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Mehr Risikobereitschaft an Märkten - Rezession in den USA

29.07.2022  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.0201 (05:37 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0115 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 133,49. In der Folge notiert EUR-JPY bei 136,23. EUR-CHF oszilliert bei 0,9723.

Für die kommenden zwei Wochen übernimmt Christian Buntrock den Report. Ich wünsche Ihnen mit Christian Buntrock eine erkenntnisreiche Zeit und bedanke mich für Ihr Interesse in den abgelaufenen Monaten. Merci!

In eigener Sache verweise ich auf das gestern aufgezeichnete Interview mit "Der Aktionär" (Link), das alle aktuellen Themen aufnimmt. Indizien für eine Neuausrichtung in der Ukraine-Krise werden neben anderen Themen adressiert.


An den Finanzmärkten kam es gestern zu erhöhter Risikobereitschaft

Diese Risikobereitschaft wurde insbesondere an den Aktienmärkten deutlich. Die US-Zinserhöhung um 0,75% hat nicht verunsichert. Auch die unerwartet schwachen US-BIP-Daten hatten keine negativen Folgen für die westlichen Aktienmärkte.

Unterstützend wirkte die Verflachung der Zinskurven. Die Rendite der US-Staatsanleihen mit 10-jähriger Laufzeit sanken weiter und notieren aktuell bei 2,67% (Vortag 2,79%), während sich die Rendite der 10-jährigen Bundesanleihe auf aktuell 0,81% (Vortag 0,95%) stellt.

Um diese Renditeniveaus einzuordnen, bedarf es einer Betrachtung der Entwicklung in den letzten sechs Wochen. Die Rendite der 10-jährigen Bundeanleihe lag in der Spitze per 2022 bei 1,83% am 16. Juni 2022. Seither kam es also zu einem Renditerückgang um mehr als 1%. Der Höchststand der Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihe wurde mit 3,48% am 14. Juni 2022 markiert. Hier stellt sich der Renditerückgang auf gut 0,80%. Das sind beachtliche Anpassungen. Sie müssen auch als Ausdruck veränderter Konjunktur- und Inflationserwartungen interpretiert werden. In dem Maße, wie Renditen am Kapitalmarkt sinken, werden Aktienmärkte attraktiver.

Die edlen Metalle kamen auch in Bewegung. Gold notiert heute früh oberhalb der Marke von 1.760 USD pro Unze. Silber hat die 20 USD-Marke geknackt. Edle Metalle agierten früher antizyklisch. Seit 2007/2008 ist eine prozyklische Qualität erkennbar. Der Euro oszilliert gegenüber dem USD stabil um die Marke von 1,02. EZB-Ratsmitglied Visco zeigt sich noch unbesorgt ob des Euros.


Rezession in den USA!

Gemäß technischer Definition befinden sich die USA nun in einer Rezession, da zwei Quartale in Folge ein Rückgang des BIP auf Quartalsbasis verzeichnet wurde. Laut vorläufiger Berechnung kam es im 2. Quartal 2022 zu einer Kontraktion des BIP im Quartalsvergleich um 0,9% (Prognose +0,5%) nach zuvor -1,6%.

Kommentar: Die Versuche seitens der US-Administration, die Definition einer Rezession umzuschreiben, sind nicht ernst zu nehmen. Fakt ist, dass die US-Wirtschaft trotz der Sonderkonjunktur im Militärgütersektor und im Sektor Öl- und Gasindustrie in der Breite unter Druck steht. Die US-Wirtschaft ist anders als andere Wirtschaftsräume keine maßgeblich von wiederkehrenden Einkommen geprägte Ökonomie (Income-driven economy).

Die Bewertung von Vermögensgegenständen spielt für den Konjunkturverlauf eine erhebliche Rolle (asset-driven economy). Dabei kommt den Aktienmärkten und Immobilienmärkten eine herausragende Rolle (u.a. Kreditaufnahme auf nicht realisierte Gewinne) zu. Bisher kam es nur an den Aktienmärkten zu Einbußen. Das Preisniveau an den Immobilienmärkten lieferte noch keine Belastungen. Die Daten von den Hypothekenmärkten (MBA-Hypothekenmarktindex auf Tiefstwert seit 01/2020) oder die Einbrüche bei dem Absatz neuer Wohnimmobilien (Tiefpunkt seit 10/2018) sind Frühindikatoren für erhöhte Risiken in der Bewertung des US-Immobilienmarkts.

Entscheidend für den weiteren Verlauf der Rezession wird die Zinspolitik der US-Notenbank sein, denn sowohl das Verschuldungsniveau der US-Konsumenten als auch der US-Unternehmen bewegt sich an historischen Höchstmarken. Daraus folgt zwingend eine erhöhte Zinssensibilität. Nachfolgende Charts der Federal Reserve St-Louis belegen vorgenannte Entwicklungen.


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Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:

Eurozone: Sentiment bricht weg - Italien und Spanien mit erfrischenden Daten

Der Economic Sentiment der Eurozone Index brach per Berichtsmonat Juli unerwartet von zuvor 103,5 (revidiert von 104,0) auf 99,0 Zähler ein. Die Prognose lag bei 102.. Der Index markierte den tiefsten Stand seit Februar 2021.

Frankreich: Die Erzeugerpreise nahmen per Juni im Monatsvergleich um 1,3% nach zuvor -0,3% (revidiert von -0,1%) zu. Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 27,0% nach zuvor 27,1% (revidiert von 27,3%).

Spanien: Die Arbeitslosenrate fiel per 2. Quartal 2022 von zuvor 13,65% auf 12,48% (Prognose 13,00%). Die spanischen Einzelhandelsumsätze nahmen per Juni im Jahresvergleich um 1,0% nach zuvor 1,3% zu.

Italien: Der Absatz der Industrie verzeichnete per Mai im Monatsvergleich eine Zunahme um 1,4% nach zuvor 2,8% (revidiert von 2,7%). Im Jahresvergleich übersetzte sich das in einen Anstieg um 23,6% nach zuvor 22,0%.

Deutschland: Laut vorläufigen Berechnungen nahmen die Verbraucherpreise per Juli im Monatsvergleich um 0,9% (Prognose 0,6%) nach zuvor 0,1% zu. Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 7,5% (Prognose 7,4%) nach zuvor 7,6%.


USA: US-Wirtschaft in Rezession

Das BIP verzeichnete laut vorläufiger Berechnung per 2. Quartal 2022 in der auf das Jahr hochgerechneten Fassung einen Rückgang um 0,9% (Prognose +0,5%) nach zuvor -1,6%. Die Arbeitslosenerstanträge stellten sich per Berichtswoche 23. Juli 2022 auf 256.000 (Prognose 253.000) nach zuvor 261.000 (revidiert von 251.000). Der Kansas City Fed Composite Index stieg per Berichtsmonat Juli von zuvor 12 auf 13 Punkte.


Russland: Wenig Veränderung bei Reserven

Die Devisenreserven lagen in der Berichtswoche per 22. Juli 2022 bei 567,0 nach zuvor 565,3 Mrd. USD.


Japan: Daten überwiegend Ausdruck von Dynamikverlusten

Die Arbeitslosenrate verharrte per Juni bei 2,6% (Prognose 2,5%). Die Industrieproduktion sank im Jahresvergleich per Juni um 3,1% nach zuvor -4,7%. Die Einzelhandelsumsätze stiegen im Jahresvergleich per Juni um 1,5% (Prognose 2,8%) nach 3,7%. Die Neubaubeginne sanken per Juni im Jahresvergleich um 2,2% (Prognose -1,2%) nach -4,3%. Die Bauaufträge legten per Juni im Jahresvergleich um 15,5% nach zuvor 19,5% zu. Der Index des Verbrauchervertrauens sank per Juli von 32,1 auf 30,2 Zähler und markierte den tiefsten Indexwert seit Januar 2021.


Südkorea: Dynamikverluste

Die Industrieproduktion legte per Juni im Jahresvergleich um 1,4% (Prognose 2,0%) nach zuvor 7,4% zu Die Einzelhandelsumsätze sanken per Juni im Monatsvergleich um 0,9% nach zuvor -0,2%.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem EUR favorisiert. Ein Überschreiten des Widerstandsniveaus bei 1.0450 - 1.0480 neutralisiert den positiven Bias des USD.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe



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