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Polen - Drehkreuz für Hilfs- und Waffenlieferungen

14.04.2022  |  Vertrauliche Mitteilungen
Polen ist seit dem offenen Ausbruch des Ukrainekrieges zu einem wichtigen Drehkreuz geworden. Und dies sowohl für die Lieferung ziviler Hilfsgüter als auch von Waffen.

Die zentrale Rolle Polens resultiert einerseits aus dessen geographischer Lage mit einer mehr als 500 Kilometer langen Landgrenze zur Ukraine über die etliche (bisher) gut ausgebaute Straßenverbindungen führen. Die ukrainische Grenze zu anderen Nachbarländern (z.B. Rumänien oder die Slowakische Republik) ist dagegen vielerorts deutlich schwieriger zu passieren.

Andererseits spielt hier auch Polens ausgeprägter politischer Wille, die Ukraine militärisch zu unterstützen, eine wichtige Rolle. Warschau erweist sich nach verbreiteter Beobachterauffassung wieder einmal als das wichtigste Bollwerk an der NATO-Ostflanke. Auf polnischen Flughäfen landen laut lokalen Medienberichten täglich mehr als 10 Transportmaschinen mit Militärgütern, etliche davon kommen aus den USA. Der Weitertransport in die Ukraine erfolgt dann gut getarnt auf wechselnden Landwegen.

In den letzten Tagen zeigte sich die polnische Führung zunehmend verärgert über die nach ihrer Auffassung zu große Offenheit und Transparenz, mit der man in manchen westlichen Hauptstädten über die Militärgut-Hilfslieferungen sprach und spricht.

Daß der polnische Geheimdienst schließlich die eigene Bevölkerung dazu aufrief, keine Bilder von Militärtransporten zu teilen, belegt die Nervosität und die Befürchtung, daß der Konflikt noch auf Polen übergreifen könnte.

Die Polen fühlen sich nicht nur durch die taktischen Langstreckenwaffen Russlands verwundbar, sondern insbesondere auch durch das umfangreiche russische Waffenarsenal, das im Nachbarland Belarus (Weißrussland) zusammen mit den nach dort verlegten russischen Soldaten anzutreffen ist. Die dortigen russischen Kräfte könnten schnell ins polnischukrainische Grenzgebiet vorstoßen und dort die weiteren Hilfslieferungen unterbinden.

Auch wenn es bisher nicht zu einer Sperrung des ukrainischen Luftraums durch die NATO kam, engagieren sich die westlichen Staaten militärisch schon jetzt so entschlossen gegen Russland, wie es bisher noch nie vorgekommen war. Weil es nach Auffassung von Militärexperten dabei zunehmend zu einer verschwimmenden Grenze zwischen rein defensiven Hilfsmaßnahmen und einer zumindest indirekten Kriegsbeteiligung kommt, sprechen immer mehr dieser Fachleute von einem "Balanceakt ohne Netz“.

Wie ernst USA, EU und NATO die von Russland gezogenen „roten Linien“ nehmen sollten, ist militärintern noch umstritten. Nach Russlands offiziellen Verlautbarungen der letzten Monate und seinem letztendlichen Verhalten weiß man zur Zeit nur noch, daß man sich in diesem Zusammenhang besser auf nichts verläßt.

Die kürzliche Drohung des Kremls, daß man eine Nutzung von Flughäfen osteuropäischer NATO-Staaten durch die ukrainische Luftwaffe als eine direkte Beteiligung des Westens am Ukrainekrieg werten würde, wird vor diesem Hintergrund recht ernst genommen.

Wie ernst, das könnte sich spätestens dann herausstellen, wenn Nachbarländer wie Polen oder Rumänien vor der Entscheidung stehen sollten, ob sie z.B. der ukrainischen Luftwaffe eine Flughafennutzung gestatten oder nicht.


© Vertrauliche Mitteilungen
Auszug aus den "Vertrauliche Mitteilungen", Nr. 4487



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