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Der Euro - Ausweg(e) aus einer historischen Fehlentscheidung

06.01.2023  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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(1) Fiat-Geld ist staatlich monopolisiertes Geld. Die staatlichen Zentralbanken haben das Produktionsmonopol des Geldes.

(2) Fiat-Geld wird in der Regel durch Kreditvergabe geschaffen, der keine echte Ersparnis gegenübersteht. Es wird aus dem Nichts geschaffen.

Und (3): Fiat-Geld ist entmaterialisiertes Geld. Es hat die Form von bunt bedruckten Papierzetteln und Einträgen auf Computerfestplatten ("Bits und Bytes").

Ob US-Dollar, Euro, chinesischer Renminbi, japanischer Yen, Britisches Pfund oder Schweizer Franken: Sie alle sind Fiat-Geld. Das Problem dabei ist: Fiat-Geld hat ökonomische und ethische Defekte. Es ist inflationär, es verliert seine Kaufkraft im Zeitablauf. So hat beispielsweise der Fiat-Euro seit seiner Einführung 1999 bis heute etwa 36 Prozent seiner Kaufkraft verloren (gemessen anhand der offiziellen Konsumgüterpreisindizes).

Die Vermehrung der Fiat-Eurogeldmenge bereichert einige auf Kosten vieler: Die Erstempfänger des neuen Geldes gewinnen auf Kosten der Spätempfänger. Fiat-Geld ist so gesehen sozial ungerechtes Geld. Das Fiat-Geld sorgt für Wirtschaftsstörungen. Das Ausweiten der Geldmenge per Bankkreditvergabe senkt die Marktzinsen künstlich ab. Dadurch wird ein Aufschwung ("Boom") in Gang gesetzt, der aber nachfolgend platzen und in einen Abschwung ("Bust") umschlagen muss.

Das Fiat-Geldregime treibt die Volkswirtschaften in die Überschuldung: Die Verschuldung steigt stärker als die Einkommen zunehmen. Und nicht zuletzt erweist sich das Fiat-Geld als ein Wachstumselixier für den Staat - auf Kosten der individuellen Freiheiten von Bürgern und Unternehmern. Fiat-Geld macht aus einem Minimalstaat früher oder später einen Maximalstaat, es ebnet den Weg in die unfreie Gesellschaft. Das wusste wohl auch schon Karl Marx (1818-1883).

Die Errichtung einer Zentralbank sah er als einen Schritt an, um zum Kommunismus zu gelangen. In Punkt fünf seines Kommunistischen Manifests aus dem Jahre 1848 fordert er die "Zentralisation des Kredits in den Händen des Staats durch eine Nationalbank mit Staatskapital und ausschließlichem Monopol". Dass die Staaten seit Einführung des Fiat-Geldes immer größer, immer mächtiger werden, ist kein Zufall - sondern ist (auch) Folge des Fiat-Geldes.


Probleme mit dem Euro

Der Euro ist Fiat-Geld, und folglich ist er auch mit allen zuvor genannten ökonomischen und ethischen Defekten behaftet. Genau das ist auch der Grund, warum ich - wie es mein Vortragstitel mitteilt - die Einführung des Euro für eine historische Fehlentscheidung halte. Fiat-Geld ist für eine nationale Volkswirtschaft schon problematisch genug. Eine Fiat-Währung aber für Menschen aus unterschiedlichen Nationen mit unterschiedlichen Sprachen und Traditionen muss zur unerträglichen Zwangsjacke werden.

Das ist, so denke ich, unübersehbar geworden mit dem Ausbruch der Euro-Krise, die sich - und das will ich im Folgenden kurz erläutern - ursächlich auf das Fiat-Geld zurückführen lässt. Erinnern wir uns: Am 1. Januar 1999 übernimmt die Europäische Zentralbank (EZB) das geldpolitische Ruder im Euroraum. Mit ihrer von Anfang an laxen Zins- und Geldmengenvermehrungspolitik setzt sie einen gewaltigen Boom in Gang. Der Boom platzt spätestens 2010. Auslöser ist die US-Kreditkrise, die bereits im Herbst 2008 begann, und die sich nachfolgend weltweit ausbreitete.

Erst geraten die Euro-Banken ins Schlingern. Die Staaten versuchen, ihre heimischen Kreditinstitute zu retten, indem sie Haftungsgarantien aussprechen. Die Finanzmärkte erkennen: Die Staaten beziehungsweise ihre Steuerzahler übernehmen sich finanziell, sollten sie ihre Banken retten müssen. Daraufhin beginnen die Investoren Euro-Staatsanleihen zu verkaufen und die Euro-Staaten geraten in eine Krise. Plötzlich taumelt nicht nur Griechenland, sondern auch Irland, Spanien, und Portugal stehen am Abgrund. Daraufhin beginnen die Staaten, sich gegenseitig zu garantieren.

Ein Rechtsbruch - denn der Maastricht- Vertrag verbietet, dass die Steuerzahler in einem Land für die Schulden eines anderen Landes haften müssen.

2012 errichtet man den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), der mit einer "Rettungskasse" von 700 Mrd. Euro ausgestattet wird - die Steuerzahler in den Euroländern stehen dafür gerade. Doch das alles nützt nichts, das Vertrauen in die Euro-Konstruktion schwindet weiter. Daraufhin greift die EZB ein. Am 9. November 2011 beginnt sie, die Zinsen zu senken, drückt sie bis zum 16. März 2016 auf null. Zudem kauft die EZB Staatsanleihen auf und bezahlt die Käufe mit neu geschaffenen Euro. Dadurch vertreibt sie die Kreditausfallsorgen aus den Finanzmärkten. Die Null- beziehungsweise Negativzinsen sorgen sogar für eine Konjunkturerholung.

Doch man sollte nicht meinen, die Krise sei vorbei. Sie ist derzeit nur übertüncht mit billigem Geld. Der Euro liegt auf der Intensivstation, wird künstlich beatmet - und kann wohl auch ohne künstliche Beatmung nicht mehr überleben. Was in der Öffentlichkeit als "Rettungspolitik" deklariert wird, ist eine gewaltige Umverteilung von Einkommen und Vermögen, die nicht nur innerhalb der Euro-Länder selbst, sondern auch zwischen ihnen abläuft.

Beispielsweise treiben die künstlich niedrigen Zinsen und die Geldmengenvermehrung die Preise für Aktien und Immobilien in die Höhe. Die Besitzer von Aktien und Immobilien werden reicher, die Halter von Euro-Ersparnissen werden ärmer: Sie bekommen immer weniger Aktie und Immobilie für ihren Euro. Zudem werden Kreditnehmer durch die künstlich niedrigen Zinsen subventioniert auf Kosten der Sparer, denen der Aufbau ihrer Altersvorsorge verunmöglicht wird. Und da sind dann noch die berühmt-berüchtigten "Target-2-Salden". Für Deutschland beläuft sich der Target-2-Saldo mittlerweile auf fast 1,2 Billionen Euro - das sind etwa 33 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung eines Jahres.

Beim deutschen Target-2-Saldo handelt es sich um eine unbesicherte Kreditforderung. Fällt sie aus, geht das zu Lasten des Eigenkapitals der Deutschen Bundesbank und damit zu Lasten der deutschen Steuerzahler. Vor allem aber reflektieren die Target-2-Salden eine Umverteilung: Die Länder, die einen positiven Saldo haben (Deutschland, Finnland, Luxemburg), werden zu Gunsten der Länder mit einem negativen Saldo (Italien, Spanien, Portugal) zur Ader gelassen. Man könnte nun argumentieren, dass man gut beraten sei, diesen hohen Preis für die Euro-Rettung zu zahlen, schließlich profitiere gerade die deutsche Volkswirtschaft vom Euro.


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