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Die US-Geldmenge schrumpft. Das sind die Gründe – und die Folgen für Anleger

12.06.2023  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Quelle: Refinitiv; Graphik Degussa.
Der Rückgang der Geldmenge M2 erklärt sich vor allem durch den Abbau der liquiden Depositen (die in M2 enthalten sind), und die insbesondere in längerfristige Bankverbindlichkeiten (die nicht in M2 enthalten sind) umgeschichtet wurden.


Der Rückgang der Depositen, die in der Geldmenge M2 ausgewiesen werden, lässt sich durch Umschichtungen auf der Passivseite der US-Geschäftsbankenbilanz erklären. Wie Abb. 3 zeigt, gingen die Depositen um 923,8 Mrd. US-Dollar gegenüber dem Vorjahr zurück, die Bankschuldverschreibungen stiegen hingegen um 822,7 Mrd. US-Dollar. Und die Bankverbindlichkeiten gegenüber ausländischen Bankbüros stiegen um 242,6 Mrd. Dollar gegenüber dem Vorjahr.

Der Rückgang der Geldmenge M2 ist also vor allem auf eine Umschichtung bei den Geldhaltern zurückzuführen. Sie haben kurzfristige Bankeinlagen (die definitorisch in M2 enthalten sind) verstärkt in langlaufende Bankschuldverschreibungen (die definitorisch nicht in M2 enthalten sind) eingetauscht. Das hat die für unmittelbare Nachfragezwecke verfügbare Geldmenge verringert. Und insofern Giroguthaben, die zu Umsätzen verwendet wurden, nun verstärkt gespart werden, wird die Konjunktur gedämpft.

Gleichzeitig führt die Umschichtung der Geldhaltung zu einer Verteuerung der Bankenrefinanzierung. Die Banken haben bisher nur (wenn überhaupt) einen sehr niedrigen Zins auf kurzlaufende Bankguthaben gezahlt. Die Mittel, die sie sich durch Ausgabe von Bankschuldverschreibungen nun beschaffen müssen, sind mit einem deutlich höheren Zins verbunden. Bei unveränderten Erträgen aus ihrem Kreditvergabegeschäft übt der Anstieg der Refinanzierungskosten daher einen Abwärtsdruck auf die Bankgewinne aus.

Zudem bietet die US-Zentralbank (Fed) nicht nur Banken, sondern auch ausgewählten Finanzinstituten (Hedge Funds, Asset Manager etc.) die Möglichkeit an, ihre "Überschusskasse" für sogenannte "Reverse Repurchase Operations" einzusetzen. Dazu überweisen die Investoren ihre Guthaben an die Fed und erhalten im Gegenzug (über Nacht) verzinsliche Wertpapiere, und dadurch können sie eine Rendite nahe dem aktuellen Fed-Leitzins erzielen. Das wird natürlich gern genutzt; und diese Transaktionen/Buchungen verringern ebenfalls die offiziell ausgewiesene Geldmenge M2.

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Quelle: Refinitiv; Graphik Degussa.
Wie deutlich zu erkennen ist, hat seit Frühjahr 2022 ein Abbau der Kundendepositen (in M2 enthalten) stattgefunden, der begleitet war von einem Ansteigen der längerfristigen Bankanleihen (nicht in M2 enthalten). Das hat dazu beigetragen, dass die Geldmenge M2 gesunken ist.


Und nicht zuletzt könnte die Geldmenge M2 auch dadurch verringert worden sein, dass Geschäftsbanken ihre Aktivpositionen (wie Kredite und Wertpapiere) an Nichtbanken (Pensionen, Versicherungen etc.) verkauft haben. In einem solchen Fall bezahlen die Nichtbanken mit Guthaben, die sie bei den Banken halten. Verkaufen die Geschäftsbanken Wertpapiere an Nichtbanken, verringert sich die Aktivseite der Bankbilanz in Höhe der verkauften Wertpapiere, gleichzeitig nimmt die Passivseite der Bankbilanz – in Form von Kundeneinlagen, die in der Definition von M2 enthalten sind – in gleicher Höhe ab.


Der kritische Punkt: Bankkreditvergabe

Im April 2023 wuchs das US-Bankkreditangebot nur noch um 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr; und in realer, das heißt inflationsbereinigter Rechnung schrumpfte es um 2,4 Prozent. Das legt zwei Schlussfolgerungen nahe. (1.) Die US-Banken haben das Kreditangebot weiter vergrößert, es sorgt folglich nach wie vor für eine Vermehrung der Geldmenge (M2), es verursacht kein Schrumpfen der Geldmenge M2. Das wiederum spricht dafür, dass die Schrumpfung der Geldmenge M2 vor allem auf Umschichtungseffekte zurückzuführen ist.

(2.) In realer Rechnung geht das Bankkreditangebot allerdings zurück – wie auch die reale Geldmenge M2. Das spricht für eine abschwächende Wirkung auf die Konjunktur beziehungsweise auf die künftige Güterpreisentwicklung – beziehungsweise eine nachlassende Wirtschaftstätigkeit bremst die Kreditnachfrage. Der Kreditzyklus dürfte damit in die Verlangsamungs- oder gar Abschwungphase eingetreten sein.


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