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Es ist wie in Harry Potter: Die Wirkungen des Euro, die niemand auszusprechen wagt …

03.12.2021  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Das mag auch das massive Eingreifen der Zentralbanken in der Krise 2008/2009 und Anfang 2020 erklären: Mit Niedrigzinsen und direkten Geldspritzen sollte die Kreditkrise, der Zusammenbruch des ungedeckten Geldsystems abgewendet werden. Dazu ist mittlerweile aber nicht mehr nur ein einmaliger "Notfalleinsatz" der Zentralbanken erforderlich, sondern vielmehr dauerhafte, kaum mehr umkehrbare Unterstützungsprogramme.

Die fortgesetzte Niedrigzinspolitik der EZB bringt nun allerdings die Banken auch in Bedrängnis: Die Zinsmargen stehen unter Druck, sie schrumpfen, und auch das Abflachen der Zinskurve (also der schwindende Abstand zwischen Lang- und Kurzfristzins) belastet die Gewinnlage der Kreditinstitute. In die gleiche Richtung wirken die steigenden Kosten der Regulierung und der Reglementierung des Bankgeschäftsbetriebs. Unter diesen Bedingungen erweist sich das Bankgeschäft im Euroraum als wenig attraktiv - wie nicht zuletzt die Börsenbewertungen der Aktien von Euro-Banken unmissverständlich nahelegen. Private Investoren werden es sich da gut überlegen, ob sie den Euro-Banken Eigenkapital zuführen.

Die Eigenkapitalverzinsung der Euro-Geschäftsbanken ist gering. Sie dürfte bei etwa 6 Prozent liegen, während die Kapitalkosten der Banken auf 8 bis 10 Prozent geschätzt werden.¹ Für Banken gilt, was für jedes andere Unternehmen auch gilt: Wer die Kapitalkosten nicht verdient, der schafft keinen ökonomischen Wert. Entweder er verbessert sich, oder er scheidet besser aus dem Markt aus, so dass die Ressourcen in eine vorteilhaftere Verwendung gelenkt werden können.

Doch - wie bereits gesagt - beim ungedeckten Geldsystem ist der Marktaustritt von Banken nicht so ohne weiteres möglich, ohne dass es zu großen wirtschaftlichen Erschütterungen kommt, ohne dass der inflationäre Kredit- und Geldmengenzufluss abreißt und die Produktions- und Beschäftigungsstruktur zum Einsturz bringt.


Wenn der Staat die Geldmenge kapert

Die Übergröße der Euro-Banken nimmt die Volkswirtschaften gewissermaßen in "Geiselhaft", und daraus erwächst ein konkretes (Droh-)Szenario:

Vor dem Hintergrund eines nachlassenden Wachstumspfades im Euroraum und einer sich damit tendenziell abschwächenden Kreditnachfrage aus der Privatwirtschaft wäre auch mit einem Nachlassen der Geldmengenausweitung zu rechnen - etwas, das sich nur verhindern lässt, wenn die Euro-Staaten (1) verstärkt neue Kredite bei Banken und/oder der EZB aufnehmen, und/oder wenn (2) die EZB "Helikoptergeld" ausgibt, das heißt, wenn die Zentralbank (auf Weisung der Staaten) die Bankkonten der Bürger und Unternehmen mit neuem Geld befüllt, um die gewünschte Geldmengenausweitung und Güterpreisinflation zu erzeugen.

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Quelle: Refinitiv, EZB; Graph Degussa.


Eine solche Entwicklungstendenz bei der Herbeiführung des Geldmengenwachstums ist bereits erkennbar. Abb. 3 zeigt die Staatsverschuldung im Euroraum in Prozent des Bruttoinlandsproduktes von 1995 bis 2020. In der ersten Phase von 1995 bis 2007 ging die Verschuldungsquote zurück. Gleichzeitig wuchs die Euro Geldmenge M3 stark an - vor allem getrieben durch die Kreditvergabe der Euro-Geschäftsbanken an Private.

In der zweiten Phase von 2008 bis 2014 stieg die Staatsschuldenquote stark an - weil die Staaten neue Schulden aufnahmen, um den Bankensektor in der Krise zu unterstützen. Diese Verschuldungszunahme wurde noch in erheblichem Maße im Kapitalmarkt platziert, führte also nicht zu einem Ansteigen der Euro-Geldmenge M3. Das Geldmengenwachstum ging sogar zunächst stark zurück, nahm erst wieder ab 2015 Fahrt auf, als sich die Bankkreditvergabe an die Privatwirtschaft erholte.


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