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Der Euro - Ausweg(e) aus einer historischen Fehlentscheidung

06.01.2023  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
- Seite 3 -
Was ist von dieser Einschätzung zu halten? Schauen wir einmal auf die Daten zum Wirtschaftswachstum. Von 1970 bis 2021 ist die deutsche Volkswirtschaft im Durchschnitt um 2,0 Prozent pro Jahr gewachsen. In der Zeit 1970 bis 1998 (also bevor der Euro eingeführt wurde), betrug das Wachstum 2,5 Prozent pro Jahr. Von 1999 bis 2021 lag es jedoch nur noch bei 1,2 Prozent pro Jahr - es hat sich also halbiert. Was auch immer die Gründe dafür sind: Deutschland ist seit Einführung des Euro deutlich weniger stark gewachsen als in der Zeit davor. Die Einführung des Euro als Wachstumsschub für Deutschland preisen zu wollen, kann folglich nicht wirklich überzeugen.

Auch wenn man auf die Vermögensverhältnisse blickt, so ist zu erkennen, dass die Deutschen eher zu den armen Würstchen im Euroraum zu zählen sind. Von ihren Bruttojahreseinkommen blieb ihnen offensichtlich nach Steuern und Abgaben nicht genug, um ihr Vermögen so zu mehren, wie es die Bürger in den anderen Euro-Ländern konnten. Und nun auch noch Italien! Das Land sitzt auf einem öffentlichen Schuldenberg von 2,9 Billionen Euro, das sind etwa 150 Prozent des italienischen Bruttoinlandsproduktes (BIP).

Wenn der Zins, sagen wir, 3 Prozent beträgt, zahlt Italien jährlich Zinsen auf die öffentliche Schuld von 4,5 Prozent des BIP - und Italien wächst kaum mehr, das Trendwachstum Italiens liegt bei schätzungsweise nur noch 0,5 Prozent pro Jahr. Spätestens mit der Schuldenkrise Italiens ist der Euroraum zu einer "Erpressungsunion" geworden. Ein Land von der Größe Italiens nimmt den Rest der Gemeinschaft in Geiselhaft, bittet sie zur Kasse für die eigene Misswirtschaft.

Nicht überraschend, dass die Zentrifugalkräfte innerhalb der EU Fahrt aufnehmen und zwar beschleunigt seit der Finanz- und Wirtschaftskrise. Diejenigen, die von Beginn an gesagt haben, der Euro werde Europa spalten und nicht einigen, haben also leider Recht bekommen.


Lösungsmöglichkeiten

Die Hoffnung, die "Rettungspolitiken", die man in Brüssel, Paris und Berlin beschließt, könnten doch noch von Erfolg gekrönt sein, ist trügerisch. Denn die Kernursache der Euro-Problematik ist - und wir haben es bereits mehrfach gehört -, dass der ein Euro Fiat-Geld ist. Man findet also eine äußerst verfahrene Situation vor:

Auf der einen Seite das politische Bestreben, den Euro, koste es, was es wolle, zusammenzuhalten - mit Nullzinsen und Geldmengenvermehrung; mit einer Haftungsgemeinschaft, einschließlich einer gemeinsamen Banken-Einlagensicherung, durch die die Nationen noch enger aneinander gekettet werden sollen. Auf der anderen Seite ist da aber die ökonomische Erkenntnis, dass der Fiat-Euro zwangsläufig immer neue Krisen hervorbringen wird, die wiederum immer stärkere Eingriffe des Staates in das Wirtschafts- und Gesellschaftsleben nach sich ziehen wird.

Glücklicherweise ist der Fiat-Euro nicht alternativlos, wie es die Euro-Propaganda unermüdlich verkündet. Das zeigt sich zum Beispiel in den zahlreichen Reformvorschlägen, die bereits vorgebracht wurden. Da gibt es zum Beispiel den Vorschlag, den Euroraum in einen Nord- und einen Südteil aufzuspalten. Der Norden mit den starken Ländern behält den Euro, der Süden gibt ihn auf und stellt auf einen Süd-Euro um.

Es gibt auch den Vorschlag, dass Deutschland aus dem Euroraum austritt, zur D-Mark zurückkehrt (dafür steht die Abkürzung “Dexit”) und damit eine solide Ankerwährung bereitstellt, an die sich die verbliebenen Euro-Länder anbinden können. Technisch gesehen lässt sich so etwas durchaus durchführen, die Kosten dürften allerdings beträchtlich sein. Deshalb an dieser Stelle die wichtige Frage: Weisen diese und ähnlich gelagerte Vorschläge in die richtige Richtung? Stellen sie eine überzeugende Problemlösung in Aussicht? Ich erlaube mir, ernste Zweifel daran anzumelden.

Eine Aufspaltung des Euroraums oder eine Rückkehr Deutschlands zur D-Mark (also eine Renationalisierung des Geldes) wären nichts anderes als eine Rückkehr zu staatlichem Fiat-Geld auf nationaler Ebene. Die dabei entstehenden neuen Fiat-Währungen wären mit allen Problemen behaftet, die der Fiat-Euro auch hat. Eine Rückkehr zu gutem Geld stellen die Reformvorschläge also nicht in Aussicht. Man kann zwar argumentieren, dass ein Nebeneinander von verschiedenen staatlichen Fiat-Währungen besser sei, als wenn es nur das monopolistische Euro-Fiat-Geld gibt.

Doch diesem Argument kann man entgegenhalten, dass das Miteinander von nationalen Fiat-Währungen, die im Wettbewerb miteinander stehen, wohl keinen dauerhaften Bestand haben wird. Denn es wird nicht lange dauern, bis die Politik wieder danach drängt, aus den vielen nationalen Fiat-Währungen eine einheitliche Fiat-Währung zu formen.

Jetzt fragen Sie sich vermutlich: Was soll die Alternative, die Lösung sein? Etwa die Privatisierung des Geldes? Sie werden entgegnen: Man kann doch nicht den Euro privatisieren, wie man die bankrotten DDR-Betriebe privatisiert hat! Ich sage: Doch, man kann, und es gibt auch überzeugende Gründe, warum man die Entscheidung, was Geld ist, dem freien Markt überlassen sollte! Die Idee, das Geld zu privatisieren, es zu entstaatlichen, wurde bekannt gemacht durch den Ökonomen Friedrich August von Hayek (1899 - 1992). In seiner Schrift "Die Entstaatlichung des Geldes" aus dem Jahr 1976 schlägt Hayek vor, einen freien Markt für Geld zu schaffen.

Was ist ein freier Markt für Geld? In einem freien Markt für Geld hat jeder die Freiheit, das Geld zu wählen, das seinen Wünschen am besten entspricht. Und jeder hat die Freiheit, seinen Mitmenschen ein Gut anzubieten, das diese als Geld freiwillig nachfragen. Niemand wird gezwungen, ein bestimmtes Geld zu verwenden. Wer den Euro verwenden will, soll ihn weiterhin verwenden dürfen. Aber niemandem darf es verwehrt oder erschwert werden, ein anderes Geld als den Euro zu nutzen. Solch ein Währungswettbewerb ist in den Vereinigten Staaten von Amerika in Gang gesetzt worden.


Vorreiter USA

Einige US-Bundesstaaten - wie Arizona, Utah, Wyoming - haben in den letzten Jahren ihre Gesetze geändert: Sie haben die Umsatz- und Kapitalertragssteuer auf Edelmetalle, insbesondere Gold und Silber, abgeschafft. Der Grund: Gold und Silber sollen als Geld verwendet werden können, sollen auf gleicher Augenhöhe mit dem US-Dollar stehen.

Warum gehen die US-Bundesstaaten diesen Weg? Antwort: Man möchte die Bürger und Unternehmer vor den Gefahren einer US-Dollar-Inflation schützen, ihnen eine Ausweichmöglichkeit geben. Damit ist die Monopolstellung des US-Dollar in einigen US-Bundesstaaten de facto gefallen! Mittlerweile gibt es auch das Ansinnen, auf USBundesebene alle Steuern auf Edelmetalle abzuschaffen - um so einen echten Wettbewerb zum US-Dollar zu schaffen.



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