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Von Inflation zu Disinflation - Fed Tapering pro und contra

26.07.2021  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,1778 (06:07 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,1755 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 110.35. In der Folge notiert EUR-JPY bei 129,97. EUR-CHF oszilliert bei 1,0823.

Am Finanzmarkt kam es zu einem freundlichen Wochenausklang. Der Dow Jones reüssierte Am Freitag mit einem neuen Rekordstand von mehr als 35.000 Punkten. Tokio verbuchte heute früh Gewinne.

Chinas Aktienmärkte litten dagegen unter dem Staatseingriff in den Bildungssektor. Unternehmen, die Nachhilfe anbieten, dürfen künftig keine Gewinne mehr erwirtschaften (Modell Gemeinnützigkeit). Das Vorhaben soll zu einer deutlichen Verringerung der finanziellen Belastungen von Schülern und Familien führen. Hohe Kosten gelten als ein Hindernis für die von Peking angestrebte höheren Geburtenrate.

Die Branche macht einen Jahresumsatz von circa 100 Mrd. EUR. Die Staatseingriffe Chinas waren und sind ein Belastungsfaktor für Chinas Aktienmärkte, so richtig (Machtkonzentration, Gemeinwohl) sie unter strukturellen Gesichtspunkten der Staatlichkeit sein mögen oder sind.

Gemäß Erstindikationen dominieren heute früh Gewinnmitnahmen im europäischen Markt. Das passt, wir haben keine Aktienkultur.

Sowohl im Devisen- als auch im Edelmetallmarkt zeigt sich wenig Volatilität. Die Niveaus der Vortage werden weitgehend bestätigt.

Der Zinsmarkt ist interessant. Waren die Auguren der Märkte „gestern“ noch auf Inflation fokussiert, mäandert der Fokus nun in Richtung Disinflation und Deflation. Anders ausgedrückt findet die Positionierung der westlichen Zentralbanken in der Kulisse der Profis des Finanzmarktes zunehmend Anklang. In der Folge stehen Renditen am Kapitalmarkt unter Druck. 10-jährige Bundeanleihen rentieren aktuell bei -0,42%, während 10-jährige US-Treasuries bei 1,26% liegen.


"Fed-Tapering" in der Diskussion

Mit dem starken quantitativen Aufschwung nach der Corona-Krise rücken in der Fed Pläne zum Herunterfahren der Konjunkturhilfen in den Fokus. Die Fed unterstützt die US-Wirtschaft derzeit mit monatlichen Wertpapierkäufen in Höhe von 120 Mrd. USD. Sie will daran so lange festhalten, bis substanzielle Fortschritte bei der Preisstabilität und der Arbeitslosigkeit erreicht seien.

In der Diskussion um "Tapering" spielt die schwache qualitative Basis der US-Wirtschaft keine Rolle. Es ist nicht "politisch korrekt" dieses Thema aufzunehmen. Die US-Wirtschaft hat weiter Merkmale einer "Push-Economy", in der selbsttragende Wachstumstreiber mindestens unausgeprägt sind (auch vor Corona!). Das ist meines Erachtens das Primärrisiko der gesamten Debatte.

Powell argumentierte zuletzt, dass der von der Krise verursachte Jobabbau noch nicht wettgemacht und die Zeit für niedrigere Konjunkturunterstützung nicht gekommen sei. Jüngste Arbeitsmarktdaten (Jobless Claims) unterstützen die Sichtweise Powells.

Die Kreise, die "Tapering" zeitnaher erwarten, stellen auf die Preisinflationsentwicklung (CPI 5,4%) ab. Die erhöhte Inflation konnte die Fed bisher nicht aus der Reserve locken: Solange sie sich als vorübergehend erwiese, verböte sich eine Reaktion darauf, stellte Powell jüngst klar. Und der Preisauftrieb würde in den kommenden Monaten ohnehin nachlassen (Aspekt Basiseffekte). Der aktuelle Diskurs am Finanzmarkt, wie eingangs des Kommentars beschrieben, wendet sich zart den Themen Disinflation und Deflation zu. Insgesamt überwiegen Aspekte, die eine extrem langsame Vorgehensweise, der Fed in diesem Prozess erwarten lassen.

Es bahnt sich ein weiterer Katalysator für ein zunächst behutsames Vorgehen der Fed an.

Im Streit über die US-Schuldenobergrenze hat Finanzministerin Yellen US-Parlamentarier vor der Notwendigkeit außergewöhnlicher Maßnahmen ab August gewarnt.

Bereits am 30. Juli würde der Verkauf von Wertpapieren der Bundesstaats- und Kommunalverwaltungsserie (SLGS) eingestellt werden. Sollte der Kongress bis zum 02. August die Schuldengrenze nicht ausgesetzt oder erhöht haben, müsse die Treasury damit beginnen, zusätzliche außerordentliche Maßnahmen zu ergreifen. Ansonsten könnten die USA ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommen.

Wenn der Staat als Subventionsgeber ausfiele, wäre die Subventionspolitik der Fed noch unverzichtbarer hinsichtlich der qualitativen Mängel in der US-Wirtschaft.

Zurück zu Kernproblem der Schuldenobergrenze:

Yellens Ansatz ist klug, um das prekäre Problem der Schuldenobergrenze anzugehen. Mit dem Aussetzen der Wertpapierverkäufe im SLGS-Programm werden die US-Bürger in der Etappe belastet. Ihre Abgeordneten werden unter starken Druck kommen, egal ob Demokraten oder Republikaner.

Als Fazit lässt sich ziehen, dass die Wellen wegen der Schuldengrenze kurzfristig hochschwappen können oder sogar werden. Die Herangehensweise Yellens impliziert, dass das Problem nicht ausufern wird. Dennoch ist auch die Herangehensweise Yellens keine Garantie für eine zeitnahe Lösung. Ergo ist Sensibilität an Märkten geboten.


Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden

Eurozone: Composite Index auf höchstem Stand seit 11 Jahren

Der von Markit ermittelte Composite Index stellte sich laut vorläufiger Berechnung per Juli auf 60,6 (Prognose 60,0) nach zuvor 59,5 Punkten (Höchster Wert seit 11 Jahren).

Der Index für das Verarbeitende Gewerbe sank von 63,4 auf 62,6 Zähler (Prognose 62,5), während der Index für den Dienstleistungssektor von zuvor 58,3 auf 60,4 Punkte zulegte (Prognose 59,5).


UK: Markit PMIs enttäuschen - Niveaus weiter hoch

Die Einzelhandelsumsätze nahmen per Juni im Monatsvergleich um 0,5% (Prognose 0,4%) nach zuvor -1,3% (revidiert von -1,4%) zu. Im Jahresvergleich ergab sich ein Anstieg um 9,7% (Prognose 9,6%) nach zuvor 24,6%.

Der von Markit ermittelte Composite Index stellte sich laut vorläufiger Berechnung per Juli auf 57,7 (Prognose 61,7) nach zuvor 62,2 Punkten. Der Index für das Verarbeitende Gewerbe sank von 63,9 auf 60,4 Zähler (Prognose 62,5), während der Index für den Dienstleistungssektor von zuvor 62,4 auf 57,8 Punkte (Prognose 62,0) fiel.


USA: Markit Composite Index schwächer - Niveaus weiter hoch

Der von Markit ermittelte Composite Index stellte sich laut vorläufiger Berechnung per Juli auf 59,7 nach zuvor 63,7 Punkten. Der Index für das Verarbeitende Gewerbe stieg von 62,1, auf 63,1 Zähler (Prognose 62,0), während der Index für den Dienstleistungssektor von zuvor 64,6 auf 59,8 Punkte (Prognose 64,8) fiel.


Russland: Zinserhöhung gemäß Erwartungen

Die russische Zentralbank erhöhte den Leitzins erwartungsgemäß von zuvor 5,5ß% auf 6,50%.


Japan: Geringe Dynamikverluste im Verarbeitenden Gewerbe

Der von der Jibun Bank berechnete Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe ging laut Erstschätzung von zuvor 52,5 auf 52,2 Zähler zurück.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem EUR favorisiert. Ein Überwinden des Widerstandsniveaus bei 1.1900 - 1.1930 negiert den positiven Bias des USD.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Solvecon Invest GmbH



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