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FOMC setzt positiven Akzent - USA: Einigung auf Gesetzespaket - USA: Neue Partei

28.07.2022  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.0211 (05:30 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0097 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 135,29. In der Folge notiert EUR-JPY bei 138,14. EUR-CHF oszilliert bei 0,9783.


Offenmarktausschuss setzt positiven Akzent

Am Finanzmärkt dominierte insbesondere nach der US-Zinserhöhung um 0,75% auf ein Zielband von jetzt 2,25% - 2,50% Zuversicht trotz zum Teil ernüchternden Konjunkturdaten. Der Anlagezins wurde von 1,65% auf 2,40% angepasst. Damit ergibt sich für US-Banken anders als in der Eurozone (Leitzins 0,50%, Anlagezins 0,00%) nicht das Dilemma, mit der massiven Überschussliquidität Erträge zu verbrennen. Die Zinserhöhung seitens des Offenmarktausschusses entsprach den Erwartungen. Weitere Zinserhöhungen stehen laut Offenmarktausschuss der US-Notenbank grundsätzlich auf der Agenda. Die quantitative Politik (Reduzierung der Bilanz der Fed) wurde nicht angetastet.

Die vorherige Vollmundigkeit bei der Bewertung der Konjunkturlage ist einer nüchterneren Betrachtung gewichen. Damit wird die zukünftige US-Zinspolitik stärker von der Entwicklung der Konjunkturlage hinsichtlich der Amplitude der Zinsschritte beeinflusst. Darauf reagierte der Finanzmarkt mit einer Portion Risikobereitschaft.

Aktienmärkte sind heute früh freundlich gestimmt. Die Kapitalmärkte konsolidieren die Zinsrückgänge der Vortage (Bunds 0,95%, Treasuries 2,79%).

Erkennbar ist an den Kapitalmärkten durch die aktuelle Politik der Fed und der EZB eine Verflachung der Zinskurve, die von uns favorisiert wurde als Konsequenz der aktuellen Leitzinserhöhungen. Je stärker der kurze Zins nach oben geht, desto beruhigter oder niedriger ist der Zins bei langen Laufzeiten. So stellt sich die Differenz zwischen Leitzins (2,375%) und der Rendite der 10 jährigen US-Staatsanleihe (2,79%) nun auf nur noch circa 0,42% nach zuvor 1,17% (Eurozone Bunds zu Leitzins 0,45%, vor Zinserhöhung der EZB bei circa 1,00%).

Was sagt der Bondmarkt damit aus? Eine angemessene Leitzinspolitik führt zu Zuversicht an Kapitalmärkten, die die Inflationserwartungen in der Gesamtwirtschaft auf niedrigerem oder mäßigerem Niveau verankern hilft.

Die edlen Metalle gewannen an Boden. Gleiches gilt für die Ölpreise. Der USD verlor gegenüber dem Euro an Boden. Der Euro konnte die Marke von 1,02 zunächst wieder überwinden.


USA: Einigung auf Gesetzespaket

Die Demokraten einigten sich auf ein Gesetzespaket für das Gesundheitswesen, den Klimaschutz und die Erhöhung von Unternehmenssteuern. Der demokratische US-Senator Manchin hatte das Vorhaben des US-Präsidenten bisher blockiert. Chuck Schumer will das Paket nun mittels des "Reconciliation"-Verfahrens für Haushaltsgesetze mit einer einfachen Mehrheit im Senat umsetzen. Der Entwurf umfasst 430 Mrd. USD für Investitionen in Energietechnologien, in die Krankenversicherung und in Subventionen für Elektrofahrzeuge.

Der jetzige Entwurf ist wesentlich kleiner als das Vorhaben, das die Demokraten zuvor auf der Agenda hatten. Es ist gleichwohl ein Fortschritt für Bidens politische Agenda im Vorfeld der Zwischenwahlen am 8. November, die darüber entscheiden werden, ob die Demokraten die Kontrolle im Kongress behalten. Kommentar: Es ist zu begrüßen, dass dieses Programm in die politische Umsetzung kommt.

Es ist jedoch bedauernswert, dass es eingedampft wurde, denn hier handelt es sich um strukturelle Maßnahmen (Aristoteles). Ein "Tiger" ist gesprungen, um nicht als Teppichvorleger, aber als Hauskatze zu landen. Ob das den Demokraten bei den Midterm-Elections helfen wird, ist mehr als fraglich, denn die Umsetzung steht erst in der weiteren Zukunft an.

Werfen wir einen Blick auf die Finanzierung: Die Ausgaben würden sich durch eine Erhöhung der Mindeststeuern für große Unternehmen und die Durchsetzung bestehender Steuergesetze finanzieren.

Kommentar: Die Erhöhung der Mindeststeuern sind eine Gegenfinanzierung. Die Durchsetzung der Steuergesetze darf jedoch eher als Wunschdenken klassifiziert werden. Ich wünsche den USA, wie anderen Ländern auch, in diesem Sektor erfolgreich zu sein, denn "soziale Trittbrettfahrer" braucht kein Land.


USA: Bemüht um manipulative Begriffsbestimmung

US-Finanzministerin Yellen hat sich neben anderen US-Vertretern auf das Feld der Narrative bei der Begriffsbestimmung einer Rezession begeben. Wann spricht man von einer Rezession? Es gilt die Regel, dass man von einer Rezession spricht, wenn es zwei Quartale in Folge zu einen Rückgang des BIP im Quartalsvergleich kommt. Das ist eine rein quantitative Bewertung, die nicht danach fragt, ob Sanktionen, Pandemien oder andere Ursachen dafür verantwortlich sind. Ergo werden qualitative Aspekte in dieser Frage vollständig ausgeblendet.

Bei ihrem Auftritt bei "Meet the press" sagte Yellen, es sei keine Rezession. Um von einer Rezession sprechen, müsse es zu einer breiten Kontraktion in der gesamten Wirtschaft kommen. Sie sagte, auch wenn es jetzt das zweite Quartal in Folge zu einer Kontraktion käme, sei man in den USA nicht in einer Rezession. Sie warnte davor, eine solche Konstellation als Rezession zu bezeichnen. Sie wurde flankiert von dem Wirtschaftsberater Präsident Bidens, der sagte, dass zwei Quartale Kontraktion der Wirtschaftsleistung nicht die technische Definition einer Rezession sei.

Kommentar: Vor den Wahlen im November hat die US-Administration ein veritables Interesse, den Begriff Rezession zu vermeiden. Dieser Versuch seitens Yellens und dem Rest der Administration ist ambitioniert. Es erinnert stark an Alan Greenspan, der die Welt mit "Neuen Paradigmen" als Chef der US-Notenbank der Welt "beglückte", um US-Interessen zu befördern, für die der Rest der Welt dann bitter bezahlte (neue Markt-Krise).

Ich biete Ihnen Klartext an. Eine Rezession ist laut technischer Definition der Rückgang des BIP zwei Quartale in Folge im Quartalsvergleich. Wer daran rüttelt, bedient sich manipulativer Begriffsbestimmung und bedient damit partikulare Interessenpolitik, mehr nicht, weniger auch nicht.



USA: Neue Parteigründung

In den USA wird eine dritte Partei von ehemaligen Demokraten und Republikanern unter dem Namen "Forward", die politisch in der Mitte etabliert sein soll, gegründet.

Kommentar: Ich wünsche den USA mehr politischen Pluralismus. Dieses Projekt, wenn es dann bedeutungsvoll werden soll, braucht aber viel Geld. Sitzen dann nicht dieselben Drahtzieher hinter dieser neuen Partei, die schon hinter Demokraten und Republikanern bestimmend sind (Systemproblem)?


Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:

Eurozone: Stimmung kippt - Kreditaufnahme der Unternehmen steigt

Die Geldmenge der Eurozone M-3 stieg per Juni im Jahresvergleich um 5,7% (Prognose 5,4%) nach zuvor 5,6%. Kredite an Privathaushalte legten um 4,6% nach zuvor 4,6% zu, während Kredite an Unternehmen um 6,8% nach zuvor 5,8% zunahmen. Die Entwicklung der Unternehmenskredite muss im Zusammenhang der Ukrainekrise als Ausdruck eines zunehmenden Stresszustands interpretiert werden (u.a. erhöhte Lagerhaltung bei steigenden Einkaufspreisen).

Deutschland: Der GfK-Konsumklimaindex für den Berichtsmonat August sank von zuvor -27,7 (revidiertvon -27,4) auf -30,6 Punkte (Prognose -28,9) und markierte ein neues Allzeittief in der bis 1991 zurückgehenden Historie.

Frankreich: Der Index des Verbrauchervertrauens fiel per Juli von zuvor 82 auf 80 Punkte (Prognose 80) und markierte den tiefsten Indexstand seit Juni 2013. Die Zahl der Arbeitslosen stellte sich in Frankreich per Juni auf 2.946.500 nach zuvor 2.932.900.

Italien: Der Index des Verbrauchervertrauens sackte per Juli von zuvor 98,3 auf 94,8 Punkte (Prognose 96,6) und markierte den niedrigsten Indexwert seit Mai 2020. Der Index, der die Stimmungslage im Verarbeitenden Gewerbe spiegelt fiel per Juli von 109,5 (revidiert von 110.0) auf 106,7 Zähler (Prognose 108,0). Das war der tiefste Wert seit April 2021.


USA: Negative Daten überwiegen - "Kriegskonjunktur" bei Aufträgen

Der MBA Hypothekenmarktindex sank in der Berichtswoche per 22. Juli von zuvor 281,1 auf 276,0 Punkte. Das war der tiefste Wert seit Januar 2000. Der Auftragseingang für langlebige Wirtschaftsgüter setzte mit einem Anstieg um 1,9% im Monatsvergleich (Prognose -0,5%) nach zuvor 0,8% einen positiven Akzent. Ohne den Militärsektor lag die Zunahme bei 0,4%. Ergo spielen Militäraufträge eine besondere Rolle. Der Index anhängiger Hausverkäufe brach per Juni im Monatsvergleich um 8,6% von 99,6 auf 91,0 Punkte ein und markierte den tiefsten Indexwert seit April 2020.


Russland: Datenschwäche, aber partiell Widerstandskraft

Das russische BIP sank im 2, Quartal 2022 im Jahresvergleich um 4,0% nach +3,5% im 1. Quartal. Die Industrieproduktion fiel per Juni im Jahresvergleich um 1,8% (Prognose -5,3%) nach zuvor -1,7%. Einzelhandelsumsätze sanken per Juni im Jahresvergleich um 9,6% (Prognose -8,7%) nach zuvor -10,1%. Reale Löhne gingen per Mai im Jahresvergleich um 6,1% (Prognose -4,4%) nach zuvor -7,2% zurück. Die Arbeitslosenquote stellte sich per Juni auf 3,9% (Prognose 4,2%) nach zuvor 3,9%.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem EUR favorisiert. Ein Überschreiten des Widerstandsniveaus bei 1.0450 - 1.0480 neutralisiert den positiven Bias des USD.

Viel Erfolg!

© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe



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