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Warum Freiheit einen freien Markt für Geld braucht

31.10.2022  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Anders als heute würde jedoch in einem freien Markt für Geld die Geldmenge durch die Kreditvergabe der Banken nicht mehr verändert. Es gäbe keine politisch erzeugte Inflation, keine Zentralbank, keine Zinsmanipulationen, und folglich auch keine monetär getriebenen Boom-und-Bust-Zyklen. Und weil die Kriegsführung sehr teuer, quasi unbezahlbar wird, würde auch die Welt friedlicher.


Übergang

Jetzt werden sie fragen: Wird der Staat (wie wir ihn heute kennen) mitspielen und einen freien Markt für Geld eröffnen? Die Antwort ist: sehr wahrscheinlich nicht. Der Staat (wie wir ihn heute kennen) und die Machtstrukturen, die er geschaffen hat, sowie die Sonderinteressengruppen, die sich dieser bedienen, stehen der Idee eines freien Marktes für Geld feindlich, zumindest aber ablehnend gegenüber. Der Weg zu einem freien Markt für Geld wird daher anders, gegen die Interessen des Staates und seiner Günstlinge verlaufen müssen. Wie?

Beispielsweise indem in den großen Staatsgebilden Absetzbewegungen in Gang kommen - weil Menschen ihr Selbstbestimmungsrecht einfordern, weil sie nach Besserung ihrer Lebensbedingungen streben –, es zu Sezessionen kommt und aus großen Staatseinheiten kleine souveräne Einheiten werden. Derartige Sezessionen befördern den Standortwettbewerb. Kleinere politische Einheiten müssen offen für Handel sein, müssen freundlich und friedvoll sein, damit sie für Kapital und Talente attraktiv sind.

Der Anreiz entsteht, Raum für die Lösung des Geldproblems zu schaffen, also einen freien Markt für Geld entstehen zu lassen - alle Regularien und Gesetze abzuschaffen, die einem freien Markt für Geld entgegenstehen (wie zum Beispiel die Mehrwert- und Kapitalertragssteuer auf Edelmetalle und Krypto-Einheiten). Entsteht irgendwo auf der Welt auch nur ein erfolgreiches Referenzprojekt, reicht das sehr wahrscheinlich schon aus, Nachahmer auf den Plan zu rufen, das Konzept eines freien Marktes für Geld, die Freiheit bei der Geldwahl weltweit zu verbreiten.

Was würde mit dem Fiat-Geld passieren, wenn ein freier Markt für Geld sich Bahn bricht? Nehmen wir an, die Menschen wählen Gold als Geld. Die Fiat-Währungen werten dann vermutlich ab gegenüber dem Gold, der Goldpreis in Papiergeldeinheiten steigt an. Wenn Gold Geldfunktion erhält, werden auch die Güterpreise in Goldeinheiten ausgedrückt, und sie steigen in dem Maße an, in dem das Goldgeld gegenüber dem Fiat-Geld aufwertet. Entsprechend verteuern sich auch die Güterpreise in Fiat-Geld gerechnet und bewirken eine Entwertung der Kaufkraft des Fiat-Geldes.

Entsteht ein freier Markt für Geld, wäre folglich zu erwarten, dass die Kaufkraft des Fiat-Geldes herabgesetzt wird. Das Fiat-Geld kann dabei (im Extremfall) sogar zum Totalverlust werden. Ein zweifelsohne unerfreuliches Resultat (und zugleich eine Warnung für alle, die auf Fiat-Geld setzen). Doch wie sähe die Alternative dazu aus?

Düster: Denn die großen Staatsgebilde werden versuchen, groß zu bleiben oder noch größer zu werden; ihr Fiat-Geldsystem ohne Rücksicht auf Verluste zu "retten". Dadurch wird - und im Zitat von Ludwig von Mises wurde es bereits ausgesprochen - das Wenige, was von der freien Wirtschaft und Gesellschaft noch übrig ist, auch noch zertrümmert. An ihre Stelle tritt eine Kommandowirtschaft, in der letztlich der Staat alles und das Individuum nichts ist, eine Art Orwellscher Zuteilungsstaat, eine staatliche Bewirtschaftung, eine sprichwörtliche Versklavung der großen Zahl der Menschen auf der Welt.


Schluss

Sehr verehrte Damen, sehr verehrte Herren, der Weg zurück zu gutem Geld ist selbstverständlich möglich, und im Grunde ist er denkbar einfach und praktikabel, und er ist im allergrößten Interesse der überwäl-tigenden Zahl der Menschen. Ein freier Markt für Geld ist jedoch mit dem großen Staat (wie wir ihn heute kennen) wohl nicht zu machen.

Wenn aber die Freiheit der Menschen erhalten bleiben beziehungsweise zurückerobert werden soll, dann kommt man nicht umhin, die Idee des Staates (wie wir sie heute kennen) neu zu überdenken: die Idee des zentralen Zwangs- und Gewaltmonopols mit der Idee der freiwilligen Kooperation zu konfrontieren; und der Idee der auf Freiwilligkeit beruhenden Privatrechtsgesellschaft, in der für alle das gleiche Recht gilt, zum Sieg zu verhelfen.

In Zeiten einer wirtschaftlichen und moralischen Gesellschaftskrise wie heute ist die Wahrscheinlichkeit nicht gering, dass immer mehr Menschen die Entschlossenheit und den Mut finden - um mit dem Königsberger Philosophen der Aufklärung, Immanuel Kant (1724-1804), zu sprechen -, sich ihres Verstandes zu bedienen und den Staat (wie wir ihn heute kennen) und sein Fiat-Geldsystem als das sehen, was es wirklich ist: Zerstörer der Freiheit, des Wohlstands und des Friedens.

Geben Sie sich nicht der Illusion hin, das Fiat-Geld werde sich selbst zerstören und aus der Welt verschwinden. Weit gefehlt. Selbst eine Hoch- oder gar Hyperinflation macht ihm noch nicht den Garaus. Das Fiat-Geld, wenn die Menschen sich nicht von ihm verabschieden, ebnet vielmehr den Weg in die Tyrannei. Das ist seine wirklich dunkle Seite. Sie meinen, die bessere Idee eines freien Marktes für Geld wird sich nicht durchsetzen? Sie meinen, die Menschen werden sich weiter vom Staat (wie wir ihn heute kennen) und seinem Fiat-Geld täuschen und ausplündern lassen?

Ich möchte ihnen angesichts dieser Fragen das Bild einer sich füllenden Regentonne vor Augen führen. Bei Regen fließt immer mehr Wasser in die Regentonne; und bei Dauerregen gibt es irgendwann dann doch den einen Tropfen, der das Ganze überlaufen lässt.

Verstehen wir die Idee des freien Marktes für Geld und die Kritik am Staat (wie wir ihn heute kennen) als die Tropfen, die das Erkenntnisvermögen der Menschen wie eine Regentonne befüllen. Lassen sie uns daher mit dem nötigen Durchhaltevermögen für einen Dauerregen der guten Ideen sorgen, der das Fass sprichwörtlich zum Überlaufen bringen wird - der sozusagen das wahre Gesicht des Staates und seines Fiat-Geldes für alle sichtbar zutage befördert und unmissverständlich klarmacht: Freiheit braucht einen freien Markt für Geld, überlebt ohne ihn nicht.

Wir wissen zwar alle nicht, wie voll die Regentonne bereits ist. Vermutlich ist sie aber schon viel, viel voller, als die meisten von uns derzeit glauben. Vertrauen wir der Wirkung des Dauerregens der guten Ideen!


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH


¹ Der britische Schriftsteller George Orwell hieß mit wirklichem Namen Eric Arthur Blair (1903-1950).
² Hierzu Mises, L. v. (1940), Nationalökonomie. Theorie des Handelns und Wirtschaftens, Edition Union Genf, S. 365-368.
³ Hayek, F. A. v. (2001), Der Feldzug gegen die keynesianische Inflation (1975/1975), in: Wirtschaft, Wissenschaft und Politik, J. C. B. Mohr Siebeck, Tübingen, S. 152.
⁴ Mises, L. v. (1912), Theorie des Geldes und der Umlaufsmittel, Duncker & Humblot, München und Leipzig, S. 472.
⁵ Und so gab es in den USA lange Zeit (und zwar für 77 Jahre) keine Zentralbank - bis 1913 die Federal Reserve ins Leben gerufen wurde (was auch nur durch Überrumpelung der Bevölkerung möglich war).


Hinweis Redaktion: Herr Prof. Dr. Polleit ist Referent der diesjährigen Internationalen Edelmetall- und Rohstoffmesse, die am 4. & 5. November 2022 in München stattfindet.


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