Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Fed: 1%? – G-20 FM-Treffen auf Bali – China reüssiert im Außenhandel

14.07.2022  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,0021 (05:03 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 0,9999 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 138,07. In der Folge notiert EUR-JPY bei 138,39. EUR-CHF oszilliert bei 0,9841.

An den Finanzmärkten ergeben sich keine neuen Trends. Die Märkte mäandern auf bekannten Niveaus. Einer Portion ansatzweiser Risikofreude folgt eine Portion erhöhter Risikoaversion. Die Augen sind auf die nächste Sitzung des Offenmarktausschusses wegen der von US-Notenbanker Bostic gestern ins Spiel gebrachten Zinserhöhung um 1,00% gerichtet, nachdem die Notenbank Kanadas gestern mit einem Zinsschritt um 1,00% vorpreschte. Die Chance ist real: damit würde das EZB-Zinserhöhungsproblem erhöht.

Sie sind aber auch auf das G-20 Finanzministertreffen fokussiert, das am Freitag und Samstag auf Bali stattfindet. Darüber hinaus bestimmt die Entwicklung in der Ukraine-Krise die weitere Entwicklung der Weltwirtschaft und der Finanzmärkte.

Der IWF kündigte an, die BIP-Prognose für 2022/2023 zu senken. Rezessionsgefahren nähmen zu. Arbeitgeberpräsident Dulger sagte, man stünde vor der größten Krise, die das Land je hatte. Das, was wir hier vor Monaten als Risiken thematisierten, findet nun den Weg in den Mainstream.


G-20 Finanzministertreffen in Bali

Indonesien ist bemüht, Konsens zu schaffen. Laut deutschen Regierungskreisen würde es weniger symbolische Proteste geben. Offen ist, ob es zu einem Abschlussdokument kommen wird. Der russische Finanzminister Siluanow würde zugeschaltet. Ein deutscher Regierungsvertreter sagte, Russland solle direkt angegangen werden. Die Notenbankchefs nehmen auch teil. Der indonesische Zentralbankchef Warjiyo sagte, man hoffe auf ein gemeinsames Abschlussdokument. Ansonsten gäbe es eine Zusammenfassung Indonesiens.

Kommentar: Die Wahrscheinlichkeit, dass nur CO2 ausgestoßen wird, ist erheblich. Interessant wird sein, ob dieser Gipfel der Finanzminister und Notenbanker bestätigen wird, dass die G-7 Länder sich ob der brachialen Folgen der nicht mit den betroffenen Ländern abgestimmten Sanktionspolitik international isoliert haben, was sich in den jüngsten Formaten abzeichnete. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch. Symbolpolitik soll übrigens eine Außenwirkung auf das eigene Klientel haben, sie ist für nachhaltige und lösungsorientierte Diplomatie nicht produktiv.


China beeindruckte mit Außenhandel im 1. Halbjahr

Trotz der rigorosen Corona-Politik, die die Wirtschaft Chinas immer wieder markant einschränkte, setzte China im 1. Halbjahr 2022 positive Akzente im Außenhandel. Die Daten belegen die Bedeutung, die China in der und für die Weltwirtschaft spielt. China ist unverzichtbar (Grafik © Lowy Institute).

Open in new window

Kommen wir zu Fakten: Das Volumen des Außenhandels, also die Summe der Importe und Exporte stieg im 1. Halbjahr im Jahresvergleich um 9,4% auf 2,94 Billionen USD. Der Beitrag der Exporte lag bei einer Zunahme um 13,2%, während Importe um 4,8% stiegen. Dazu Grafiken aus der Global Times:

Open in new window

Der Vergleich der Struktur- und Konjunkturdaten zwischen China und den westlichen Ländern fällt trotz des hybriden Finanz- und Wirtschaftskriegs immer stärker zu Gunsten Chinas aus. Das wird Folgen zeitigen. Damit nehme ich hier keine „Seite“ ein, sondern beschreibe die Kraft des "normativ Faktischen". Wie attraktiv ist für Drittländer ein sich abschwächenden Westen in Struktur und Konjunktur, dessen Isolierung auf dem letzten G-20 Treffen erkennbar wurde? Wie attraktiv mag ein Land erscheinen, das strukturell und konjunkturell trotz einer rigorosen Corona-Politik überzeugt, das nicht in die Innenpolitik dritter Länder eingreift, wie es der Westen regelmäßig tut (u.a. Konditionen für den Wirtschaftsverkehr)?

Anmerkung: Die zum Teil feindseligen Worte, die seitens mancher "politischer Elite" Europas in Richtung China gerichtet wurden und werden, erinnern in diesem Kontext an die abschätzigen Worte dieses Personenkreises in Richtung Russland bezüglich der Bedeutung für die Weltwirtschaft, die von Irrtum getränkt waren und sind. Es kommt eben nicht immer auf die Größe, sondern bisweilen auf die strategische Bedeutung (u.a. Rohstoffe) an. Für diesen Personenkreis gilt, Selbstüberschätzung kommt vor dem Fall. Voraussichtlich werden die Menschen und Unternehmen und nicht die verantwortlichen Politiker den Preis der Hybris der „politischen Eliten“ zahlen. Dieser Preis wurde und wird unterschätzt.


Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:

China: China mit starken Exporten

Der Handelsbilanzüberschuss stellte sich per Juni auf 97,94 Mrd. USD (Prognose 75,70 Mrd.) nach zuvor 78,76 Mrd. USD. Exporte legten unerwartet stark um 17,9% (Prognose 12,0%) nach zuvor 16,9% im Jahresvergleich zu, während Importe lediglich einen Anstieg um 1,0% (Prognose 3,9%) nach zuvor 4,1% verbuchten.


Eurozone: Industrieproduktion stärker als erwartet

Die Industrieproduktion nahm per Mai im Monatsvergleich um 0,8% (Prognose 0,3%) nach zuvor 0,5% (revidiert von 0,4%) zu. Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 1,6% (Prognose 0,3%) nach zuvor -2,5% (revidiert von -2,0%).

In Deutschland wurden die vorläufigen Werte der Verbraucherpreise per Juni (Monatsvergleich 0,1%, Jahresvergleich 7,6%) bestätigt.

In Frankreich wurde der vorläufige Wert der Verbraucherpreise per Juni im Jahresvergleich bei 6,5% bestätigt.


UK: BIP besser als erwartet - Handelsbilanz mau

Das BIP stieg per Berichtsmonat Mai im Monatsvergleich um 0,5% (Prognose 0,0%) nach zuvor -0,2% (revidiert von -0,3%). Die Handelsbilanz wies per Mai ein Defizit in Höhe von 21,45 Mrd. GBP aus. Der Vorm0omnatswert wurde von -20,89 auf-21,52 Mrd. GBP revidiert. Der Index RICS Housing Survey sank per Juni von zuvor 72 (revidiert von 73) auf 65 Punkte (Prognose 70) und markierte den tiefsten Indexwert seit März 2021.


USA: Hypothekenmarkt schwach - Inflation höher

Der von der MBA ermittelte Hypothekenmarktindex sank in der Berichtswoche per 8. Juli von zuvor 305,2 auf 300,0 Zähler und oszilliert damit weiter auf den tiefsten Niveaus seit Ende 1999.

Die US-Verbraucherpreise nahmen per Juni im Monatsvergleich um 1,3% (Prognose 1,1%) nach zuvor 1,0% zu. Im Jahresvergleich ergab sich ein anstieg um 9,1% (Prognose 8,8%) nach zuvor 8,6%. Die Kernrate der Verbraucherpreise legte per Juni im Monatsvergleich um 0,7% (Prognose 0,6% ) nach zuvor 0,6% zu. Im Jahresvergleich lag die Zunahme bei 5,9% (Prognose 5,7%) nach zuvor 6,0%.

Reale Wochenlöhne sanken per Juni im Monatsvergleich um 1,0% nach zuvor -0,9% (revidiert von -0,7%). Seit Januar diesen Jahres gab es keine positive Entwicklung. Das Federal Budget wies per Juni ein Defizit in Höhe von 89,0 Mrd. USD (Prognose -76,5 Mrd. USD) nach zuvor -66,0 Mrd. USD aus.


Kanada: Großer Schluck aus der „Zinspulle“

Die Zentralbank hob den Leitzins unerwartet stark von zuvor 1,50% auf 2,50% (Prognose 2,25%) an.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem EUR favorisiert. Ein Überschreiten des Widerstandsniveaus bei 1.0870 - 1.0900 neutralisiert den positiven Bias des USD.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe



Hinweis: Der Hellmeyer Report ist eine unverbindliche Marketingmitteilung der Netfonds AG, die sich ausschließlich an in Deutschland ansässige Empfänger richtet. Er stellt weder eine konkrete Anlageempfehlung dar noch kommt durch seine Ausgabe oder Entgegennahme ein Auskunfts- oder Beratungsvertrag gleich welcher Art zwischen der Netfonds AG und dem jeweiligen Empfänger zustande.

Die im Hellmeyer Report wiedergegebenen Informationen stammen aus Quellen, die wir für zuverlässig halten, für deren Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität wir jedoch keine Gewähr oder Haftung übernehmen können. Soweit auf Basis solcher Informationen im Hellmeyer Report Einschätzungen, Statements, Meinungen oder Prognosen abgegeben werden, handelt es sich jeweils lediglich um die persönliche und unverbindliche Auffassung der Verfasser des Hellmeyer Reports, die in dem Hellmeyer Report als Ansprechpartner benannt werden.

Die im Hellmeyer Report genannten Kennzahlen und Entwicklungen der Vergangenheit sind keine verlässlichen Indikatoren für zukünftige Entwicklungen, sodass sich insbesondere darauf gestützte Prognosen im Nachhinein als unzutreffend erweisen können. Der Hellmeyer Report kann zudem naturgemäß die individuellen Anlagemöglichkeiten, -strategien und -ziele seiner Empfänger nicht berücksichtigen und enthält dementsprechend keine Aussagen darüber, wie sein Inhalt in Bezug auf die persönliche Situation des jeweiligen Empfängers zu würdigen ist. Soweit im Hellmeyer Report Angaben zu oder in Fremdwährungen gemacht werden, ist bei der Würdigung solcher Angaben durch den Empfänger zudem stets auch das Wechselkursrisiko zu beachten.



Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!



Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"