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Der Aufstieg des Neo-Sozialismus. Und wie man ihn stoppt

22.10.2021  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Und wer soll diese "zentrale Stelle" besetzen? Geht es nach den politischen Globalisten, soll diese Macht einem Kartell der Staaten, am besten einer Art Weltregierung, in die Hände gelegt werden; einer Interessengemeinschaft von ranghohen Politikern und Bürokraten, Zentralbankräten, Vertretern von Großunternehmen - also denen, die landläufig als die "Elite von Davos" oder das “Establishment“ bezeichnet werden. Der Weg, den der politische Globalismus beschreitet, läuft auf das Errichten einer Befehls- und Lenkungswirtschaft auf diesem Planeten hinaus, einer Welt-Kommandowirtschaft.

Sie wäre eine Art "Vorstufe zum Sozialismus", ist Ausdruck der Idee, die Produktionsleistung der Volkswirtschaft ließe sich von zentraler Stelle bestimmen, um eine bessere und gerechtere und umweltschonendere Weltvolkswirtschaft zu erschaffen.

Das soll nicht nur durch direkte Vorgaben erreicht werden (also wie was wann und wo und unter welchen Bedingungen zu erzeugen ist), sondern insbesondere auch durch staatliche Einflussnahme auf die Marktpreise - durch Steuern, aber auch durch Vorgabe von Preisobergrenzen (bei knappen Gütern) und/oder Preisuntergrenzen (bei reichlich vorhandenen Gütern), die Produktion und Konsum bestimmter Güter wirtschaftlich verunmöglicht. Das aber ist ein Weg, der ins Desaster führen muss, weil er das, was vom System der freien Märkte noch übrig ist, vollends zu zertrümmern droht.

Die Misserfolge des Interventionismus - wie beispielsweise Verteuerung der Güter und leere Supermarktregale - belehren sie nicht etwa eines Besseren, überzeugen sie nicht von der Unmöglichkeit des Interventionismus. Sie schreiben die Zielverfehlungen vielmehr dem Umstand zu, dass die Interventionen nicht weitreichend, nicht aggressiv genug ausgestaltet waren, und dass man künftig mit besseren und beherzteren Interventionen zum gewünschten Ziel gelangen werde.

Und so folgt Intervention auf Intervention, und die verbliebenen Elemente des freien Marktes werden neutralisiert, zusehends außer Kraft gesetzt, zerstört. Die Verfügungsrechte, die den Eigentümern über ihr Eigentum zustehen, werden nach und nach immer weiter beschnitten, bis die Eigentümer de facto keine Eigentümer mehr sind.

Eine Forderung der Interventionisten besteht darin, die Politiken in den unterschiedlichen Regionen der Welt zu vereinheitlichen - beispielsweise durch Angleichung der Steuersätze und Arbeitsmarktregulierung, durch Koordination der Fiskal- und Geldpolitiken etc. Vor allem aber treiben die politischen Globalisten, die sich des Interventionismus bedienen, auch systematisch die Relativierung und Diskreditierung des Systems freier Märkte (beziehungsweise deren Überreste) voran.

Beispielsweise propagieren sie die Idee, die Unternehmen dürften nicht länger kapitalistische Gewinnmaximierung betreiben, sondern müssten den Vorgaben eines "Stakeholder-Kapitalismus" folgen: also ihre Tätigkeiten nicht konsequent an den Eigentümerinteressen, sondern (auch) an den Zielen von Kunden, Kreditgebern, Zulieferern, Arbeitnehmern sowie auch ihren Heimatgemeinden ausrichten. Diese "Umerziehung" des Denkens wird häufig mit der Überschrift "Kapitalismus neu denken" angepriesen.

Insbesondere setzt der politische Globalismus bei der Geldanlage der Kapitalsammelstellen wie Versicherungen, Pensionskassen und Fonds an. Das Prinzip ist hinlänglich bekannt und wird seit Jahr und Tag bei Staatsanleihen praktiziert. Der Staat privilegiert seine Schulden. Beispielsweise müssen Banken für Staatsanleihen kein Eigenkapital vorhalten.

Zudem werden Staatsanleihen von der Zentralbank privilegiert behandelt, indem sie für Offenmarktoperationen zugelassen werden. Das erhöht die Attraktivität von Staatsanleihen aus Sicht der Anleger, und sie leihen dadurch den Staaten ihr Geld zu Konditionen, die ohne derartige Privilegien, die der Staat seinen eigenen Schulden zukommen lässt, nicht denkbar wären. Auf diese Weise gelangt der Staat in ganz erheblichem Umfang an das private Kapital.

Der Staat wird dadurch nicht nur immer größer und mächtiger. Er bekommt auch eine gewaltige Finanzkraft, die er zu Lenkungszwecken einsetzt - beispielsweise indem er einige Industriezweige finanziell fördert, andere hingegen nicht. Eine ganz ähnliche Kapitallenkung, die auf eine Industriepolitik hinausläuft, erfolgt mittlerweile durch die staatliche Festlegung, was "nachhaltige Investitionen" sind und was nicht, und welche Unternehmen das "Gütesiegel ESG" (ESG: Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) bekommen und welche nicht.

Um als "nachhaltiges Geschäftsmodell" eingestuft zu werden, muss ein Unternehmen im Einklang mit ökonomischen, ökologischen und sozialen Werten handeln - Kriterien, die der Staat maßgeblich in seinem Sinne ausgestalten und erweitern kann. Dabei geraten der Geschäftszweck und die Wertschöpfung genauso ins politische Fadenkreuz wie die Beziehungen zu sämtlichen Stakeholdern (Gesellschaftern, Mitarbeitern, Geschäftspartnern etc.), auch Themen wie "Steuergerechtigkeit" werden beachtet. Die staatliche Industrielenkung wird dadurch erweitert und auf private Investoren ausgelagert.


"Alt-Sozialismus" und "Neo-Sozialismus"

Der politische Globalismus hat kollektivistische-sozialistische Wurzeln, er ist der Wegbereiter für einen "Neo-Sozialismus". Im Vergleich zum "Alt-Sozialismus" hat der "Neo-Sozialismus" allerdings ein sehr viel düsteres, finsteres Leitbild. Der Alt-Sozialismus hatte zumindest noch offiziell zum Ziel, die materielle Güterausstattung der arbeitenden Bevölkerung zu verbessern, ihren Lebensstandard zu heben. (Die Mittel, die er zur Zielerreichung einsetzte, waren jedoch leider die falschen.)

Doch nicht so der Neo-Sozialismus. Er sieht im Menschen nicht Gottes Schöpfung, sondern einen Erdenzerstörer, dessen Maßlosigkeit in die Schranken gewiesen werden muss. Sein Ressourcenverbrauch soll reduziert werden. Und vermutlich mag der ein oder andere politische Globalist auch den Wunsch hegen, die Weltbevölkerungszahl zu kontrollieren beziehungsweise zu senken, damit der Planet nicht unbewohnbar wird.

Knappheit und Verzicht, für die der Neo-Sozialismus eintritt, birgt gewaltigen Sprengstoff. Denn Wirtschaftswachstum, also die Zunahme der verfügbaren Güter im Zeitablauf, erhöht nicht nur den Lebensstandard der Menschen. Es erweist sich auch als ein Instrument zur Konfliktvermeidung: Wenn der Kuchen insgesamt wächst, wird jeder bessergestellt, selbst wenn sein Anteil am Kuchen gleichbleibt. Schrumpft der Kuchen jedoch, ist für alle plötzlich weniger da, und dann nehmen die Verteilungskämpfe unweigerlich an Härte zu.

Indem also der Neo-Sozialismus auf eine Zurückdrängung der Güternachfrage, des Güterangebots und des Ressourcenverbrauchs hinarbeitet, bringt er unweigerlich die Menschen gegeneinander auf, national wie international, und die Gefahr kriegerischer Auseinandersetzung zwischen ihnen steigt.


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