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Die Bedeutung der Immobilienblase wird noch immer dramatisch unterschätzt

21.05.2008  |  Claus Vogt
- Seite 2 -
Späte Einsicht ist besser als anhaltende Ignoranz

Wie auch immer, meine in der "Performance" seit dem Jahr 2000 vorgetragene Kritik an der Geldpolitik Greenspans, an die sein Nachfolger Bernanke nahtlos anknüpfte, befindet sich auf dem Weg, zur Mehrheitsmeinung zu werden. Diese späte Einsicht ist natürlich besser als gar keine. Schließlich könnte sie in Zukunft zu einer besseren Geldpolitik führen als die der vergangenen 20 Jahre. Immerhin, mehr darf man realistischerweise kaum erwarten. Denn dass die Politik die Macht über das Geld gänzlich aufgeben wird, wage auch ich kaum zu hoffen. Einen derart radikalen Schritt in Richtung Marktwirtschaft kann ich mir allenfalls am Ende einer verheerenden Krise vorstellen, zum Beispiel als erzwungene Antwort auf eine weltweite Hyperinflation - von der wir hoffentlich noch lange verschont bleiben werden.

Ein kleines bisschen schwieriger als das bloße Erkennen der Blase war es zugegebenermaßen, analytisch zu ihren wichtigsten Folgen vorzudringen. Aber auch diese Aufgabe sollte für einen durchschnittlich begabten Analysten, selbst wenn er als Notenbanker letztlich im Staatsdienst steht, keine unüberwindbare Hürde darstellen. Oder?


Hochrangige Jobs und Inkompetenz schließen sich leider nicht aus

Der in den USA hoch angesehene und erfolgreiche Value-Investor Jeremy Grantham publizierte in diesem Zusammenhang kürzlich ein paar bemerkenswerte Zeilen:

"It’s not that the former Fed boss Greenspan was incompetent that is remarkable. Incompetence is common enough after all, even in important jobs. What’s remarkable is that so many people don’t seem, even now, to get it."

(Das Bemerkenswerte besteht nicht darin, dass der Ex-Fed-Chef Greenspan inkompetent war. Inkompetenz ist schließlich weit verbreitet, sogar in wichtigen Jobs. Das Bemerkenswerte ist, dass es so viele Leute gibt, die das - selbst jetzt noch - nicht zu verstehen scheinen.)

Wenn man die Funktionsweise einer Massendemokratie einer ökonomischen Analyse unterzieht, kommt man leider zu dem traurigen Ergebnis, dass es im politischen Bereich geradezu zwingend zu einer Negativauswahl kommen muss. Falls Sie diesen ernüchternden Gedanken vertiefen möchten, empfehle ich Ihnen die Lektüre von Hans-Hermann Hoppe: "Demokratie. Der Gott, der keiner ist."

Doch nun zurück zu den wichtigsten Folgen der Immobilienblase.


Die Immobilienblase schuf Arbeitsplätze

Im Vergleich zu herkömmlichen Expansionsphasen fiel der Aufschwung der vergangenen Jahre recht schwach aus. Insbesondere wurden weit weniger Arbeitsplätze geschaffen als das normalerweise der Fall ist. Schon diese Tatsache allein konnte für gewisse Bedenken sorgen, denn ein gesunder, tragfähiger Wirtschaftsaufschwung basiert auf einem steigenden Volkseinkommen. Neben den Unternehmensgewinnen sind dafür natürlich steigende Löhne - im Rahmen des Produktivitätszuwachses - und eine Zunahme der arbeitenden Bevölkerung vonnöten.

Beide Komponenten fielen im laufenden Zyklus deutlich unterdurchschnittlich aus. Und von den neu geschaffenen Arbeitsplätzen gehen ein Drittel oder vielleicht sogar die Hälfte auf das Konto der Immobilienblase. Dazu zählen natürlich nicht nur die Arbeitsplätze in der Bauwirtschaft und die drastisch angestiegene Zahl von Immobilienmaklern. Dazu gehören beispielsweise auch Arbeitsplätze in der Finanzwirtschaft, die strukturierte Hypothekenprodukte entwickelt, verkauft, gehandelt, versichert oder mit einem absurden Rating versehen haben. Und dazu gehören natürlich auch Juristen, Notare und Gutachter.

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Der Mortgage Equity Withdrawel-Effekt.
Ein großer Teil des Wirtschaftswachstums der vergangenen Jahre basierte auf Konsumausgaben, die nur dank
gestiegener Immobilienpreise per Hypothekenkredit finanziert werden konnten. Quelle: John Mauldin


... und kurbelte den Konsum an

Viel wichtiger als diese unmittelbaren Auswirkungen einer boomenden Branche auf die Wirtschaft ist aber der mittelbare Effekt steigender Immobilienpreise ausgefallen. Zum Einen führen steigende Vermögenspreise zu höheren Konsumausgaben. Denn wer sich aufgrund eines gestiegenen Aktiendepotwerts oder gestiegener Immobilienpreise reicher fühlen darf, neigt dazu, weniger zu sparen und mehr auszugeben. Dieser Wohlstandseffekt wurde bereits im Zusammenhang mit der Aktienblase Ende der 90er Jahre ausgiebig diskutiert.

Ein zweiter und sehr viel wichtigerer Effekt der Immobilienblase auf die Wirtschaftsentwicklung war allerdings der sogenannte "Mortgage Equity Withdrawel". Nach dem Motto "Wir versilbern nicht nur unsrer Oma ihr alt Häuschen, sondern auch unser eigenes", nutzten amerikanische Hauseigentümer die steigenden Immobilienpreise auf eine Weise, die in Deutschland - zum Glück - nicht üblich ist.

Mit einem steigenden Immobilienpreis wächst natürlich auch der Beleihungswert der Immobilie. Und ein höherer Beleihungswert kann für einen höheren oder zusätzlichen Hypothekenkredit genutzt werden. Und wer - zu Recht oder auch naiverweise - sorglos in die Zukunft schaut, ist womöglich bereit, Hypothekenkredite für Konsumzwecke aufzunehmen. Genau das geschah in den USA während der vergangenen Jahre in geradezu unvorstellbarem Maße.




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