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Märkte freundlich – Entspannung an der Inflationsfront – Verarbeitendes Gewerbe schwächelt

03.07.2023  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,0911 (05:40 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0836 im europäischen Geschäft markiert wurde: Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 144,61. In der Folge notiert EUR-JPY bei 157,81. EUR-CHF oszilliert bei 0,9766.


Märkte: Freundlicher Wochenausklang und Wochenbeginn – Entspannung an der Inflationsfront

Die Wirtschaftsdaten, die in den letzten 24 Handelsstunden veröffentlicht wurden, lieferten kaum konjunkturelle Lichtblicke. Insbesondere bleibt das Verarbeitende Gewerbe global von Dynamikverlusten geprägt. Dabei ist die Schwäche in Europa und in den USA ausgeprägter als im Osten und Fernost, wenn man die die Höhe der Indices als Grundlage heranzieht (siehe unten).

Entspannung ergab sich an der Inflationsfront. In der Eurozone war der Rückgang des Anstiegs der Verbraucherpreise geringfügig größer als erwartet. Deutsche Importpreise als Frühindikator der Entwicklung der deutschen Verbraucherpreise sanken markanter als unterstellt und der von der Fed stark beachtete PCE-Index lieferte mit dem geringsten Anstieg seit April 2021 einen unerwarteten positiven Akzent (siehe Datenpotpourri). Diese Veröffentlichungen wirkten Inflationssorgen am Finanzmarkt entgegen und wirkten entspannend auf Zinserwartungen bezüglich der westlichen Notenbankpolitik.

Die Veröffentlichung der Preisdaten war wesentlicher Katalysator für die freundliche Entwicklung an den Finanzmärkten zum Wochenausklang und zu Wochenbeginn, allen voran den Aktienmärkten. Nach einem starken Wochenfinale in Europa und den USA kam es heute früh in Asien zu einer freundlichen Eröffnung. Im Wochenvergleich ergab sich bei dem DAX ein Anstieg um rund 318 Punkte, bei dem S&P 500 um gut 97 Zähler, bei dem Nikkei um circa 940 Punkte und bei dem CSI um 60 Zähler.

An den Rentenmärkten ist die Situation von einer Seitwärtsbewegung auf bekanntem Terrain geprägt. 10-järhige Bundesanleihen rentieren heute früh mit 2,39% (Freitag 2,41% , Vorwoche 2,36%), während 10 jährige US-Staatsanleihen eine Rendite in Höhe von 3,84% bringen (Freitag 3,84%, Vorwoche 3,72%).

Im Wochenvergleich hat sich bei dem Währungspaar EUR-USD wenig getan. Letzten Montag lag die Eröffnung bei 1,0907, heute bei 1,0911. Die Handelsbandbreite lag zwischen 1,0835 und 1,0970. Auf Wochensicht hat Gold gegenüber dem USD leicht verloren (-7,20 USD), während Silber unwesentlich zulegen konnte (+0,09 USD).


Deutschland bleibt Sorgenkind

Die (noch) viertgrößte Volkswirtschaft der Welt Deutschland ist und bleibt das Sorgenkind Europas und der Welt. Das Prekäre liegt darin, dass es sich nicht nur um ein konjunkturelles Problem handelt, sondern um ein strukturelles Problem, das sich konjunkturell niederschlägt. Nach den warnenden Einlassungen des BDI, des VCI der DIHK reihte sich am Wochenende auch der Verband der Automobilindustrie in den Chor der kritischen Stimmen ein.

Kommentar: Wo waren diese Stimmen, als andere Stimmen sehr frühzeitig diese Warnungen aussprachen? War man zu „politisch korrekt“?

Zu den Aussagen des VDA: Die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA) Hildegard Müller warnte vor massiven Folgen für den Standort Deutschland durch die Verlagerungen von Investitionen in der Industrie. Es drohe eine schleichende Erosion mit erheblichen Konsequenzen für Beschäftigung, Wachstum und Wohlstand in Deutschland. Die Bundesregierung müsse deshalb endlich konkrete Maßnahmen ergreifen, um die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland wieder herzustellen.

Kommentar: So weit, so ungut. Es gab weitere Meldungen. Laut DIHK stoßen 47% der Unternehmen bei der Diversifizierung der Lieferketten auf große Schwierigkeiten (AHK World Business Outlook). Es stellt sich die Frage ob des wachsenden Zusammenhalts des Globalen Südens in der Haltung gegenüber dem Westen, was eine unter Umständen kostenintensive Diversifikation innerhalb des Globalen Südens für einen ultimativen Nutzen bringt?

Die westlichen Sanktionspolitiken der jüngeren Zeit wurden ohne Berücksichtigung der Interessen des "Globalen Südens" verfügt. Ihre Zustimmung wurde ohne vorhergehende Diplomatie unterstellt. Man sah sie als selbstverständliche politische Verfügungsmasse (so viel zu Souveränität).

Die westliche Hybris, sowohl historisch als auch aktuell, ist der Katalysator für die Solidarisierung und Neuorientierung des Globalen Südens. Sie wird meines Erachtens massiv unterschätzt. Der quantitative (BIP) und qualitative Vorsprung (Struktur) des Südens nimmt zu. Einkaufsmanagerindices des Verarbeitenden Gewerbes. Wie sieht es im Osten aus?

Asien und der Osten sind die Zentren der internationalen Wachstumskräfte der Weltwirtschaft. Heute wurden diverse Einkaufsmanagerindices (Frühindikatoren) aus dieser Region veröffentlicht. Auch hier ergibt sich in einer Gesamtbetrachtung eine Eintrübung der Dynamik. Das Indexniveau ist im Vergleich zu den Daten in Europa und in den USA, deutlich höher.


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Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:

Eurozone: Verbraucherpreise etwas geringer als erwartet

Laut Erstschätzung stiegen die Verbraucherpreise der Eurozone per Juni im Jahresvergleich um 5,5% (Prognose 5,6%) nach zuvor 6,1%. Das war der geringste Wert seit 01/2022. Die Kernrate der Verbraucherpreise stellte sich per Juni auf 5,4% (Prognose 5,5%) nach zuvor 5,3%. Die Arbeitslosenrate lag per Berichtsmonat Mai unverändert bei 6,5% (Prognose 6,5%).

Deutschland: Die Importpreise fielen per Mai im Monatsvergleich um 1,4% (Prognose -0,5%) nach -1,7%. Im Jahresvergleich ergab sich im Mai ein Rückgang um 9,1% (Prognose -9,1%) nach -7,0%.

Deutschland: Die Einzelhandelsumsätze stiegen per Mai um 0,4% (Prognose 0,0%) nach 0,8%. Im Jahresvergleich kam es zu einem Minus in Höhe von -3,6% (Prognose -4,3%) nach -4,3%. Deutschland: Die Arbeitslosenrate in der saisonal bereinigten Fassung nahm per Juni von zuvor 5,6% auf 5,7% (Prognose 5,6%) zu.

Griechenland: Die Arbeitslosenrate stellte sich per Mai auf 10,8% nach zuvor 11,3%. Es war die geringste Quote seit Dezember 2009.


UK: BIP wie erwartet

Das BIP nahm per 1. Quartal im Quartalsvergleich 2023 um 0,1% (Prognose und vorläufiger Wert 0,1%) und im Jahresvergleich um 0,2% (Prognose und vorläufiger Wert 0,2%) zu.


USA: PCE Preisindex signalisiert Entspannung

Der PCE Preisindex (Personal Consumption Expenditure Index) lieferte im Jahresvergleich per Mai einen Anstieg um 3,8% (geringster Wert seit 04/2021) nach zuvor 4,3% (revidiert von 4,4%). Der Einkaufsmanagerindex aus Chicago stieg per Juni von zuvor 40,4 auf 41,5 (Prognose 44,0). Gemäß finaler Berechnung stellte sich der Index des Verbrauchervertrauens der Universität Michigan per Juni auf 64,4 nach vorläufig 63,9 Punkten (Prognose 63,9).

Die persönlichen Einkommen nahmen per Mai im Monatsvergleich um 0,4% (Prognose 0,3%) nach zuvor 0,3% (revidiert von 0,4%) zu. Der reale private Konsum war per Mai im Monatsvergleich unverändert nach zuvor 0,2% (revidiert von 0,5%).


Japan: Tankan Indices belegen zunehmende Konjunkturdynamik

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Der Unterschied zu Deutschland könnte nicht größer sein. Der Unterschied in der Sanktionspolitik (Japan bezieht Gas und Öl aus Sachalin) spielt eine gewichtige Rolle.

Derzeit ergibt sich für das Währungspaar EUR/USD eine neutrale Haltung. Erst ein Ausbruch aus der Bandbreite 1,0650 – 1,1100 eröffnet neue Trendsignale.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe



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