Evergrande: Ist das Chinas "Lehman Moment"?
24.09.2021 | Prof. Dr. Thorsten Polleit
Dass Chinas Immobiliengigant Evergrande in Zahlungsschwierigkeiten gerät, ist ein Menetekel für die wachsenden Probleme, die weltweit aus dem ungedeckten Papiergeldsystem heraus entstehen - und die eine immer aggressiver werdende Inflationspolitik befürchten lassen.
Die Saat für die Kreditkrise
Dass Unternehmen manchmal scheitern, Kapitalgeber ihren Einsatz verlieren und Beschäftigte ungewollt arbeitslos werden, all das gehört zum Wesen der freien Marktwirtschaft. Zwar ist das leidvoll für die Betroffenen. Es sorgt aber dafür, dass die Produktionsleistung zielgerecht an den Bedürfnissen der Nachfrager ausgerichtet werden kann. Dazu belohnt der freie Markt diejenigen Unternehmen mit einem Gewinn, die die Bedürfnisse ihrer Kunden bestmöglich befriedigen, und er bestraft schlechte Produzenten mit einem Verlust.
Auf diese Weise werden die volkswirtschaftlich knappen Ressourcen in die Hände der besten Wirte gelenkt, also zu den Produzenten gebracht, die aus Sicht der Kunden die dringlichsten Güter in der besten Qualität und zum niedrigsten Preis erzeugen.
Unternehmenspleiten können allerdings auch volkswirtschaftlich gesehen schmerzhafte "Nebenwirkungen" haben. Das gilt vor allem für die Konkurse von Unternehmen, die im heutigen Geld- und Kreditsystem tätig sind - also insbesondere Banken, Hedge Funds, Versicherungen, Kreditvermittler etc. Deren Pleiten können nicht nur andere Firmen mit in den Abgrund reißen, sondern auch die gesamte Volkswirtschaft; die Pleite der US-amerikanischen Investment Bank Lehman Brothers im September 2008 ist dafür ein prominentes Beispiel.
Wie erklärt sich diese "Verwundbarkeit"? Nun, der Grund liegt in der Konstruktion des ungedeckten Papiergeldsystems. Dazu muss man wissen, dass im heutigen ungedeckten Papiergeldsystem die Geldmenge durch Kreditvergabe erzeugt und durch immer mehr Kreditvergabe ausgeweitet wird.
Es handelt sich hierbei um ein Geldschaffen "aus dem Nichts": Indem Zentralbanken und Geschäftsbanken Kredite ausreichen, geben sie neues, bisher nicht existierendes Geld in Umlauf. Das ist inflationär. Es sorgt für einen Anstieg der Preise für Konsum- und Vermögensgüter (senkt also die Kaufkraft des Geldes herab). Die Ausweitung des ungedeckten Geldes sorgt zudem für einen künstlichen Boom, zumindest anfänglich. Die Kreditvergabe aus dem Nichts senkt die Marktzinsen künstlich ab. Konsumenten werden zum Überkonsum ermuntert, Unternehmen zu Fehlinvestitionen verlockt. Doch früher oder später kippt der Boom in einen Bust - in Panik, Rezession und Deflation - um. Warum ist das so?
Nun, es gibt viele Auslöser, warum der Boom in einen Bust umschlagen kann. Eine zentrale Rolle dabei spielen jedoch die Kreditmärkte. Sobald die Zufuhr von neuen Krediten ins Stocken gerät oder gar versiegt, geraten die Dauerschuldner in die Bredouille, vor allem hoch verschuldete. Wollen sie ihre fälligen Schulden durch neue Kredite ersetzen, finden sie entweder keinen Darlehensgeber mehr, oder wenn, dann fordert er ihnen sehr hohe Zinsen ab. Mit anderen Worten: Die (Dauer-)Schuldner laufen in solch einer Situation Gefahr, dass sie ihren Schuldendienst nicht mehr leisten können.
Die Sorge, dass nicht nur ein einzelner Schuldner die Hand heben muss, sondern viele andere auch, kann dann rasch um sich greifen und die gesamte Kreditpyramide zusammenbrechen lassen.
Auslöser der Kreditkrise
Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass Chinas zweitgrößter Immobilienkonzern Evergrande Real Estate Group, der auf einem Schuldenberg von etwa 300 Mrd. US-Dollar sitzt, vielleicht seine Zinszahlungen auf Bankkredite und ausstehende Anleihen nicht werde leisten können. Die Marktreaktion auf diese Nachricht blieb nicht aus. Die Aktie und die Anleihen von Evergrande stürzten ab.
"Die größte Wohltat, die man einem Menschen erweisen kann, besteht darin, dass man ihn vom Irrtum zur Wahrheit führt." - Thomas von Aquin
Die Saat für die Kreditkrise
Dass Unternehmen manchmal scheitern, Kapitalgeber ihren Einsatz verlieren und Beschäftigte ungewollt arbeitslos werden, all das gehört zum Wesen der freien Marktwirtschaft. Zwar ist das leidvoll für die Betroffenen. Es sorgt aber dafür, dass die Produktionsleistung zielgerecht an den Bedürfnissen der Nachfrager ausgerichtet werden kann. Dazu belohnt der freie Markt diejenigen Unternehmen mit einem Gewinn, die die Bedürfnisse ihrer Kunden bestmöglich befriedigen, und er bestraft schlechte Produzenten mit einem Verlust.
Auf diese Weise werden die volkswirtschaftlich knappen Ressourcen in die Hände der besten Wirte gelenkt, also zu den Produzenten gebracht, die aus Sicht der Kunden die dringlichsten Güter in der besten Qualität und zum niedrigsten Preis erzeugen.
Quelle: Refinitiv; Berechnungen Degussa. BIP = Bruttoinlandsprodukt.
Unternehmenspleiten können allerdings auch volkswirtschaftlich gesehen schmerzhafte "Nebenwirkungen" haben. Das gilt vor allem für die Konkurse von Unternehmen, die im heutigen Geld- und Kreditsystem tätig sind - also insbesondere Banken, Hedge Funds, Versicherungen, Kreditvermittler etc. Deren Pleiten können nicht nur andere Firmen mit in den Abgrund reißen, sondern auch die gesamte Volkswirtschaft; die Pleite der US-amerikanischen Investment Bank Lehman Brothers im September 2008 ist dafür ein prominentes Beispiel.
Wie erklärt sich diese "Verwundbarkeit"? Nun, der Grund liegt in der Konstruktion des ungedeckten Papiergeldsystems. Dazu muss man wissen, dass im heutigen ungedeckten Papiergeldsystem die Geldmenge durch Kreditvergabe erzeugt und durch immer mehr Kreditvergabe ausgeweitet wird.
Es handelt sich hierbei um ein Geldschaffen "aus dem Nichts": Indem Zentralbanken und Geschäftsbanken Kredite ausreichen, geben sie neues, bisher nicht existierendes Geld in Umlauf. Das ist inflationär. Es sorgt für einen Anstieg der Preise für Konsum- und Vermögensgüter (senkt also die Kaufkraft des Geldes herab). Die Ausweitung des ungedeckten Geldes sorgt zudem für einen künstlichen Boom, zumindest anfänglich. Die Kreditvergabe aus dem Nichts senkt die Marktzinsen künstlich ab. Konsumenten werden zum Überkonsum ermuntert, Unternehmen zu Fehlinvestitionen verlockt. Doch früher oder später kippt der Boom in einen Bust - in Panik, Rezession und Deflation - um. Warum ist das so?
Nun, es gibt viele Auslöser, warum der Boom in einen Bust umschlagen kann. Eine zentrale Rolle dabei spielen jedoch die Kreditmärkte. Sobald die Zufuhr von neuen Krediten ins Stocken gerät oder gar versiegt, geraten die Dauerschuldner in die Bredouille, vor allem hoch verschuldete. Wollen sie ihre fälligen Schulden durch neue Kredite ersetzen, finden sie entweder keinen Darlehensgeber mehr, oder wenn, dann fordert er ihnen sehr hohe Zinsen ab. Mit anderen Worten: Die (Dauer-)Schuldner laufen in solch einer Situation Gefahr, dass sie ihren Schuldendienst nicht mehr leisten können.
Die Sorge, dass nicht nur ein einzelner Schuldner die Hand heben muss, sondern viele andere auch, kann dann rasch um sich greifen und die gesamte Kreditpyramide zusammenbrechen lassen.
Quelle: Refinitiv, Graphik Degussa. (1) 2017 8 3/4% 28/06/25 Regulation S.
Auslöser der Kreditkrise
Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass Chinas zweitgrößter Immobilienkonzern Evergrande Real Estate Group, der auf einem Schuldenberg von etwa 300 Mrd. US-Dollar sitzt, vielleicht seine Zinszahlungen auf Bankkredite und ausstehende Anleihen nicht werde leisten können. Die Marktreaktion auf diese Nachricht blieb nicht aus. Die Aktie und die Anleihen von Evergrande stürzten ab.