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Staat und Krieg

20.03.2022  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Aus ökonomischer Sicht lässt sich argumentieren: Der Staat (wie wir ihn heute kennen) ist aggressiv. Kriegerische Auseinandersetzungen zwischen Staaten sind daher auch kein tragischer Zufallsfehler, sie sind vielmehr ein logisches Ergebnis.

In diesem kurzen Artikel geht es um "Staat und Krieg". Ich möchte Ihnen darin einige grundsätzliche ökonomische Gedanken zur Kriegsursache, die die Menschheitsgeschichte, vor allem die Neuzeit, chronisch plagt, vortragen. Im Jahr 1919 veröffentlicht der Ökonom Ludwig von Mises (1881-1973) ein Buch mit dem Titel "Nation, Staat, und Wirtschaft". Darin legt er unter anderem eine Erklärung vor, warum es zum Ersten Weltkrieg, zu dieser Urkatastrophe kommen konnte.

Seine (vielleicht für uns heute überraschende) Antwort lautet: Es war die Abkehr von der Idee der freien Märkte, von Freihandel, von individueller Freiheit und Gleichheit vor dem Gesetz. Kurzum: Es war die Abkehr vom Liberalismus und der Aufstieg des Staates (wie wir ihn heute kennen), die zum Ersten Weltkrieg geführt haben.

Der Staat (wie wir ihn heute kennen) ist nach innen und nach außen aggressiv, er hat auch einen Anreiz, Kriege mit anderen Staaten zu führen, um seine Interessen mit Gewalt durchzusetzen. Staat und Krieg gehen sozusagen Hand in Hand.

Um das näher zu erklären, sollen einige wenige ökonomische Überlegungen vorgebracht werden. Es ist eine handlungslogische, unbestreitbare Wahrheit, dass der Mensch Ziele hat, die er mit dem Einsatz von Mitteln zu erreichen sucht. Er bevorzugt mehr Mittel gegenüber weniger Mitteln, und er zieht eine frühere Erfüllung seiner Bedürfnisse einer späteren vor.

Als Vernunftwesen erkennt der handelnde Mensch früher oder später, dass die Arbeitsteilung für ihn vorteilhaft ist. Denn sie erhöht die Ergiebigkeit seines Arbeitseinsatzes. Arbeitsteilung bedeutet, dass ein jeder die Tätigkeit ausführt, die er mit den vergleichsweise geringsten Kosten bewältigen kann. Die Arbeitsteilung macht Tauschen erforderlich. Schließlich produzieren die meisten Menschen, wenn sie sich arbeitsteilig organisieren, nicht mehr für den Eigenbedarf, sondern fast jeder produziert dann für den Bedarf seiner Mitmenschen.

Es ist daher die Arbeitsteilung, die die Menschen zusammenführt. Durch sie erkennen sie sich einander als gegenseitig nützlich in der Bewältigung ihrer Lebensherausforderungen. Vereinfacht gesprochen: Der Käufer einer Ware hat ein Interesse daran, dass es dem Hersteller der Ware gut geht - weil er ansonsten die gewünschte Ware nicht kaufen kann.

Die Arbeitsteilung ist eine natürliche Erscheinung in einem System der freien Märkte. Hier steht es den Nachfragern frei, die Güter nachzufragen, die ihren Bedürfnissen am besten entsprechen; und Anbieter haben die Freiheit, ihren Mitmenschen die Güter anzubieten, die diese nachzufragen wünschen. Ein System der freien Märkte würde - wenn man es zulässt - die Menschen rund um den Globus früher oder später in eine sehr eng verzahnte Arbeitsteilung hineinwachsen lassen. Das Ergebnis wäre eine dauerhaft friedvolle und produktive Kooperation der Menschen.

Denn Krieg ist dem System der freien Märkte wesensfremd. Menschen, die die produktive Wirkung der Arbeitsteilung kennen, haben keinen Anreiz, so etwas wie Krieg zu führen. Doch leider gibt es kein System der freien Märkte auf dieser Welt, das wirklich frei ist oder gewesen wäre.

Seit vielen Jahrhunderten, vor allem seit Beginn der neueren Geschichte, gibt es so etwas, das man als Staat bezeichnet. Anfänglich gab es den Staat in Form des Feudalherrn, des Königs, dann Kaisers, in jüngerer Vergangenheit der Republik, der Diktatur oder des modernen demokratischen Staates.

Was genau ist der Staat? Wer über eine Antwort nachdenkt, dem kommt vermutlich zunächst so etwas in den Sinn wie: Der Staat, das sind wir alle; oder: "Vater Staat"; oder: ohne Staat geht’s nicht, denn wer baut sonst die Straßen und Schulen, wer unterstützt die Bedürftigen, sorgt für Recht und Sicherheit? Die handlungslogische Theorie fördert allerdings eine andere Art von Antwort zutage. Aus ihrer Sicht ist der Staat, wie wir ihn heute kennen, ein Gewaltmonopolist.

Der US-amerikanische Ökonom und Sozialphilosoph Murray N. Rothbard (1926-1995) definiert den Staat (wie wir ihn heute kennen) wie folgt: Der Staat ist der territoriale Zwangsmonopolist mit der Letztentscheidungsmacht über alle Konflikte auf seinem Gebiet, und der Staat nimmt sich auch das Recht, Steuern zu erheben.

Ein solcher Staat ist keine natürliche, keine auf Freiwilligkeit beruhende Einrichtung. In einem System der freien Märkte könnte er gar nicht entstehen. Denn hier gibt es nur freiwillige Kooperation, freiwillige Tauschakte, keine erzwungenen, mit Zwang und Gewalt herbeigeführten.


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