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Das ungelöste Weltgeldproblem und das Gold

18.04.2022  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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In dem Fall jedoch, in dem ein Land (sagen wir Russland) einen Exportüberschuss verbucht (beispielsweise gegenüber Indien), gelangt es in den Besitz von Fremdwährung (in diesem Falle Rupien). Letztere sind für Russland aber nur dann attraktiv, wenn die Fremdwährung international akzeptiert, hinreichend liquide ist, also einfach und schnell gegen anderen Währungen und/oder Güter- und Dienstleistungen eingetauscht werden kann. Doch was ließe sich an die Stelle des US-Dollar stellen? Euro, britisches Pfund, kanadischer Dollar wären aufgrund ihrer Größe kaum geeignet, die Lücke zu füllen, die eine Abkehr vom US-Dollar als Weltreservewährung öffnen würde, zu schließen.

Eine weitere Alternative ist die Verwendung von Gold als Verrechnungseinheit beziehungsweise als Geld. Die Marktpreise von Export- und Importgütern werden in Goldgewicht (Gramm, Feinunzen oder Kilogramm) ausgewiesen, und die Netto-Goldbeträge werden zwischen den Handelspartnern ausgetauscht. Es wäre die Rückkehr zur Zahlungsabwicklung, wie sie in Zeiten des Goldstandards praktiziert wurde und funktioniert hat. Eine wichtige Frage dabei ist jedoch: Wie gelangen die Marktakteure an Gold? Wenn private Haushalte und Firmen Gold für Transaktionszwecke nachfragen, wird das sehr wahrscheinlich die Goldnachfrage und damit auch den Goldpreis in die Höhe treiben.

Prinzipiell denkbar wäre dabei, dass die nationalen Zentralbanken die heimischen Geschäftsbankengeldmengen mit ihrem Währungsgold “decken”. Angesichts der begrenzten Zentralbankgoldreserven und der in den letzten Jahrzehnten stark ausgeweiteten Geschäftsbankgeldmengen käme es jedoch dadurch zu einer drastischen, mitunter extremen Erhöhung des Goldpreises in nationalen Währungen.

Und wenn Gold erst einmal als Zahlungsmittel dient, dann werden auch die Güterpreise in Gold(-gramm) gerechnet früher oder später entsprechend stark in die Höhe steigen - und im Zuge eben dieses Prozesses erodiert die Kaufkraft der Fiat-Währungen. In gleicher Weise verhält es sich, wenn Kryptoeinheiten sich im internationalen Handel als Geld durchsetzen.


Kaufkraft des Geldes sinkt

Diese wenigen Überlegungen sollten bereits deutlich gemacht haben: Das “Weltgeldproblem” ist nach wie vor ungelöst, und es wird sogar noch vergrößert, wenn die Verwendung des US-Dollar als Transaktions- und internationale Währungsreserve an Attraktivität verlieren sollte. Es ist hier zu betonen, dass rein ökonomisch gesehen es vorteilhaft ist, wenn alle an der internationalen Arbeitsteilung Menschen mit dem gleichen Geld ihre Wirtschaftsrechnung durchführen, mit dem gleichen Geld kalkulieren, bezahlen und sparen. Denn dann wird die “produktive Kraft” des Geldes quasi optimiert, und Produktion und Beschäftigung werden bestmöglich gefördert.

Vor diesem Hintergrund ist (1) eine (schleichende oder schnelle) Abkehr vom US-Dollar, wenn er nicht durch eine zumindest gleichwertige Alternative ersetzt wird, und wenn das internationale Geldsystem dadurch sich aufsplittert und disintegriert, keine gute Nachricht für den Wohlstand der Nationen, der sich ja vor allem aus einer funktionierenden, sich immer weiter vertiefenden Arbeitsteilung rund um den Globus speist. Zudem wird (2) eine Abkehr vom US-Dollar aller Voraussicht nach mit einer (mitunter gewaltigen) Herabsetzung der Kaufkraft von US-Dollar, Euro & Co verbunden sein. Der Aspekt ist sehr wichtig zu verstehen, deshalb sei er in der nachstehenden Box noch einmal illustriert.


Sinkende Geldnachfrage, Entwertung des Geldes

In einer Geldwirtschaft dient Geld als Tauschmittel. Güter werden hier gegen Geld getauscht. Das heißt: Wer ein Gut anbietet, der fragt Geld nach; und wer Geld anbietet, der fragt Güter nach. So gesehen gilt: Güterangebot = Geldnachfrage und Güternachfrage = Geldangebot. Das ist in der nachstehenden Graphik aufgezeigt.

Auf der vertikalen Achse steht der Preis für ein Gut (also die Anzahl der Geldeinheiten, die man für den Kauf eines Gutes (hier Brot) aufwenden muss). Auf der horizontalen Achse ist die Gütermenge beziehungsweise die Anzahl der Geldeinheiten abgetragen. Das Güterangebot (= Geldnachfrage) steigt mit zunehmendem Güterpreis: Je höher der Preis, desto mehr Anbieter bieten das Gut an und desto höher ist die Geldnachfrage (ausgedrückt als Anzahl der Geldeinheiten pro Brot).

Entsprechend erklärt sich die Güternachfrage (= Geldangebot): Es nimmt mit fallendem Preis zu (es werden weniger Geldeinheiten pro Brot angeboten). Durch das Zusammenspiel von Güternachfrage und Güterangebot (also Geldangebot und Geldnachfrage) bildet sich der markträumende Preis. Wenn nun beispielsweise die Geldnachfrage (das Güterangebot) abnimmt, zeigt sich das in einer Linksverschiebung der roten Linie: Eine gegebene Gütermenge wird nunmehr zu einem höheren Preis angeboten, beziehungsweise zu einem gegebenen Preis werden nunmehr weniger Güter angeboten.

Anders gesagt: Für ein gegebenes Güterangebot müssen nunmehr mehr Geldeinheiten gezahlt werden, beziehungsweise für einen gegebenen Preis (Anzahl der Geldeinheiten pro Gut) erhält man nunmehr weniger Güter. Der Rückgang der Geldnachfrage zeigt sich in einer Bewegung von Punkt A auf Punkt B. (Die Veränderung der Güternachfrage beziehungsweise des Geldangebots soll hier nicht weiter betrachtet werden.)

Man erkennt: Wenn die Geldnachfrage abnimmt - wie es im Text die "Ent-Dollarisierung" andeutet -, dann ist damit ein Anstieg der Güterpreise und damit eine Herabsetzung der Kaufkraft des Geldes verbunden.


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Was aber könnte den US-Dollar als Weltgeld (also eine Institution, die aus ökonomischer Sicht wünschenswert ist) ersetzen? Auf diese Frage gibt es zwar keine "verlässliche" Antwort. Aber eine Antwort drängt sich doch auf: Gold. Das Gold hat sich schließlich in der Vergangenheit bereits als Weltgeld bewährt. Und es gibt keine Gründe, warum das Gold nicht auch heute und künftig die Funktion des Weltgeldes übernehmen könnte. In jedem Fall dürfte das gelbe Metall eine verstärkte Nachfrage erfahren von Seiten privater Anleger für Spar- und Versicherungszwecke. Und auch Zentralbanken dürften verstärktes Interesse zeigen, ihre Währungsreserven zu diversifizieren und Goldbestände aufzustocken.

© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH



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