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Inflation wird für die Bevölkerung zum Dauerproblem

19.02.2022  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Die Geldmengeninflation der Zentralbanken machen daraus fortgesetzte Güterpreissteigerungen auf breiter Front. Die Inflation, für die die Zentralbanken sorgen, verstärkt den negativen Effekt auf die realen Einkommen der Menschen, zumindest gilt das so lange, wie die Löhne nicht ansteigen. Dass steigende Produktivität diese Wohlstandseinbußen in absehbarer Zeit wettmacht, bezweifle ich. Anders gesagt: Die Politik, die da verfolgt wird, zwingt die Mehrheit der Menschen, den Gürtel enger zu schnallen. Das trügerische Wort "grüne Inflation" soll die Menschen wohl dazu anhalten, die Geldentwertung als akzeptables Opfer zu dulden.


Jörn Gleisner: Tendenziell sind die Volkswirtschaften auf konjunkturellem Erholungskurs, so schreiben Sie selbst. Ist es da nicht doch akzeptabel, wenn die Inflation für eine gewisse Zeit höher ausfällt als uns lieb sein kann? Inflation sozusagen als Preis für vermiedene Rezession und Arbeitslosigkeit?

Thorsten Polleit: Das Problem ist: Die Inflation hat dann, und nur dann, eine die Wirtschaft antreibende Wirkung, wenn sie überraschend kommt, wenn sie also höher ausfällt, als von den Marktakteuren ursprünglich erwartet. Ein inflationärer Aufschwung kommt folglich dann zu seinem Ende, wenn die Marktakteure irgendwann aufwachen und merken, dass sie hinters Licht geführt worden sind. Dann schrauben sie ihre Inflationserwartungen in die Höhe.

Und es tritt Ernüchterung ein, die Konjunktur schwächt sich ab. Was dann noch bleibt, sind die volkswirtschaftlichen Kosten der erhöhten Inflation: Beispielsweise funktioniert die Wirtschaftsrechnung mit Geld nicht mehr so gut, Investitionen erweisen sich als "Flops", Firmen müssen ihre Preislisten häufiger anpassen, Konsumenten müssen mehr Zeit aufwenden, um sich über die Güterpreisveränderungen zu informieren und anderes mehr.

Ganz problematisch wird es, wenn Staat und Zentralbank nicht aufhören, die Geldmenge auszuweiten, um Haushaltslöcher zu stopfen, Industrien zu subventionieren und die Konjunktur in Gang zu halten. Dann nämlich müssen sie zu immer höherer Überraschungsinflation greifen, die, wenn man nicht davon ablässt, zu Hoch- oder gar Hyperinflation führt. Soll also die Währung vor dem Ruin bewahrt werden, wird früher oder später eine "Stabilisierungsrezession" nötig. Große Produktions- und Beschäftigungsverluste sind die Folge. Und je länger die Inflation angedauert hat, desto größer werden die Anpassungskosten sein. Der Weg, den die Zentralbanken eingeschlagen haben, lässt also nichts Gutes erahnen - auch wenn die Konjunkturerholung in 2022 vermutlich weitergeht.


Jörn Gleisner: Nicht wenige Investoren befürchten, dass es auf den Finanzmärkten einen Crash geben wird, dass die Börsenkurse drastisch einbrechen werden. Ist das nicht eine ernstzunehmende Gefahr? Zumal viele Aktien und auch Häuserpreise hoch bewertet sind und die Zinsen anziehen?

Thorsten Polleit: Was wäre zu erwarten, wenn der S&P 500 plötzlich beginnt um, sagen wir, 20 Prozent zu fallen? Ich vermute, die US-Zentralbank eilt den Investoren eher früher als später zur Hilfe, pumpt neues Geld zu niedrigsten Zinssätzen in das Finanz- und Wirtschaftssystem, kauft Schuldpapiere in großen Stil. Nach dem Motto: Lieber mehr Inflation als tiefe Rezession. Denn auf tiefe Rezession, vielleicht sogar einen "System-Absturz" würde es hinauslaufen, wenn die Vermögensmärkte wirklich in die Knie gehen.

Wie eingangs gesagt, erwarte ich nicht, dass die Zinsen stark steigen werden. Vermutlich werden die 10-jährigen Renditen der US-Staatsanleihen die Marke von 2 ¼ bis 2,50 Prozent nicht übersteigen, die Realzinsen werden negativ bleiben.

Keine Frage: Die Wahrscheinlichkeit eines Börsenabsturzes ist sicherlich nicht null Prozent, aber ich würde die Wahrscheinlichkeit dafür nur sehr gering veranschlagen. Viel, viel wahrscheinlicher ist aus meiner Sicht das Weiterinflationieren durch die Zentralbanken, so dass auch gerade die Vermögenspreisinflation weitergeht.


Jörn Gleisner: Was kann der Anleger denn machen, um sich vor Inflation zu schützen. Wie kann er sein Geld, seine Ersparnisse vor Inflation retten?

Thorsten Polleit: Das Geld lässt sich nicht vor Inflation "schützen" oder "retten". Inflation bedeutet schließlich Kaukraftschwund des Geldes. Aber als Anleger kann man sich schützen, indem man so wenig Geld hält wie möglich. Am besten hat man nur so viele Euro, US-Dollar & Co auf dem Konto, um die laufenden Ausgaben bestreiten zu können, ergänzt um eine Vorsichtskassenhaltung, mittels der Unvorhergesehenes (neue Waschmaschine etc.) finanziert werden kann.

Dieser Rat zur "Minimierung des Kassenstandes" scheint mir vor allem deshalb wichtig zu sein, weil die privaten Haushalte und Firmen derzeit etwa 4 Billionen Euro unverzinslich Sicht-, Termin- und Spareinlagen bei Banken halten - Euro-Geld also, dass seine Kaufkraft bei anhaltenden negativen Realzinsen immer weiter verliert.

Sodann stellt sich die Frage: "Gegen was tausche ich mein Geld ein?“ Eine Antwort auf diese Frage, die für alle Anleger gleichermaßen passt, gibt es vermutlich nicht. Aber eine einfach zu handhabende Struktur für das eigene Portfolio ist, auf Aktien und physisches Gold zu setzen. Aktien sind zwar per se kein Inflationsschutz.

Viele Unternehmen leiden unter Inflation. Beispielsweise weil es ihnen nicht gelingt, erhöhte Inputkosten an die Kunden weiterzureichen. Aber es gibt auch Unternehmen, denen Inflation nichts ausmacht. Wer keine Einzelwertanalyse betreiben kann oder will, dem steht die Möglichkeit offen, in ein weltweit diversifiziertes Weltaktienmarkt-ETF zu investieren. Das ist kostengünstig, und man nimmt teil am weltweiten Wirtschaftsfortgang, schneidet durchschnittlich ab wie die Mehrheit der Investoren auch.

Und physisches Gold sollte man als Teil seiner liquiden Mittel halten. Denn: Gold ist gewissermaßen das Grundgeld der Menschheit, seine Kaufkraft kann durch Notenbankpolitik und mögliche Kreditausfälle nicht entwertet werden. Das sollte man auch in einer zusehends digitalisierten Welt nicht vergessen. Zudem denke ich, dass das Gold, gekauft zu aktuellen Preisen, so etwas ist wie eine sehr attraktive Versicherung, weil sie ein erhebliches Preissteigerungspotential birgt.

Ich bin daher sehr zuversichtlich, dass das physische Gold für langfristig orientierte Anleger - also Anleger mit einem Horizont von drei, fünf oder auch mehr Jahren - sich als renditesteigernd und risikomindernd erweisen wird. Nicht weil ich sagen könnte, dass und wann ein großer Crash käme. Vielmehr empfehle ich Gold als liquide Reserve, weil ich es für sehr wahrscheinlich halte, dass die Inflation für die breite Bevölkerung zum Dauerproblem wird, dass das ungedeckte Geldsystem in immer schwierigeres Fahrwasser gerät, und Gold gegen die damit verbundenen Folgen schützt.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH



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