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Die Hamburger “Mark Banco”: Ein vorbildliches Silbergeldsystem, das auch heute funktionieren würde

26.06.2023  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Das Ende der Hamburger Bank und ihrer Mark Banco kam mit dem Übergang zum Goldgeld. Nach der Gründung des Deutschen Reiches war es das Ziel, ein einheitliches Währungsgebiet in Deutschland zu schaffen. Durch das Reichsmünzgesetz vom 4. Dezember 1871 wurde mit der Reichsgoldmünze der Goldgehalt der neuen gemeinsamen Währung "Mark" festgelegt und dieser durch das Münzgesetz vom 9. Juli 1873 auf alle Landeswährungen angewendet.

Die Mark wurde zum 1. Januar 1876 im gesamten Reichsgebiet eingeführt. Das Silber wurde demonetisiert, nicht nur im Deutschen Reich, sondern etwa zur gleichen Zeit auch in vielen anderen Ländern. Beispielsweise sorgte das US-amerikanische Münzgesetz im Jahr 1873 dafür, dass der US-Dollar nur noch in physischem Feingold definiert war, nicht mehr in Feinsilber.

Die Hamburger Bank schloss am 31. Dezember 1875 ihre Geschäfte. Die Preußische Bank übernahm das Grundstück der Hamburger Bank zum Zwecke der Errichtung einer Reichsbankhauptstelle. Die Mark-Banco-Guthaben wurden auf die Reichsbankhauptstelle übertragen – und die Kunden konnten sich ihre Guthaben in Feinsilber(-barren) auszahlen lassen oder weiter halten, nunmehr aber bewertet in Goldmark.

Die politisch herbeigeführte De-Monetisierung des Silbers hatte aber weitreichende Folgen. 1871 lag der Silberpreis pro Feinunze noch bei 1,328 US-Dollar (bei einem Wechselkurs von 4,20 Goldmark pro US-Dollar wären das also 5,578 Mark pro Feinunze gewesen), 1873 (dem Jahr des "Crime of 1873") bei 1,298 und 1876 bei 1,164 (siehe Abb. 1); bis 1915 fiel der Silberpreis auf 0,519 US-Dollar – ein Preisverlust von 61 Prozent gegenüber dem Silberpreis im Jahr 1871.

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Quelle: Federal Reserve Bank of St. Louis; Graphik Degussa.


Es kam zur "Panik von 1873", die die Vereinigten Staaten wie auch viele europäische Volkswirtschaften in eine schwere und tiefe Rezession schickte. Die Gründe dafür werden von Wirtschaftshistorikern verschiedentlich ausgelegt. Aber es steht außer Frage, dass die politisch herbeigeführte Demonetisierung des Silbers einen gewaltigen Einfluss hatte: Es führte zu einer Herabsetzung der Kaufkraft bei denjenigen, die Silber hielten, und die Silbergeldmenge konnte fortan nicht mehr ausgeweitet werden. Dass eine solche Entwicklung zu Börsen- und Finanzmarktpanik führte, die Konjunkturen einbrechen ließ, ist wenig verwunderlich. Wohlgemerkt: Ungemünztes Silber verlor in dieser Zeit an Kaufkraft. Die Kaufkraft des gemünzten Silbers hingegen blieb erhalten – es handelte sich bei ihnen dann ja um Scheidemünzen (deren Nominalwerte (zusehends) ihren Silberwert überstiegen).

Die Mark Banco hatte also fast 250 Jahre als verlässliches Geld gedient, vor allem durch die spätere Entscheidung der Hamburger Kaufmannschaft, sie nur noch in ungemünztem Silber zu definieren. Diese Idee empfiehlt sich auch heute, angesichts der gewaltigen monetären Probleme! Man bräuchte nur ein Institut zu gründen (etwa eine "Neue Hamburger Bank"), das Kunden Edelmetallkonten anbietet, die in der Rechnungseinheit "AGG" (AG für Silber, G für Gramm), Silbermark oder eben "Mark Banco" ausgewiesen werden.

Kunden können US-Dollar, Euro & Co zum herrschenden Wechselkurs gegen "Mark Banco" eintauschen, und sie können natürlich wieder auf Wunsch in die offiziellen Währungen zurückwechseln. Für das Institut gilt die Verpflichtung, die Guthaben in Mark Banco jederzeit zu 100 Prozent mit Silber gedeckt zu halten. Den Eigentümern der Guthaben in Mark Banco steht es offen, sich ihre Einlagen in physischem Metall auszahlen zu lassen.

Für Kunden ist es dann möglich, mit den Mark-Banco-Guthaben Überweisungen durchzuführen, wenn der Geschäftspartner ebenfalls über ein Edelmetall-Girokonto verfügt – entweder bei der gleichen Bank oder bei einer anderen Bank (wobei hier das Edelmetall physisch bewegt werden müsste, eine Aufgabe, die jedoch problemlos von einer Clearing-Stelle beziehungsweise einer Korrespondenzbank übernommen werden kann).

Auf dieser Basis kann auch eine Kreditbank entstehen ("Lehnbank"), die sich durch Ausgabe von Aktien und Schuldverschreibungen finanziert, die Interessenten mit ihren Mark Banco erwerben und damit ihre Edelmetallguthaben auf Zeit an die Kreditbank übertragen, die diese dann an Kreditsuchende weiterreicht. Die Menschen hätten auf diese Weise ein funktionierendes, krisenfestes Geld- und Zahlungssystem, auf das sie ausweichen können, wenn sie ein Schwinden der Kaufkraft der offiziellen Währungen befürchten.


[i]Literatur

Berking, K. (2013), Was und die Geschichte der Mark Banco lehrt, Ludwig von Mises Institut Deutschland, 14. Januar.

Soetbeer, A. (1866), Die Hamburger Bank. 1919 – 1866. Eine geschichtliche Skizze, in: Vierteljahrschrift, für Volkswirtschaft und Kulturgeschichte, Vierter Jahrgang, Dritter Band, Hrsg. J. Faucher, O. Michaelis, Verlag von F. A. Herbig, Berlin, S. 21–54.

Halle, E. L. v. (1891), Die Hamburger Giro-Bank und ihr Ausgang, Studien zur Hamburgischen Handelsgeschichte, Puttkammer & Mühlbrecht, Berlin.[/i]


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH


¹ Siehe Berking (2013), Was und die Geschichte der Mark Banco lehrt.
² Zitiert nach Soetbeer (1866), Die Hamburger Bank, S. 44.
³ Halle, E. L. v. (1891), Die Hamburger Giro-Bank und ihr Ausgang, S. 8.



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