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Ein Albtraum namens 'digitaler Neo-Feudalismus' - und wie er sich vertreiben läßt

08.01.2023  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Gerade die schädlichen Nebeneffekte, die der Interventionismus hervorbringt (und die politisch durchaus gewollt sein können), lösen Interventionsspiralen aus: Angesichts der verfehlten Ziele beziehungsweise der neu entstandenen Übelstände werden Rufe laut, es bräuchte mehr und bessere Interventionen, um die gewünschten Ergebnisse zu erreichen.

Im Beispiel der Mietpreisbremse steigt der Staat dann in den Wohnbaumarkt ein. Er finanziert die dafür erforderlichen Ausgaben mit neuen Steuern und/oder Schulden. Der Staat zieht knappe Ressourcen an sich, die aus Sicht der Besteuerten besser in andere Verwendungen (Bildung, Infrastruktur etc.) gelenkt worden wären.

Der Öffentlichkeit wird von den Regierenden gleichzeitig vermittelt, die freien Märkte, der Kapitalismus seien die Schuldigen: Sie und nicht etwa der Staat seien die Ursache der beklagten Probleme: Freie Märkte funktionierten angeblich nicht, staatliches Handeln bringe die Lösung.

Wenn sich dann Intervention an Intervention reiht, dann setzt der Staat nach und nach das, was vom freien Wirtschafts- und Gesellschaftssystem noch übrig ist, auch noch außer Kraft.

Am Ende dominiert der Staat, herrscht über Wirtschaft und Gesellschaft. Er bestimmt, wer was wann und in welcher Menge zu produzieren hat, und wer was wann in welcher Menge konsumieren darf.

Der Interventionismus führt folglich in eine Befehls- und Lenkungswirtschaft, in der die Produktionsmittel nur formal privat sind, de facto verfügt aber der Staat über ihren Einsatz. Im Grunde ist man damit bereits fast im Sozialismus angekommen.


V.

Der Interventionismus ist ein machtvoller Hebel, der ganz im Sinne der Befürworter des Sozialismus arbeitet, sie ihren Zielen näherbringt. Drei Beispiele dazu.

Beispiel eins: Der Staat hat (bereits vor langer Zeit) in das Kredit- und Geldsystem interveniert, und mittlerweile hat er die Geldproduktion monopolisiert. Die Folge: Inflation (also Geldentwertung), einige wenige werden immer reicher auf Kosten der vielen, es gibt immer mehr und immer schwerere Finanz- und Wirtschaftskrisen, und dadurch werden soziale Konflikte zwischen Arm und Reich geschürt. Derartige Krisen wirken wie ein Wachstumselixier für den Staat. Er kann durch sie immer größer und mächtiger werden.

Beispiel zwei: Klima- und Ressourcenschutz wird kurzerhand zur Staatsaufgabe erklärt. Der Staat legt fest, wieviel CO2 ausgestoßen werden darf, welche Energiequellen Bürger und Unternehmer in Anspruch nehmen dürfen und welche nicht. Energie wird im Wege des staatlichen Befehls künstlich verknappt und verteuert. Die Produktionsleistung der Volkswirtschaften nimmt ab, Arbeitsplätze gehen verloren. Die Folge ist eine Verarmung der Menschen ("Industrielle Reservearmee"), die dann sehr leicht vom Staat vereinnahmt werden kann.

(Es sei hier erwähnt, dass der freie Markt die sogenannten Klimaprobleme durchaus zufriedenstellend lösen kann - und zwar indem Eigentumsrechte eindeutig zugeteilt werden und Verletzungen dieser Eigentumsrechte bei unabhängigen Stellen (Gerichten) einklagbar sind. Doch das wird in einer vom Interventionismus geprägten Debatte ausgeblendet, verschwiegen.)

Beispiel drei: Das Auftreten des Coronavirus hat der Staat (beziehungsweise die Sonderinteressengruppen, die ihn für ihre Zwecke einsetzen) genutzt, um mächtiger zu werden, um willkürlich Grundrechte der Menschen (wie Vertrags-, Versammlungs- und Gewerbefreiheit) zu beschneiden beziehungsweise außer Kraft zu setzen. Ein unmissverständlicher Hinweis, wie Staaten in Krisen und Notlagen ihre Macht ausweiten - und sie in der Regel nachfolgend nicht wieder vollständig zurückgeben.

Beispiel vier: Der Staat betreibt Kapitallenkung, indem er die Anlageprinzipien, nach denen vor allem institutionelle Investoren anlegen, maßgeblich (mit-)bestimmt. Dazu spannt er den Privatsektor ein, vorzugsweise mittels ESG (E steht für "Environment" (Umwelt), S für "Soziales" (gesellschaftliche Aspekte) und G für "Governance" (Unternehmensführung)). Unternehmen, die bei der ESG-Beurteilung gut beurteilt werden, erhalten Kapital, während Unternehmen, die weniger gut abschneiden, mit schlechte(re)n Finanzierungskonditionen bestraft oder ganz vom Kapitalmarkt abgeschnitten werden.

Mit der entsprechenden politisierten Ausrichtung von ESG-Siegeln lassen sich Investitionen in die Förderung und Verarbeitung fossiler Energieträger verringern oder auch ganz stoppen. Gleiches lässt sich auf die Nahrungsmittelindustrie anwenden, beispielsweise um den Fleischkonsum zu reduzieren, der vielen als Übelstand gilt.


VI.

Der Interventionismus erweckt auf den ersten Blick den Eindruck, als ob der freie Markt, trotz der staatlichen Eingriffe, weiterhin seine Funktion zufriedenstellend erfüllt. Doch das trügt.

Greift der Staat in das Marktgeschehen ein, beispielsweise indem er durch Ge- und Verbote, durch Vorschriften die Kapitalinvestitionen in die Energie- und Nahrungsmittelproduktion bremst, können die Bedürfnisse der Menschen nicht mehr bestmöglich bedient werden.

Die dringlich nachgefragten Güter werden aus Konsumentensicht nicht mehr in der erforderlichen Menge und Qualität erzeugt, werden teurer angeboten im Vergleich zur Situation, in der der Staat nicht interveniert hätte. Die Güterversorgung der Menschen verschlechtert sich.

Sogar zu Elend, Hunger und Tod kann das führen. Das ist die bittere Wahrheit über die langfristigen Folgen des Interventionismus.


VII.

Auch wenn sich die sozialistischen Ideen heutzutage meist nicht mehr offen zu erkennen geben, sie haben eine überaus große Verbreitung erfahren, prägen das Denken und Handeln vieler Menschen.

Sozialistische Ideen verbergen sich auch hinter der "Great Reset"-Agenda, der zufolge man künftig von zentraler Stelle Wirtschaft und Gesellschaft planvoll umbauen, neuausrichten und steuern müsse.

Die Kernidee des "Great Reset" ist, dass die Menschen auf dem Planeten ihre Geschicke nicht selbstbestimmt in einem System freier Märkte gestalten dürfen, sondern dass sie von zentraler Stelle gelenkt und gesteuert werden sollen - etwa von einem Gremium der Regierungschefs oder einem Weltrat aus Spitzenpolitikern, Konzernlenkern und den "richtigen" Wissenschaftlern. Der Great Reset bedeutet eine Art Neo-Sozialismus, läuft auf eine Art Neo-Feudalismus hinaus.


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