China: Hebt keine Felsen an, "die auf die eigenen Füße fallen" könnten
07.11.2022 | Vertrauliche Mitteilungen
Eigentlich galt das Geschäft als ausgemacht: Der chinesische Reederei-Riese Cosco möchte sich mit 35% an der die Container-Terminals betreibenden Hamburger Hafengesellschaft beteiligen. Doch Mitte August wurden im Bundeswirtschaftsministerium - das diese Transaktion genehmigen müßte - Bedenken laut. Man ist sich dort aktuell mehr denn je uneins, ob man zustimmen soll oder lieber nicht. "Ich tendiere in die Richtung, daß wir das nicht erlauben", ließ sich Minister Robert Habeck (Grüne) kürzlich vernehmen.
Der Fall zeigt exemplarisch, wie sehr (nicht nur) die Bunderegierung mit der Frage nach dem zukünftigen Umgang mit der aufstrebenden und autoritären Supermacht China ringt. Man fragt dabei nach bereits bestehenden Abhängigkeiten und versucht zu ergründen, ob die deutsche Wirtschaft im Falle eines chinesischen Angriffs auf Taiwan schon jetzt unter eine "Sanktionswalze" geraten könnte, gegen die die von den RusslandSanktionen verursachten Verwerfungen nur als geradezu gering bezeichnet werden dürften.
Ist China als Handels-, Investitions- und Produktionspartner vielleicht schon viel zu wichtig geworden und würde Deutschland mit neuen China-Sanktionsmaßnahmen nicht die letzten Reste des nach den Russland-Sanktionen vielleicht noch verbleibenden Wohlstands riskieren? Es sind Fragen über Fragen, die in Politik und Wirtschaft gleichermaßen hinter stets gut verschlossenen Türen durchaus leidenschaftlich diskutiert werden.
Dabei ist eine Grundsatzentscheidung im Zuge der Koalitionsverhandlungen für die rot-gelb-grüne "Regierungsampel“ längst gefallen. Es geht dabei im Kern um eine Abkehr von dem seit Jahrzehnten praktizierten Staats-Protektionismus, bei dem die deutsche Regierung über viele China-Geschäfte deutscher Unternehmen ihre schützende Hand hielt.
Eine schrittweise Verschärfung dieses Kurses (u.a. bei chinesischen Übernahmen und Beteiligungen in Deutschland) war bereits unter Bundeskanzlerin Angela Merkel zu beobachten, nachdem im Jahr 2013 in Peking der bis heute herrschende Xi Jinping an die Macht gekommen war. Gleichwohl sind chinesische Aufkäufer nach wie vor in Deutschland sehr aktiv. Ihre Prämisse ist nach wie vor, Chinas hohe Devisenreserven (insb. US-Dollar) lieber jetzt in westliche Unternehmen zu investieren als deren Wertverfall zuzusehen.
Der immer härtere Kurs gegen China trifft im Deutschen Bundestag auf parteiübergreifende Zustimmung. Dabei demonstriert man nicht nur Härte gegenüber Peking, sondern man versucht auch, den Fokus deutscher Investoren mehr als bisher in Richtung anderer asiatischer Staaten - z.B. Indonesien - zu lenken. Dem CDU-Politiker Norbert Röttgen reicht dies aber nicht aus.
Er verweist auf die hohe Abhängigkeit Deutschlands von chinesischen Lieferungen insbesondere im Bereich der sogenannten "seltenen Erden“ und fragt nach den im Falle eines Lieferstopps eintretenden, teilweise kaum absehbaren Konsequenzen für unsere Wirtschaft und damit unser aller wirtschaftliches Wohlergehen.
Schaut man auf die aktuelle Entwicklung der Handels- und Investitionszahlen mit China, scheinen die Appelle der Politik bisher nichts bewirkt zu haben. Laut einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft kam es im ersten Halbjahr 2022 zu einer neuen Rekordinvestitionssumme deutscher Unternehmen in China. Dabei werden die wirtschaftlichen Verflechtungen immer enger geknüpft, weil Peking zunehmend drauf pocht, daß sich westliche Investitionen im Reich der Mitte nicht nur auf reine Produktionsanlagen beziehen dürfen, sondern zwangsweise auch auf Forschung und Entwicklung. Die Botschaft ist eindeutig:
Wer künftig von dem Milliardenmarkt der bald größten Volkswirtschaft der Erde profitieren möchte, muß sich dort stärker als bisher engagieren und auch das eine oder andere Firmengeheimnis preisgeben.
In der deutschen Wirtschaft sieht man die Sache etwas verhaltener, man möchte sich weder bei der Bundesregierung noch bei der chinesischen Führung unbeliebt machen. Und manche Top-Vorstände fragen auch, ob es wirklich klug wäre, einen bald 1,5-Milliarden-Menschen-Markt von sich aus aufzugeben. Es ist ein schmaler Pfad zwischen Kooperation und Abgrenzung, der hier von der deutschen Politik und Wirtschaft gegangen werden muß.
Das erschwert auch die Entscheidung über den angestrebten "Cosco-Einstieg“ in den Hamburger Hafen. Denn eine Absage an die Chinesen könnte beim Hafenumschlag zu mutmaßlichen Rückgängen im existenzgefährdenden Bereich führen. In China beobachtet man die Vorgänge in Deutschland natürlich ganz genau. Eine Regierungssprecherin empfahl der Bundesregierung bereits, „keine Felsen hoch(zu)heben, die ihr auf die eigenen Füße fallen“ könnten . . .
© Vertrauliche Mitteilungen
Auszug aus den "Vertrauliche Mitteilungen", Nr. 4516
Der Fall zeigt exemplarisch, wie sehr (nicht nur) die Bunderegierung mit der Frage nach dem zukünftigen Umgang mit der aufstrebenden und autoritären Supermacht China ringt. Man fragt dabei nach bereits bestehenden Abhängigkeiten und versucht zu ergründen, ob die deutsche Wirtschaft im Falle eines chinesischen Angriffs auf Taiwan schon jetzt unter eine "Sanktionswalze" geraten könnte, gegen die die von den RusslandSanktionen verursachten Verwerfungen nur als geradezu gering bezeichnet werden dürften.
Ist China als Handels-, Investitions- und Produktionspartner vielleicht schon viel zu wichtig geworden und würde Deutschland mit neuen China-Sanktionsmaßnahmen nicht die letzten Reste des nach den Russland-Sanktionen vielleicht noch verbleibenden Wohlstands riskieren? Es sind Fragen über Fragen, die in Politik und Wirtschaft gleichermaßen hinter stets gut verschlossenen Türen durchaus leidenschaftlich diskutiert werden.
Dabei ist eine Grundsatzentscheidung im Zuge der Koalitionsverhandlungen für die rot-gelb-grüne "Regierungsampel“ längst gefallen. Es geht dabei im Kern um eine Abkehr von dem seit Jahrzehnten praktizierten Staats-Protektionismus, bei dem die deutsche Regierung über viele China-Geschäfte deutscher Unternehmen ihre schützende Hand hielt.
Eine schrittweise Verschärfung dieses Kurses (u.a. bei chinesischen Übernahmen und Beteiligungen in Deutschland) war bereits unter Bundeskanzlerin Angela Merkel zu beobachten, nachdem im Jahr 2013 in Peking der bis heute herrschende Xi Jinping an die Macht gekommen war. Gleichwohl sind chinesische Aufkäufer nach wie vor in Deutschland sehr aktiv. Ihre Prämisse ist nach wie vor, Chinas hohe Devisenreserven (insb. US-Dollar) lieber jetzt in westliche Unternehmen zu investieren als deren Wertverfall zuzusehen.
Der immer härtere Kurs gegen China trifft im Deutschen Bundestag auf parteiübergreifende Zustimmung. Dabei demonstriert man nicht nur Härte gegenüber Peking, sondern man versucht auch, den Fokus deutscher Investoren mehr als bisher in Richtung anderer asiatischer Staaten - z.B. Indonesien - zu lenken. Dem CDU-Politiker Norbert Röttgen reicht dies aber nicht aus.
Er verweist auf die hohe Abhängigkeit Deutschlands von chinesischen Lieferungen insbesondere im Bereich der sogenannten "seltenen Erden“ und fragt nach den im Falle eines Lieferstopps eintretenden, teilweise kaum absehbaren Konsequenzen für unsere Wirtschaft und damit unser aller wirtschaftliches Wohlergehen.
Schaut man auf die aktuelle Entwicklung der Handels- und Investitionszahlen mit China, scheinen die Appelle der Politik bisher nichts bewirkt zu haben. Laut einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft kam es im ersten Halbjahr 2022 zu einer neuen Rekordinvestitionssumme deutscher Unternehmen in China. Dabei werden die wirtschaftlichen Verflechtungen immer enger geknüpft, weil Peking zunehmend drauf pocht, daß sich westliche Investitionen im Reich der Mitte nicht nur auf reine Produktionsanlagen beziehen dürfen, sondern zwangsweise auch auf Forschung und Entwicklung. Die Botschaft ist eindeutig:
Wer künftig von dem Milliardenmarkt der bald größten Volkswirtschaft der Erde profitieren möchte, muß sich dort stärker als bisher engagieren und auch das eine oder andere Firmengeheimnis preisgeben.
In der deutschen Wirtschaft sieht man die Sache etwas verhaltener, man möchte sich weder bei der Bundesregierung noch bei der chinesischen Führung unbeliebt machen. Und manche Top-Vorstände fragen auch, ob es wirklich klug wäre, einen bald 1,5-Milliarden-Menschen-Markt von sich aus aufzugeben. Es ist ein schmaler Pfad zwischen Kooperation und Abgrenzung, der hier von der deutschen Politik und Wirtschaft gegangen werden muß.
Das erschwert auch die Entscheidung über den angestrebten "Cosco-Einstieg“ in den Hamburger Hafen. Denn eine Absage an die Chinesen könnte beim Hafenumschlag zu mutmaßlichen Rückgängen im existenzgefährdenden Bereich führen. In China beobachtet man die Vorgänge in Deutschland natürlich ganz genau. Eine Regierungssprecherin empfahl der Bundesregierung bereits, „keine Felsen hoch(zu)heben, die ihr auf die eigenen Füße fallen“ könnten . . .
© Vertrauliche Mitteilungen
Auszug aus den "Vertrauliche Mitteilungen", Nr. 4516