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Sir Isaac Newton und sein Einfluss auf das Silber- und das Goldgeld

10.06.2023  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Der englische Physiker Isaac Newton machte das Goldgeld populär auf Kosten des Silbergeldes, wenn auch vermutlich ungewollt.

Wer kennt es nicht: das Newtonsche Gravitationsgesetz. Es ist ein Gesetz der klassischen Physik, und besagt, dass ein Massepunkt auf jeden anderen Massepunkt mit einer anziehenden Gravitationskraft wirkt. Es geht zurück auf Isaac Newton (1642–1727), den englischen Physiker, Astronomen und Mathematiker. Newton hatte das Gesetz in seinem 1687 veröffentlichten Werk Philosophiae Naturalis Mathematica dargelegt. Generationen von Schülern und Studenten kennen Isaac Newton und sein Gravitationsgesetz. Doch weitaus weniger kennen seinen großen Einfluss auf die Geschichte des Silber- und Goldgeldes.

Im Jahr 1696 wurde Newton, der physikalischen Wissenschaft müde, Warden of the Royal Mint (also der britisch-königlichen Münzprägestätte) und 1699 Master of the Royal Mint, eine (etwas ertragreichere) Stellung, die er bis zu seinem Tod bekleidete. Eine Aufgabe, der sich Newton zu widmen hatte, war etwas gegen die damals weit verbreitete Münzverschlechterung zu tun (man spricht auch von Herabsetzung des Münzfußes): Zahlreiche Münzherren, Münzmeister und auch private Betrüger setzten den Metallwert der verwendeten Silber- und Goldmünzen herab. Darunter litt vor allem die breite Bevölkerung.

Zu Newtons Zeit herrschte in Großbritannien ein Bimetallismus: Gold und Silber wurden als Geld verwendet. Die britische Münze hatte ein festes Austauschverhältnis zwischen Gold und Silber festgelegt: 1 Gold Guinea wog etwa ¼ Feinunze und entsprach 1 Pfund Sterling beziehungsweise 20 Silber-Shillings. Am 21. September 1717 legte Newton dem britischen Schatzamt einen Bericht vor ("To the Right Honourable the Lords Commissioners of his Majesty Treasury"), in dem er das Austauschverhältnis zwischen auf 21 Silber-Shillings für 1 Gold Guinea veränderte. Und das sollte sich als überaus folgenreich erweisen.

Denn durch Newtons Entscheidung wurde das Silber abgewertet gegenüber dem Gold (beziehungsweise das Gold wurde verteuert gegenüber dem Silber). Doch nicht nur das: Zu den herrschenden Marktpreisen war das Silber nun unterbewertet (vis-a-vis dem Gold), das Gold hingegen überbewertet (vis-a-vis dem Silber).

Daraufhin machte sich das Greshamsche Gesetz bemerkbar. Das Greshamsche Gesetz – benannt nach dem britischen Kaufmann und Financier Thomas Gresham (1519–1579) – wird häufig verkürzt wie folgt beschrieben: "Das schlechte Geld verdrängt das gute Geld". Das aber ist so nicht ganz richtig. Das Greshamsche Gesetz besagt vielmehr: "Das vom Staat überbewertete Geld verdrängt das vom Staat unterbewertete Geld". Dazu noch ein paar weitere erklärende Worte.

In einem freien Markt für Geld würde sich stets ein Austauschverhältnis zwischen Gold- und Silbergeld herausbilden, das den Wertvorstellungen der Marktakteure entspricht. Würde sich beispielsweise die Auffassung durchsetzen, dass (künftig) das Goldangebot weitaus reichlicher ausfallen wird als das Silberangebot, würde Gold gegenüber dem Silber abwerten – und zwar so weit, bis aus Sicht der Marktakteure das Gold gegenüber dem Silber wieder als gleichwertig angesehen wird. Sowohl Gold als auch Silber würden weiterhin als Geld Verwendung finden.

Doch der historische Bimetallismus war kein freier, sondern ein "gehemmter Bimetallismus". In Großbritannien etwa hatte zur Zeit Newtons, wie gesagt, die staatliche Münze ein Austauschverhältnis zwischen Gold und Silber festgelegt. Das aber garantierte nicht immer, dass das offiziell gesetzte Austauschverhältnis den Preisverhältnissen der Edelmetalle im Markt entsprach. Und das Greshamsche Gesetz macht sich genau dann bemerkbar, wenn es eine Diskrepanz zwischen dem staatlich gesetzten offiziellen Austauschverhältnis zwischen Gold und Silber und deren Marktpreisen gibt.

Newtons Entscheidung im Jahr 1717 führte nun also zu einer Überbewertung des Goldes gegenüber dem Silber. Was dann passierte, lässt sich wie folgt darstellen: Im Markt bekam man im Jahr 1717 für 1 Gold Guinea 20 Silber-Shilling. Da war es profitabel, seinen 1 Gold Guinea zur Münzstätte zu bringen im Tausch gegen 21 Silber-Shilling. Damit konnte man nun 1,05 Gold Guinea im Markt erwerben. Diese brachte man wieder zur Münze und erhielt dafür 22,05 Silber-Shilling. Und so weiter und so fort. Das Ergebnis war, dass das (von der Münzstätte unterbewertete) Silber nicht mehr als Geld verwendet wurde, sondern nur das (von der Münzstätte überbewertete) Gold.

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Quelle: US Geological Survey, Refinitiv; Graphik Degussa.
Anfang des 20. Jahrhunderts kostete eine Feinunze Silber noch etwa 0,5 US-Dollar, 1931 0,3 US-Dollar, aktuell sind es etwa 23 US-Dollar. Der steigende Trend des Silberpreises begann Ende der 1960er Jahre mit dem damals schon absehbaren Ende des Systems von Bretton Woods.



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