open in new window
© SOLVECON-INVEST GmbH


Aus dem Tableau wird deutlich, dass der reale Negativzins per Mai deutlich höher ist als per Dezember 2020. "Food for thought!"

Der USD konnte im Rahmen der Zinsdebatte an Boden zulegen. Der verstärkte negative Realzins scheint irrelevant zu sein (Kaufkraftverlust). Einfacher ausgedrückt: Ein möglicher kleiner nominaler "Zinsschnaps" in der Zukunft lässt den Markt den massiv erhöhten negativen Realzins, der Ausdruck eines verstärkten Kaufkraftverlusts des USD ist, mit Kursgewinnen begleiten. Interessant! Das gilt allen voran gegenüber dem Euro. Der JPY stand wenig stark unter Druck, obwohl sich die Ansätze der EZB und Bank of Japan in der Zins- und Geldpolitik kaum unterscheiden.

Die Edelmetallpreise standen gegenüber dem USD unter markantem Druck. Das Muster ist aus der Historie hinlänglich bekannt. Währungen ohne Fehl und Tadel (Defizite etc.) haben wohl zu wenig "Charme". Ich nehme das interessiert zur Kenntnis.


Paris: Der rechte Rand kann nicht erwartungsgemäß reüssieren

Bei den Regionalwahlen hat Le Pens Partei Rassemblement National in der 1. Runde schwächer als erwartet abgeschnitten. Laut Prognose des Instituts Ipsos kam sie auf 19,3%. Die Partei äußerte sich enttäuscht über ihr Abschneiden. Gewinner waren die konservativen Republikaner (27,2%). Macrons Partei La Republique en Marche kam auf 11,2%. Die 2. Runde der Wahlen findet am 27. Juni statt.

Fraglos ist der Rechtsausleger Le Pens mit 19,3% immer noch stark. Positiv ist, dass das Momentum offenbar gebrochen ist. Der Fokus richtet sich auf den 27. Juni.

Extreme, ob von links oder rechts haben Europa nie gutgetan. Pragmatismus immer!


Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:

Eurozone: Solide Leistungsbilanz

Der Leistungsbilanzsaldo der Eurozone stellte sich in der saisonal bereinigten Fassung per Berichtsmonat April auf 22,84 nach zuvor 17,80 Mrd. Euro.

Die deutschen Erzeugerpreise nahmen per Mai im Monatsvergleich um 1,5% (Prognose 0,7%) nach zuvor 0,8% zu. Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 7,2% (Prognose 6,4%) nach zuvor 5,2%.


UK: Einzelhandel enttäuscht Erwartungen

Die Einzelhandelsumsätze sanken per Mai im Monatsvergleich um 1,4% (Prognose +1,6%) nach zuvor 9,2%. Im Jahresvergleich ergab sich ein Anstieg um 24,6% (Prognose 29,0%) nach zuvor 42,4%.


Japan: Politik der ruhigen Hand, Inflation unproblematisch

Die Bank of Japan hat den Leitzins auf der Junisitzung erwartungsgemäß bei -0,10% belassen. Die Verbraucherpreise sanken per Berichtsmonat Mai im Jahresvergleich um 0,1% nach zuvor -0,4%. Die Kernrate stieg im Jahresvergleich um 0,1% (Prognose 0,1%) nach zuvor -0,1%.


China: Politik der ruhigen Hand

Die „Loan Prime Rate“ für einjährige Kredite bleibt unverändert bei 3,85%. Der Zinssatz für fünfjährige Ausleihungen ist unverändert bei 4,65%.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem EUR favorisiert. Ein Überwinden des Widerstandsniveaus bei 1.2120 - 1.2150 negiert den positiven Bias des USD.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Solvecon Invest GmbH



Hinweis: Der Forex-Report ist eine unverbindliche Marketingmitteilung der SOLVECON INVEST GMBH, die sich ausschließlich an in Deutschland ansässige Empfänger richtet. Er stellt weder eine konkrete Anlageempfehlung dar noch kommt durch seine Ausgabe oder Entgegennahme ein Auskunfts- oder Beratungsvertrag gleich welcher Art zwischen der SOLVECON INVEST GMBH und dem jeweiligen Empfänger zustande.

Die im Forex-Report wiedergegebenen Informationen stammen aus Quellen, die wir für zuverlässig halten, für deren Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität wir jedoch keine Gewähr oder Haftung übernehmen können. Soweit auf Basis solcher Informationen im Forex-Report Einschätzungen, Statements, Meinungen oder Prognosen abgegeben werden, handelt es sich jeweils lediglich um die persönliche und unverbindliche Auffassung der Verfasser des Forex-Reports, die in dem Forex-Report als Ansprechpartner benannt werden.

Die im Forex-Report genannten Kennzahlen und Entwicklungen der Vergangenheit sind keine verlässlichen Indikatoren für zukünftige Entwicklungen, sodass sich insbesondere darauf gestützte Prognosen im Nachhinein als unzutreffend erweisen können. Der Forex-Report kann zudem naturgemäß die individuellen Anlagemöglichkeiten, -strategien und -ziele seiner Empfänger nicht berücksichtigen und enthält dementsprechend keine Aussagen darüber, wie sein Inhalt in Bezug auf die persönliche Situation des jeweiligen Empfängers zu würdigen ist. Soweit im Forex-Report Angaben zu oder in Fremdwährungen gemacht werden, ist bei der Würdigung solcher Angaben durch den Empfänger zudem stets auch das Wechselkursrisiko zu beachten.

Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!



Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"