Inflation, Hochinflation, Hyperinflation
03.09.2022 | Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Der fortgesetzte Betrug durch die Zentralbank lässt über kurz oder lang das Vertrauen in das Geld schwinden. Die Menschen versuchen, ihre Kassenhaltung zu verringern. Sie fragen mit ihrem Geld verstärkt andere Güter nach. Das wiederum verstärkt den allgemeinen Anstieg der Güterpreise, und die steigenden Güterpreise und die fallende Geldnachfrage verstärken sich gegenseitig.Dann dauert es nicht mehr lange, und die Erwartung setzt sich durch, dass die Zentralbank die Geldmenge mit immer stärkeren Raten ausweiten wird - also von, sagen wir, 10 Prozent in diesem Jahr auf 15 Prozent im nächsten Jahr, dann auf 25 Prozent im darauffolgenden Jahr, dann auf 40 Prozent und so weiter -, und dass dieser Prozess kein Ende findet. Schließlich setzt die Flucht aus dem Geld ein.
Es kommt zur Katastrophenhausse, in der die Menschen bestrebt sind, ihr Geld gegen alle noch verfügbaren werthaltigen Dinge (Aktien, Häuser, Uhren, Edelmetalle) inzutauschen. Im Extremfall kollabiert die Kaufkraft des ungedeckten Geldes, es hört auf, Geld zu sein, und die Geldhalter und Sparer erleiden einen Totalverlust.
Kann ein Hyperinflationsprozess gestoppt werden? Die Antwort ist: theoretisch ja. Die Zentralbank muss nur aufhören, die Geldmenge auszuweiten. Doch genau dagegen regt sich üblicherweise heftiger politischer Widerstand, gerade wenn eine Hochinflation bereits in Gang gekommen ist. Vor allem scheut man die Staatspleite, die damit verbundene Wirtschafts- und Gesellschaftskrise. Die staatlich bestellten Zentralbankräte sehen nicht selten es als ihre Pflicht an, den Staat in einer Notlage nicht Pleite gehen zu lassen, auch wenn das den Geldwert ruiniert.
In ausgedehnten Wohlfahrtsstaaten, die hoch verschuldet sind, ist die Gefahr der Hyperinflation als besonders hoch einzustufen - weil hier sehr viele Menschen am finanziellen Tropf des Staates hängen, und sie es vorziehen - zumindest anfänglich -, dass der Staat zahlungsfähig bleibt, auch wenn die Inflation dadurch immer weiter ansteigt.
Irgendwann werden jedoch die volkswirtschaftlichen Kosten der Hyperinflation untragbar. Die Hyperinflation ist so gesehen endlich. Entweder sie endet damit, dass man mit der Geldmengenvermehrung aufhört, die Währung vor dem Untergang bewahrt, eine Bereinigungskrise zulässt - wie geschehen in Österreich Anfang 1923. Oder sie endet damit, dass die Kaufkraft des Geldes vollständig zerstört wird, und im Zuge einer Währungsreform die kaputte Währung dann durch eine neue ausgetauscht wird (wie beispielsweise in der Weimarer Republik im November 1923 die Mark durch die Rentenmark ersetzt wurde).
Oder indem sprichwörtlich viele Nullen auf den Geldscheinen gestrichen werden - wie es beispielsweise in der Türkei im Jahr 2005 geschah, als sechs Nullen auf den Banknoten gelöscht und entsprechend auch die Kontostände angepasst wurden (zum Beispiel wurden aus 1 Millionen Türkische Lira 1 neue Türkische Lira).
Sie werden jetzt vielleicht fragen: Steht eine Hyperinflation vor der Tür? Nicht zu übersehen ist, dass aus Inflation schon Hochinflation geworden ist. So stiegen im Juli 2022 die US-amerikanischen Konsumgüterpreise um 8,5%, im Euroraum um knapp 9 Prozent.
Das ist vor allem möglich geworden, weil die Zentralbanken für einen gewaltigen Geldmengenüberhang gesorgt haben. In den USA beträgt er schätzungsweise 15 Prozent, ähnliche Größenordnung hat er im Euroraum. Als grobe Daumenregel lässt sich daraus ableiten, dass die Güterpreise in eben dieser Größenordnung noch zunehmen werden - etwa in dem Sinne, dass die Güterpreise in einem Jahr um 15% ansteigen, oder dass sie innerhalb von zwei Jahren um etwa 7,5% pro Jahr zulegen.
Aus der bisherigen Geldmengenvermehrung selbst resultiert zwar Hochinflation (was schlimm genug ist), aber noch keine Hyperinflation. Grund für Entwarnung gibt es dennoch nicht. Denn die Zentralbankpolitik der letzten Jahre macht nämlich unmissverständlich deutlich, dass in Zeiten der Bedrängnis das Drucken von neuem Geld als das vergleichsweise kleinste Übel angesehen wird.
Das ist untrüglich die Geisteshaltung des Inflationismus, die die Politik der Inflation befördert. Und der Inflationismus greift um sich in einer Zeit, in der die Volkswirtschaften nach Dekaden chronischer Fiatgeldvermehrung hoch verschuldet, im Grunde überschuldet sind.
Die daraus resultierenden Bedrängnisse und Nöte und Versuchungen können nur allzu leicht eine immer ungehemmtere Geldmengeninflation auslösen, die sich politisch nicht mehr eindämmen lässt, und aus der schließlich Hyperinflation erwächst. So gesehen kann man sagen: Die Hyperinflation steht nicht direkt vor unserer Tür, aber sie kommt unserem Haus näher und näher - und wenn sich die vorherrschende Geisteshaltung in wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Fragen nicht ganz bald ändert, wird sie nicht anklopfen, sondern irgendwann die Tür eintreten.
Es lässt sich zwar nicht sagen WANN das geschehen wird, aber aus meiner Sicht ist das Aufkommen einer Hyperinflation im Fiatgeldsystem sehr wahrscheinlich, ja nahezu unausweichlich.
Mein Rat an Sie: Vertrauen sie nicht den offiziellen Währungen US-Dollar, Euro & Co. Machen sie sich die Arbeitshypothese zu eigen, dass die Kaufkraft dieser Währungen drastisch herabgesetzt werden, dass einige von ihnen sogar zum Totalverlust werden können. Halten sie nur so wenig wie möglich Geld. Geldbeträge, die sie nicht für ihre laufenden Zahlungen benötigen - wie Termin- und Spareinlagen -, schichten sie am besten um. Beispielsweise in physisches Gold und Silber, in Form von Münzen und Barren. Und kaufen sie sich Aktien (wenn sie kein Experte sind, erwerben sie ein Welt-Aktienmarkt-ETF oder -zertifikat).
Und ja, es gibt weitere Anlagemöglichkeiten, und auch ein erhöhtes Maß an Diversifikation für das Anlageportfolio kann ratsam sein. Aber Produktivkapital (also Aktien) und Edelmetalle in physischer Form (also als Münze oder Barren zu halten), ist eine für viele Menschen einfache, praktikable und kostengünstige Anlageausrichtung, die ihnen helfen wird, den Folgen der Zerstörung des Geldes zumindest teilweise zu entkommen.
© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH