Die Bedeutung der Immobilienblase wird noch immer dramatisch unterschätzt
21.05.2008 | Claus Vogt
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"Hurra, wir verfrühstücken unser Häuschen"In den vergangenen Jahren wurden pro Quartal zwischen 100 Mrd. und 200 Mrd. Dollar aufgrund gestiegener Immobilienpreise - und gefallener Zinsen - in Form von Hypothekenkrediten auf die hier beschriebene Weise locker gemacht. Den wohl eher konservativen Schätzungen der Fed zufolge, floss etwa die Hälfte dieser Gelder in den Konsum. Nur dank dieser hoch spekulativen Kreditquelle konnte der amerikanische Konsument seine Ausgaben auf dem Niveau der vergangenen Jahre halten.
Amerikanische Ökonomen haben die Wirkung dieses Mechanismus’ auf das Wirtschaftswachstum berechnet. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass die US-Wirtschaft ohne diesen Effekt in den Jahren 2001 und 2002 geschrumpft und in den folgenden vier Jahren nur um 0,3% bis 1,2% gewachsen wäre. Auf diese Weise sorgten die steigenden Immobilienpreise also für den größten Teil des vergangenen Aufschwungs.
Mit dem Versiegen dieser kuriosen und höchst gefährlichen Kreditquelle - bekanntlich können Immobilienpreise nicht nur steigen, sondern auch fallen - drängt sich natürlich die Frage auf, wie ein deutlicher Rückgang der Konsumausgaben verhindert werden kann. Auf diese entscheidende Frage habe ich auch weiterhin keine Antwort. Deshalb komme ich zu der Schlussfolgerung, dass sich ein Rückgang des Konsums nicht wird vermeiden lassen und wir - wie in den 70er Jahren - am Beginn einer vom Konsumenten ausgehenden Rezession stehen.
Index der US-Frühindikatoren und US-Wirtschaftswachstum, 1960 bis 2008.
Dieser in der Vergangenheit so treffsichere Indikator gibt weiterhin ein klares Rezessionssignal.
Die grünen Balken kennzeichnen Rezessionen. Quelle: Northern Trust
Der Index der US-Frühindikatoren schwächt sich weiter ab
Der in der Vergangenheit so treffsicher Rezessionen prognostizierende Index der US-Frühindikatoren ist im März erneut gefallen, auf minus zwei Prozent im Jahresvergleich. Damit signalisiert er nicht nur weiterhin eine Rezession, sondern eine Verschärfung des zu erwartenden Abschwungs.
Auch die gleichlaufenden Indikatoren wie beispielsweise die realen Konsumausgaben oder die Anzahl neu geschaffener Arbeitsplätze sind mittlerweile auf Niveaus gefallen, die in der Vergangenheit stets mit Rezessionen einher gingen. Das heißt, selbst ohne Kenntnis des "Mortgage Equity Withdrawel"-Effekts gibt es sehr gute Gründe, mit einer Rezession in den USA zu rechnen.
Schließlich fragen die hier genannten Indikatoren nicht nach der Ursache des Abschwungs oder nach dem Transmissionsmechanismus. Sie begnügen sich damit, frühzeitig auf Wendepunkte des Wirtschaftszyklus’ hinzuweisen - was die meisten Ökonomen, aus welchen Gründen auch immer, bekanntlich nicht zu tun pflegen.
Neu geschaffene US-Arbeitsplätze, jährliche Veränderung in %, 1940 bis 2008
Dieser gleichlaufende Indikator bestätigt die Rezession inzwischen. Quelle: Federal Reserve Bank of St. Louis
Ein Ende der US-Immobilienbaisse ist nicht in Sicht
Da wir die Immobilienblase und den "Mortgage Equity Withdrawel"-Effekt als mit Abstand wichtigste Triebfeder des laufenden Wirtschaftszyklus’ erkannt haben, ist es natürlich weiterhin sinnvoll, die Entwicklung des Immobilienmarkts eng zu verfolgen. Und die Ende April veröffentlichten März-Daten sprechen sehr deutlich gegen eine baldige Wende zum Besseren. Ganz im Gegenteil lassen sie eigentlich nur einen Schluss zu: die Immobilienbaisse geht ungebremst weiter.
- Die Verkäufe neuer Eigenheime sind im März um 8,5% gefallen nach minus 5,3% im Februar. Seit dem Top im Juli 2005 sind sie um 63,1% abgestürzt, ein wahrlich dramatischer Einbruch. Die Preise sind seither immerhin schon um 13,3% gefallen.
- Das Angebot entspricht jetzt 11 Monatsumsätzen, nach 10,2 im Februar. Ähnliche Größenordnungen wurden in der Vergangenheit nur viermal erreicht, immer im Zusammenhang mit schweren Rezessionen, und zwar an deren Beginn. Danach fiel diese Kennzahl dann zügig auf 5 bis 6 Monatsumsätze, eine Größenordnung, die ich auch in diesem Zyklus erwarte. Vorher nach dem Wendepunkt Ausschau zu halten, erscheint mir verfrüht.
- Die Verkäufe bestehender Häuser ist auf Monatsbasis um 2,7% gefallen, womit die kleine Verbesserung vom Februar wettgemacht wurde, die von den Bullen bereits als der Wendepunkt ausgerufen wurde. Seit dem Hoch im September 2005 beträgt der Rückgang 31,4%.
- Dabei stieg das Angebot von 9,6 Monatsumsätzen im Februar auf 9,9 im März. Von Entspannung also keine Spur. Dafür nehmen die Zwangsversteigerungen deutlich zu und sorgen für zusätzliches Angebot.
Verkäufe neu gebauter US-Einfamilienhäuser in tausend, 1960 bis 2008.
Die Balken kennzeichnen Rezessionen. Quelle: Federal Reserve Bank of St. Louis
Zum Verkauf stehende US-Einfamilienhäuser in Monaten, die es bedarf, um sie abzusetzen, 1963 bis 2008.
Der deutliche Angebotsüberhang spricht für eine Fortsetzung der Immobilienbaisse. Quelle: Census Bureau