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Notkredite, Ent-Dollarisierung und Goldpreis

03.04.2023  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Zum anderen hat vermutlich das Einfrieren der russischen Währungsreserven, veranlasst durch die US-Administration, in vielen (nicht-westlichen) Ländern der Welt die Alarmglocken schrillen lassen: Man erkennt hier, dass US-Dollar-Anlagen wohlmöglich nicht sicher sind, wenn der Anleger nicht mit den geopolitischen Positionen der US-Administration konform geht, geschweige denn sich gegen sie wendet.

In diesem Zusammenhang ist auch die Tatsache anzumerken, dass Russland seinen Außenhandel jetzt mit chinesischen Renminbi abwickelt – einer Währung, die zumindest eine gewisse internationale Liquidität aufweist (im Vergleich zu, sagen wir, indischer Rupie oder Südafrikanischem Rand), und die (derzeit) keinen westlichen Sanktionen unterliegt.

Weiterhin ist an dieser Stelle zu erwähnen, dass die BRICS-Länder (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) bestrebt sind, eine neue Währung zu schaffen, mit der Handels- und Finanztransaktionen durchgeführt werden – und durch die die Verwendung des US-Dollar zurückgedrängt wird. Einen konkreten Vorschlag, ein praktikables Ergebnis liegt allerdings noch nicht vor.

Ebenfalls wollen die Mitglieder der Shanghai Cooperation Organization (SCO) die Währungsabrechnungen ("Settlement") fortan in nationalen Währungen durchführen. Zur SCO zählen neben Russland China, Indien, Pakistan, Iran, Kasachstan, Kyrgyzstan, Tajikistan and Uzbekistan, zusätzlich dazu sind 13 weitere Länder involviert über ihre Mitgliedschaft in den Handelsblöcken ASEAN and CIS.

In dieser Situation ist es natürlich für die Amerikaner wichtig, die Inflation zu mindern und den Zins attraktiv zu halten, um weiterhin Auslandskapital in die USA zu locken beziehungsweise es dort zu halten. Das schränkt den Spielraum für die Fed, die Zinsen aktuell zu senken, beträchtlich ein. Allerdings machen die erhöhten Zinsen – deren Wirkungen sich erst nach und nach, also mit einer (im Vorhinein nicht genau bekannten) Zeitverzögerung, zeigen – der US-Wirtschaft bereits jetzt schon zu schaffen – wie die jüngsten Turbulenzen im US-Bankenmarkt gezeigt haben.

Weitere Problemfelder sind ebenfalls schon in Erscheinung getreten – wie etwa der gewerbliche Immobilienmarkt, die Portfolien der Private-Equity-Firmen. Und zudem scheinen die Kreditausfallraten bei US-Bankkrediten ihren Tiefpunkt bereits hinter sich gelassen zu haben, und die bereits erfolgten Zinserhöhungen lassen ein merkliches Ansteigen von Zins- und Tilgungszahlungen auf Darlehen erwarten.


Goldpreis

Dass die Fed den Leitzins dauerhaft auf dem aktuellen Niveau halten wird, beziehungsweise dass sie ihre Bilanz in fortgesetzter Weise schrumpfen wird, halten wir daher für nicht sehr wahrscheinlich. Wahrscheinlich(er) ist aus unserer Sicht, dass es noch im laufenden Jahr zu Zinssenkungen kommen wird, und dass die Fed die Schrumpfung ihrer Bilanz aussetzt beziehungsweise wieder aktiv Schuldpapiere aufkauft. Die monetäre Entwicklung – andere Zentralbanken werden tendenziell der Fed-Politik folgen – spricht perspektivisch gesehen für Unterstützung der Edelmetallpreise. Denn die Geldpolitik wird die Inflation sehr wahrscheinlich nicht wie vielfach erwartet wieder auf die bisher als akzeptabel angesehene 2-Prozentmarke zurückführen.

Zudem ist es plausibel zu erwarten, dass sich die Abkehr vom US-Dollar als Reservewährung tendenziell weiter fortsetzen wird. Das wird vermutlich nicht über Nacht, sondern nach und nach geschehen, es wird Zeit brauchen. Denn vermutlich haben auch gerade Länder wie Japan und China, die beträchtliche US-Dollar-Währungsreserven halten, kein besonderes Interesse an einer chaotischen Entthronisierung des Greenback.

Gerät der US-Dollar jetzt ins Trudeln, werden die Schockwellen auch viele andere Währungsräume erreichen und für wirtschaftliche, aber auch politisch unerwünschte Probleme sorgen. Eine graduelle, zeitlich gestreckte Entdollarisierung – etwa indem die US-Dollar, die ausländischen Anlegern im Zuge fällig werdender US-Dollar-Schuldpapiere zugehen, nicht mehr reinvestiert werden – erscheint daher wahrscheinlicher als eine rasche, schockartige.

Die Entdollarisierung wird sehr wahrscheinlich die Nachfrage nach alternativen Reservemedien steigen lassen. Dabei dürfte vor allem auch das Gold aus Sicht der Anleger attraktiv(er) werden. Das Gold ist ein erprobtes, klassisches Reservemedium, das weltweit höchst liquide ist, und es kann nationalen Währungsbehörden vor allem auch in Krisenzeiten als "monetärer Anker" dienen, der bei der Bevölkerung Vertrauen schafft.

In jedem Fall ist das gelbe Metall eine Versicherung gegen die Risiken, die im weltweiten, auf dem US-Dollar aufgebauten ungedeckten Geldsystem verborgen sind, und die sich immer weiter vergrößern – wie die Ereignisse um die Silicon Valley Bank gezeigt haben. Aus unserer Sicht ist das Gold – zum aktuellen Marktpreis betrachtet – für langfristig orientierte Anleger eine sehr effektive Versicherung, die noch beträchtliches Aufwertungspotential hat.


Empfehlung: Nicht nur Gold, sondern auch Silber

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Quelle: Refinitiv; Berechnungen Degussa. Gestrichelte Linie: geschätzter Trend der Zeitserie.


Blickt man auf das langfristige Gold-Silber-Preisverhältnis, so erscheint das Silber derzeit relativ günstig zu sein gegenüber dem Gold. Phasen wie in 2010/2011 zeigen, welche Kurspotentiale der Silberpreis haben kann, so dass es sich lohnt, bei Anlageentscheidungen die Gold-Silber-Preisrelation vor Augen zu haben.

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Quelle: Refinitiv; Graphik Degussa.


Während der Goldpreis seit Sommer 2020 unter Schwankungen mehr oder weniger stabil geblieben ist, hat der Silberpreis auffällig stark verloren. Die "Preislücke" zwischen beiden Metallen ist so hoch wie nie. Wir werten das als (1) eine merkliche Unterbewertung des Silbers gegenüber dem Gold und (2) als eine attraktive Gelegenheit, Silberpositionen auf- und auszubauen – gerade auch für Anleger, die von einem weiter steigenden Goldpreis ausgehen.



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